Adelung Wörterbuch
Scharfe
, plur. die -n, von dem vorigen Beyworte. 1. Als ein Abstractum, und ohne Plural, die Eigenschaft, der Zustand eines Dinges, da es scharf ist, in allen Bedeutungen des Beywortes. Die Schärfe eines Messers, eines Schwertes, des Geblütes, des Essiges, des Meerrettiges, des Gesichts, des Verstandes, des Gesetzes, eines Vaters u.s.f. Die Schärfe des Richters, wenn er alle Umstände auf das genaueste untersucht, und die Strafe darnach bestimmt, ohne etwas zu übersehen oder nachzulassen. Die Schärfe des Nachdruckes, des Verstandes, da man alle Kleinigkeiten an einer Sache und ihr Verhältniß gegen das Ganze gewahr wird. Bey dem Willeram Scarfe, bey dem Ottfried mit einem andern Endlaute Sarphida. In mehr eigentlichem Verstande ist bey den Müllern die Schärfe die Art und Weise, die Mühlsteine zu schärfen. Die Märkische Schärfe, die Art, die Mühlsteine mit Hauschlägen zu schärfen. 2. Als ein Concretum. 1) Der scharfe, schneidende Theil eines Dinges. Jemanden mit der Schärfe schlagen, des Degens, im Gegensatze der Fläche. In die Schärfe fallen, des Messers. Sich an der Schärfe eines Pfeilers stoßen, an der scharfen Ecke. 2) Ein scharfes Verfahren, die Strenge. Schärfe gebrauchen, Schärfe anwenden. Einen Missethäter mit der Schärfe angreifen, mit der Tortur. 3) Eine scharfe, ätzende Flüssigkeit. Die Schärfe im Geblüte, verdorbene, salzige oder saure Theile.
 
1. Schärfen
, verb. reg. act. welches nicht so wohl von scharf, als vielmehr mit demselben und mit schärben von 1 Schar abstammet, und schneiden bedeutet, aber nur in einigen Fällen üblich ist. Die Jäger gebrauchen dieses Wort und dessen Zusammensetzungen abschärfen, aufschärfen u.s.f. durchgehends für schneiden, und es würde ein Fehler wider die weidemännische Sprache seyn, dieses letztere Zeitwort zu gebrauchen. Bey den Buchbindern wird das Leder geschärfet oder abgeschärfet, wenn es auf dem Schärfsteine am Rande dünner geschnitten oder vielmehr geschärbet wird. In einigen Gegenden schärfet man sich an etwas, schärfet man sich die Haut auf, wenn man sich ritzet, wund stößet, daran schneidet u.s.f. Wo es denn auch wohl für streifen ohne Verletzung gebraucht wird. Mit der Hand ein wenig an die Mauer anschärfen. So auch das Schärfen.
 
2. Schärfen
, verb. reg. act. welches unmittelbar von scharf abstammet, scharf oder schärfer machen. 1) Eigentlich, wo es in der anständigern Sprechart als ein allgemeiner Ausdruck für die gemeinern scharf machen und wetzen u.s.f. gebraucht wird. Ein Messer schärfen, wetzen. Eine Axt, ein Beil schärfen. Die Sensen und Sicheln schärfen, welches, so fern es durch Hämmern geschiehet, dängeln, und in Niedersachsen haaren genannt wird, welches letztere gleichfalls mit schärfen verwandt ist. Einen Mühlstein schärfen, bey den Müllern, scharfe Furchen in denselben hauen. Einem Pferde die Hufeisen schärfen, auch wohl ein Pferd schärfen, die Stollen schärfen und spitziger machen, damit es auf dem Eise nicht ausgleite. In manchen Fällen wird es auch für spitzen gebraucht, obgleich scharf für spitzig im Hochdeutschen nicht üblich ist. Die Bohnenstangen schärfen, sie zuspitzen. 2) Ingleichen in verschiedenen figürlichen Bedeutungen. Eine Strafe schärfen, sie schärfer, empfindlicher machen. Einen Befehl schärfen, ihn mit mehrerm Nachdruck, mit drohenden Clauseln ertheilen. Einem etwas schärfen, es ihm scharf, mit Nachdruck anbefehlen, oder auch nur empfehlen. Du sollt die Worte, die ich dir heute gebiethe, deinen Kindern schärfen, 5 Mos. 6, 7; wofür doch jetzt im Hochdeutschen einschärfen üblicher ist. Einen Beweis schärfen, ihn bündiger machen, ihn auf alle einzelne Umstände der zu beweisenden Sache ausdehnen. Das Gesicht, das Gehör, die Aufmerksamkeit schärfen, sie schärfer machen, auf alle einzelne Merkmahle eines Dinges erstrecken. Seine Einsicht, seinen Verstand schärfen. Viel denken schärft den Sinn, Opitz. Da es denn zuweilen auch von der Erhöhung des Grades der innern Stärke gebraucht wird. Ihr schadenfrohes Gelächter schärfte den Schmerz, den ich empfand. Mit der Empfindsamkeit für das Schöne schärft sich auch Ekel und Widerwillen vor allem Schlechten. Eine Sylbe schärfen, in der Sprachlehre, sie mit einem scharfen oder geschärften Tone aussprechen; im Gegensatze des Dehnens.
So auch das Schärfen und die Schärfung.
Im Niedersächs. scharpen, im Angels. scearpan, im Schwed. skärpa.
 
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