Adelung Wörterbuch
Schêllwurz
, oder Schêllwurzel, plur. inus. S. Schellkraut.
1. * Der Schêlm
, des -es, (Oberd. des -en,) plur. die -e, (Oberd. -en,) ein im Hochdeutschen völlig unbekanntes Wort, welches eigentlich ein abgezogenes todtes Vieh bedeutet, in welchem Verstande es noch in Niedersachsen hin und wieder gangbar ist, wo sein Pferd zum Schelmen machen lassen, so viel ist, als es abdecken lassen. In weiterer Bedeutung wird es in manchen Gegenden Ober-Deutschlandes von einem jeden todten, an Krankheit verstorbenen Körper, auch in verächtlichem Verstande von einem Aase gebraucht. Ein Schelmengeschmack, ein Aasgeruch, Hans Sachs. Es stinkt als ein Schelm, Seb. Frank, bey dem Frisch. Der Rab, der aus Noa Arche flog, fand vielleicht einen Schelmen im Wasser fließen, Königshof, eben daselbst.
Anm. Das Zeitwort schelmen, schinden, auch im figürlichen Verstande, und die Hauptwörter Schelmschinder, der Abdecker, und Schelmerey, Schinderarbeit; sind im Hochdeutschen eben so fremd. Bedeutete dieses Wort, wie sehr wahrscheinlich ist, eigentlich ein abgezogenes todtes Thier, so würde es mit schalmen, der Schale, Rinde oder Haut berauben, zu Schale, Nieders. Schelle, gehören. Indessen, da das m ein bloßer, seiner Bedeutung nach noch nicht genug bekannter Endlaut ist, Schal oder Schel aber gar viele Bedeutungen leidet, worunter besonders die des übeln Geruchs (S. Schal) oder auch des leblosen todten Zustandes (S. Schellen) in Betrachtung kommen, so findet immer noch eine schicklichere Ableitung Statt. S. das folgende. Im Wallis. ist Celain ohne Zischlaut gleichfalls ein Aas.
2. * Der Schêlm
, des -es, oder -en, plur. inus. ein auch nur im gemeinen Leben einiger Gegenden übliches Wort, eine ansteckende tödtliche Seuche, die Pest, das Viehsterben zu bezeichnen. Schelm oder Sucht oder Keyb, Pestis, in einem alten Vocabul. von 1482 bey dem Frisch, welcher noch mehrere Beyspiele von dieser Bedeutung anführet. Es scheinet, daß sich dieses Wort am füglichsten von schellen, zerschellen, zertrümmern, vernichten, ableiten lasse, obgleich Frisch, Wachter und andere dieses und das folgende Wort bloß für figürliche Bedeutungen von Schelm, ein Aas, halten.
3. Der Schêlm
, des -es, plur. die -e, ein auch noch im Hochdeutschen gangbares Wort, welches daselbst in einem doppelten Verstande vorkommt. 1) In einem sehr harten, da man unter Schelm eigentlich einen seiner Verbrechen wegen ehrlos gemachten Menschen verstehet. Jemanden zum Schelm machen, ihn mit gewissen Feyerlichkeiten ehrlos machen. Ihn als einen Schelm wegjagen. Bey den Handwerkern ist der Mißbrauch eingerissen, jeden, der seine wahre oder eingebildete Schuldigkeit nicht beobachtet, für einen Schelm und Hundsfott, für einen ehrlosen Menschen zu halten. Ein Schelm der weggehet! Indessen hat es im gemeinen Sprachgebrauche viel von seiner ersten Härte verloren, wenigstens wird es nicht mehr für so ehrenrührig gehalten als andere Wörter dieser Art. In weiterer Bedeutung ist Schelm ein Mensch, der sich solcher Vergehungen schuldig macht, welche in der bürgerlichen Gesellschaft die Ehrlosigkeit mit sich führen, besonders ein Dieb, und grober Betrieger. Zum Schelme werden, zum Betrieger; ingleichen in der harten Sprechart, für bankerott werden. Wie ein Schelm handeln, davon gehen.
Des Schelmen arger Griff, damit er uns will fangen,
Opitz.
Damit entfährt der Geist dem losen Mammonsknechte,
Dem jeder um das Grab mit einem Schelmen ziert,
Canitz.
Diese Abänderung des Schelmen u.s.f. ist in der Oberdeutschen Mundart üblicher als in der Hochdeutschen. 2) In gelinderer Bedeutung ist Schelm, so wie Schalk, eine Person, welche einem andern bey einem unschuldig scheinenden äußern Verhalten zu schaden sucht, und in noch gelinderer Bedeutung, welche leichtfertige Absichten hinter einem äußern unschuldig scheinenden Betragen zu verbergen weiß. Ein loser, leichtfertiger Schelm. Einen Schelm hinter den Ohren haben. Je ärger Schelm, je besser Glück. Ein armer Schelm, in noch weiterer Bedeutung, ein armer mitleidswürdiger Mensch.
Anm. Im Schwed. und Isländ. Skälm, im Engl. Skellum, im Pohln. Szelma. Frisch, Wachter, Dieterich von Stade, Ihre u. a. m. sehen dieses Wort mit Eckardten als eine Figur von Schelm, Aas, an; allein, man wird wohl nicht leicht ein Beyspiel finden, daß in einem Worte von einer so bestimmten Bedeutung, wie Schelm ist, eine so unbestimmte Anspielung zum Grunde liegen sollte. Da es ausgemacht ist, daß von zwey End-Consonanten der letzte allemahl ein Endlaut ist, welcher das abgeleitete Wort näher bestimmt, so kommt es hier nur auf die Sylbe Schel an, welche, da die Selbstlauter unaufhörlich abwechseln, mit Schal gleichbedeutend ist. Schalk und Schelm sind also nur in den Endlauten unterschieden, und stammen beyde von einer veralteten Bedeutung des Zeitwortes schalen oder schelen, schellen, ab. Welches diese Bedeutung unter den vielen ist, welche dieses Wort leidet, läßt sich nur muthmaßlich bestimmen, weil uns die Genealogie dieses Wortes fehlet. Es kann die geschwinde betrügliche Bewegung seyn, welche sich besonders zu der zweyten Bedeutung schickt, da sich die erste durch eine ehrlose Flucht erklären läßt. Bey den Krainerischen Wenden ist schalam ich scherze. Es können aber auch das Lat. Scelus und Griech. σκελλος mit unserm Schelm verwandt seyn, da denn auch schel und das alte schelen, fehlen, mangeln, mit zur Verwandtschaft gezogen werden können. Noch im 16ten Jahrh. bedeutete schelmen verstümmeln. So sagt der bekannte Dichter, Paul Rephuhn, der Übersetzer habe sein Original nicht geschelmet und gestimmelt. Daß dieses Wort ehedem noch andere anständige Bedeutungen gehabt haben müsse, erhellet aus der ehemahligen adeligen Familie der Schelme. Vielleicht hat es, so wie Schalk, ehedem auch einen Diener bedeutet. S. Schalk.
1. * Der Schêlm
, des -es, (Oberd. des -en,) plur. die -e, (Oberd. -en,) ein im Hochdeutschen völlig unbekanntes Wort, welches eigentlich ein abgezogenes todtes Vieh bedeutet, in welchem Verstande es noch in Niedersachsen hin und wieder gangbar ist, wo sein Pferd zum Schelmen machen lassen, so viel ist, als es abdecken lassen. In weiterer Bedeutung wird es in manchen Gegenden Ober-Deutschlandes von einem jeden todten, an Krankheit verstorbenen Körper, auch in verächtlichem Verstande von einem Aase gebraucht. Ein Schelmengeschmack, ein Aasgeruch, Hans Sachs. Es stinkt als ein Schelm, Seb. Frank, bey dem Frisch. Der Rab, der aus Noa Arche flog, fand vielleicht einen Schelmen im Wasser fließen, Königshof, eben daselbst.
Anm. Das Zeitwort schelmen, schinden, auch im figürlichen Verstande, und die Hauptwörter Schelmschinder, der Abdecker, und Schelmerey, Schinderarbeit; sind im Hochdeutschen eben so fremd. Bedeutete dieses Wort, wie sehr wahrscheinlich ist, eigentlich ein abgezogenes todtes Thier, so würde es mit schalmen, der Schale, Rinde oder Haut berauben, zu Schale, Nieders. Schelle, gehören. Indessen, da das m ein bloßer, seiner Bedeutung nach noch nicht genug bekannter Endlaut ist, Schal oder Schel aber gar viele Bedeutungen leidet, worunter besonders die des übeln Geruchs (S. Schal) oder auch des leblosen todten Zustandes (S. Schellen) in Betrachtung kommen, so findet immer noch eine schicklichere Ableitung Statt. S. das folgende. Im Wallis. ist Celain ohne Zischlaut gleichfalls ein Aas.
2. * Der Schêlm
, des -es, oder -en, plur. inus. ein auch nur im gemeinen Leben einiger Gegenden übliches Wort, eine ansteckende tödtliche Seuche, die Pest, das Viehsterben zu bezeichnen. Schelm oder Sucht oder Keyb, Pestis, in einem alten Vocabul. von 1482 bey dem Frisch, welcher noch mehrere Beyspiele von dieser Bedeutung anführet. Es scheinet, daß sich dieses Wort am füglichsten von schellen, zerschellen, zertrümmern, vernichten, ableiten lasse, obgleich Frisch, Wachter und andere dieses und das folgende Wort bloß für figürliche Bedeutungen von Schelm, ein Aas, halten.
3. Der Schêlm
, des -es, plur. die -e, ein auch noch im Hochdeutschen gangbares Wort, welches daselbst in einem doppelten Verstande vorkommt. 1) In einem sehr harten, da man unter Schelm eigentlich einen seiner Verbrechen wegen ehrlos gemachten Menschen verstehet. Jemanden zum Schelm machen, ihn mit gewissen Feyerlichkeiten ehrlos machen. Ihn als einen Schelm wegjagen. Bey den Handwerkern ist der Mißbrauch eingerissen, jeden, der seine wahre oder eingebildete Schuldigkeit nicht beobachtet, für einen Schelm und Hundsfott, für einen ehrlosen Menschen zu halten. Ein Schelm der weggehet! Indessen hat es im gemeinen Sprachgebrauche viel von seiner ersten Härte verloren, wenigstens wird es nicht mehr für so ehrenrührig gehalten als andere Wörter dieser Art. In weiterer Bedeutung ist Schelm ein Mensch, der sich solcher Vergehungen schuldig macht, welche in der bürgerlichen Gesellschaft die Ehrlosigkeit mit sich führen, besonders ein Dieb, und grober Betrieger. Zum Schelme werden, zum Betrieger; ingleichen in der harten Sprechart, für bankerott werden. Wie ein Schelm handeln, davon gehen.
Des Schelmen arger Griff, damit er uns will fangen,
Opitz.
Damit entfährt der Geist dem losen Mammonsknechte,
Dem jeder um das Grab mit einem Schelmen ziert,
Canitz.
Diese Abänderung des Schelmen u.s.f. ist in der Oberdeutschen Mundart üblicher als in der Hochdeutschen. 2) In gelinderer Bedeutung ist Schelm, so wie Schalk, eine Person, welche einem andern bey einem unschuldig scheinenden äußern Verhalten zu schaden sucht, und in noch gelinderer Bedeutung, welche leichtfertige Absichten hinter einem äußern unschuldig scheinenden Betragen zu verbergen weiß. Ein loser, leichtfertiger Schelm. Einen Schelm hinter den Ohren haben. Je ärger Schelm, je besser Glück. Ein armer Schelm, in noch weiterer Bedeutung, ein armer mitleidswürdiger Mensch.
Anm. Im Schwed. und Isländ. Skälm, im Engl. Skellum, im Pohln. Szelma. Frisch, Wachter, Dieterich von Stade, Ihre u. a. m. sehen dieses Wort mit Eckardten als eine Figur von Schelm, Aas, an; allein, man wird wohl nicht leicht ein Beyspiel finden, daß in einem Worte von einer so bestimmten Bedeutung, wie Schelm ist, eine so unbestimmte Anspielung zum Grunde liegen sollte. Da es ausgemacht ist, daß von zwey End-Consonanten der letzte allemahl ein Endlaut ist, welcher das abgeleitete Wort näher bestimmt, so kommt es hier nur auf die Sylbe Schel an, welche, da die Selbstlauter unaufhörlich abwechseln, mit Schal gleichbedeutend ist. Schalk und Schelm sind also nur in den Endlauten unterschieden, und stammen beyde von einer veralteten Bedeutung des Zeitwortes schalen oder schelen, schellen, ab. Welches diese Bedeutung unter den vielen ist, welche dieses Wort leidet, läßt sich nur muthmaßlich bestimmen, weil uns die Genealogie dieses Wortes fehlet. Es kann die geschwinde betrügliche Bewegung seyn, welche sich besonders zu der zweyten Bedeutung schickt, da sich die erste durch eine ehrlose Flucht erklären läßt. Bey den Krainerischen Wenden ist schalam ich scherze. Es können aber auch das Lat. Scelus und Griech. σκελλος mit unserm Schelm verwandt seyn, da denn auch schel und das alte schelen, fehlen, mangeln, mit zur Verwandtschaft gezogen werden können. Noch im 16ten Jahrh. bedeutete schelmen verstümmeln. So sagt der bekannte Dichter, Paul Rephuhn, der Übersetzer habe sein Original nicht geschelmet und gestimmelt. Daß dieses Wort ehedem noch andere anständige Bedeutungen gehabt haben müsse, erhellet aus der ehemahligen adeligen Familie der Schelme. Vielleicht hat es, so wie Schalk, ehedem auch einen Diener bedeutet. S. Schalk.