Adelung Wörterbuch
Róßweide
, plur. die -n, eine Art Weiden, welche ein sehr brüchiges Holz hat, und daher auch Bruchweide, Glasweide, Sprockweide, Knackerweide genannt wird; Salix fragilis L. Es scheinet, daß die erste Hälfte hier zu reißen gehöret, um eben diese brüchige Eigenschaft gleichfalls auszudrucken.  
1. Der Rost
, des -es, plur. inus. ein in einigen Gegenden für Rooß übliches Wort, die Wachsscheiben oder das Gewirk in einem Bienenstocke zu bezeichnen.
 
Die wir (Bienen) stets mit Kunst beschäftigt sind,
Daß unser Rost von Honig rinnt,
Gell.
 
S. Rooß.
 
2. Der Rost
, des -es, plur. die Röste, ein nur noch in wenig Fällen übliches Wort, welches den Begriff der Höhlung, des hohlen, sich in die Länge erstreckenden Raumes zu haben scheinet. Nach dem Frisch war der Rost vor Alters ein Wassergebäude in einem Flusse, das Wasser einen andern Gang zu leiten, in welchem Verstande auch das mittlere Lat. Rosta bey dem Du Fresne vorkommt. Im Bergbaue scheinet es noch in ähnlicher Bedeutung üblich zu seyn. Nach Minerophili Bergwerks-Lexicon heißt einen Rost treiben, »einen Stollen treiben, der 5 oder 6 Lachter einkommt, oder tiefer als auf 15 oder 18 Lachter;« aus welcher unvollständigen Erklärung doch nicht zu ersehen ist, worauf es hier eigentlich ankommt. Indessen ist die Bedeutung eines Canales u.s.f. dem Worte völlig angemessen, welche es als ein Abkömmling von dem noch im Oberdeutschen üblichen Rieß, ein Fluß, riesen, fließen, u.s.f. gar wohl leidet. S. Riese, Rieseln, Reuse und 5 Rost.
 
3. Der Rost
, des -es, plur. die Röste, ein Gitterwerk, doch nur noch in einigen einzelnen Fällen, es bestehe nun ein solches Gitter bloß aus einfachen, parallel laufenden Stäben, oder auch aus solchen, welche einander kreuzweise durchschneiden. So wurde ehedem das Gitter oder Fenster vor einem Helme der Helmrost oder nur Rost schlechthin genannt. In manchen Gegenden pflegt man in den offenen Thüren der Kirchhöfe Gruben zu graben, und einen eisernen, aus kreuzweisen Stäben bestehenden Rost darüber zu decken, damit zwar Menschen, aber kein Vieh darüber gehen könne. Im Bauwesen ist der Rost ein hölzerner Grund auf weichen oder feuchten Boden, welcher aus mehrern, kreuzweise geschränkten und fest mit einander verbundenen Schwellen gezimmert wird, und oft auf eingeschlagenen Grundpfählen ruhet. Auf einen solchen Rost wird alsdann das ganze Gebäude gesetzet. Auf den Feuerherden, in den Öfen und allen Anstalten, wo man Feuer brennt, hat man gleichfalls Röste, welche entweder aus bloß einfachen parallelen, oder auch aus kreuzweise gelegten eisernen Stäben bestehen, worauf das Holz gelegt wird, damit die Asche und oft auch die Kohlen im Verbrennen durch den Rost in den unter demselben befindlichen hohlen Raum fallen. In den Küchen ist der Rost oder Bratrost ein bewegliches, eisernes Gitter auf Füßen mit einem Stiele, allerley Speisen über Kohlen darauf zu rösten. Und so vielleicht noch in andern Fällen mehr.
Anm. Im Nieders. Roste, im Schwed. Rost, im Pohlnischen Roszt, im Böhm. Rosst. Gemeiniglich hält man die Bedeutung eines Bratrostes für die erste und ursprüngliche, leitet selbige von rösten ab, und siehet alle übrige Fälle als Figuren derselben an. Das Osnabrück. Röster und Holländ. Rooster, ein Bratrost, stammen ohne Zweifel von diesem Zeitworte ab, und bedeuten, vermöge der Ableitungssylbe -er, ein Werkzeug zum Rösten. Allein unser Rost hat zuverlässig einen höhern Ursprung, und ist ein Abkömmling von dem Zeitworte reisen, welches unter andern auch eine Bewegung in die Länge bedeutet, so daß es ein naher Verwandter von Reis, Sprosse u.s.f. ist, und zunächst die langen Stäbe bezeichnet, woraus ein Rost bestehet. Da s und t immer mit einander abwechseln, und für reisen auch reiten üblich war, so siehet man bald, daß das Lat. Radius, unser Ruthe, Reitel, das Lat. Rete, und mit vorgesetztem Gaumenlaute auch Crates und Craticula, ein Rost, nebst hundert andern mehr zu dieser Verwandtschaft gehören. Überhaupt ist das Zeitwort reisen, welches ehedem eine Bewegung nach allen Richtungen bezeichnete, das Stammwort von allen diesen Wörtern, welche Rost lauten, so verschiedene Dinge sie auch dem ersten Anscheine nach bezeichnen. S. Reisen Anm.
 
4. Der Rost
, des -es, plur. doch nur zuweilen von mehrern Arten, die -e. 1) An den Metallen ist der Rost eine rauhe Erde, welche durch die Wirkung der Luft und des Wassers aus ihrer Mischung gesetzet wird, und sich als ein rauher, zuweilen lockerer Körper außen an die Metalle ansetzet. Alle Metalle, welche einer solchen Auflösung fähig sind, setzen daher auch einen Rost an. Der Kupferrost, welcher von grüner Farbe ist, und am häufigsten Grünspan heißt. Der Bleyrost, welcher eine weiße Farbe hat, und von welchem das Bleyweiß eine Art ist. Am bekanntesten und häufigsten ist der Eisenrost, welcher nur der Rost schlechthin genannt wird, weil das Eisen dieser Auflösung am meisten ausgesetzet ist, und eine braune oder bräunlich rothe Farbe hat. Der Rost zerfrißt das Eisen, obgleich solches nicht physisch richtig ist, indem der Rost bloß die Wirkung der von der Luft oder dem Wasser bewirkten Zerfressung oder Auflösung ist. Dem Roste ausgesetzet seyn. Rost setzen oder ansetzen, Rost bekommen. 2) In weiterer Bedeutung ist der Rost zuweilen ein gemeiniglich schwärzlicher oder bräunlicher Staub, welcher sich in manchen Fällen von außen an die Körper ansetzet. So ist im Bergbaue der Rost eine im Wasser aufgelösete Steinart, so fern sie mit dem Wasser aus den Gängen läuft, und sich als eine Rinde an das Gestein ansetzet; erzeugt sie sich aus herab tröpfelndem, mit Kalktheilchen geschwängerten Wasser, so heißt sie Sinter. In dem Gewächsreiche ist der Rost ein Nahme verschiedener fehlerhafter Zufälle. Bey dem Getreide ist es ein gelbrother, kleberiger Staub, der sich an den Halm und Balg hängt, und das Korn austrocknet. An einigen Orten nennet man ihn den Mehlthau, vermuthlich weil man ihn von demselben herleitet, und an noch andern den Brand, ungeachtet er eigentlich der erste Grad des eigentlichen Brandes zu seyn scheinet. Im Französ. heißt er Rouille, im Ital. Robbiga, und im Engl. Mildew. Die Blumisten unterscheiden an den Nelken den gelben Rost von dem weißen. Der letztere ist ein weißer Flecken an den Blättern der Nelken, welcher immer weiter um sich frißt, und der Pflanze endlich den Tod bringt. Der gelbe Rost betrifft zunächst die Wurzel, und ist eigentlich der erste Grad der Fäulniß, wobey sie ein gelbe Farbe bekommt. Oft zeiget sich auf den Blättern der Bäume ein braunes Pulver, welches man gleichfalls den Rost nennt; und so vielleicht noch in andern Fällen mehr.
Anm. In der ersten Bedeutung bey dem Kero Rosomon, im Tatian schon Rost, im Nieders. Angels. Engl. Rust, im Dän. und Schwed. Rost, im Ungar. Rosda, im Finnl. Ruoste, im Pohln. Rdza, im Böhm. Rez. Mit andern zum Theil verwandten Endlauten im Isländ. Rid, im Wallis. Rhwd, Rhydni, im Latein. Rubigo, im Ital. Rubigine, Ruggine, im Franz. Rouille, im Angels. Ragu, wohin auch die Lat. Aerugo und Ferrugo gehören, und im Griech. ερυσιβƞ, ερυσαβƞ, wo ρυς die Stammsylbe ist. Der gemeinsten Meinung nach hat der Rost seinen Nahmen von der röthlichen, rothbraunen Farbe des Eisenrostes, als der häufigsten Art; und diese Ableitung hat allerdings vieles für sich. Noch wahrscheinlicher ist die Ableitung von rauh und rauch, der wesentlichen Eigenschaft aller von dem Roste angegriffenen Körper, welcher Begriff sich mit veränderten Endlauten auch in Räude, Kruste, Krätze u.s.f. befindet. Allein es gibt der Begriff der Auflösung, der Zerfressung einen noch weit bequemern Stammbegriff ab, da es denn mit dem Niederdeutschen Neutro rotten, verwesen, Holländ. roesten, Eines Stammes seyn würde. Siehe Reißen, Fressen, 2 Rösten, Rosten und Rotten.
 
5. Der Rost
, des -es, plur. die Röste, ein Wort, welches ursprünglich eine Erhöhung, einen Haufen bedeutet, aber nur noch in einigen Fällen üblich ist. Wenn auf den Hamburgischen Holzgöllen die Cajüte der Rost genannt wird, so scheinet damit auf die erhöhete Lage derselben gezielet zu seyn, wenn nicht vielmehr der hohle, bedeckte Raum der Stammbegriff ist, da es denn zu 1 Rost gehören würde. Am üblichsten ist es im Bergbaue, wo der Rost ein aus wechselsweise geschichtetem Erze, Holz und Kohlen zubereiteter Haufen ist, nach angezündetem Holze den Schwefel und andere räuberischen Unarten aus den Erzen zu vertreiben, welche Arbeit rösten genannt wird, S. dasselbe. Einen Rost betten, ihn aus Erz und Holz zubereiten. Den Rost abziehen, das genug gebrannte Erz heraus ziehen. Figürlich ist daselbst der Rost theils das auf diese Art geröstete Erz, den Rost aufsetzen, das geröstete Erz in den Schmelzofen tragen; theils auch diejenige Quantität Erz, Holz und Kohlen, welche gemeiniglich zu einem Roste genommen wird. Ein Rost Zwitter ist in dem Meißnischen Erzgebirge eine Quantität von 60 Fudern, jedes Fuder zu 3 Karren gerechnet. Ein Rost Schlich hält 30 Zentner, wo der Begriff des Röstens gar nicht Statt findet, indem der Schlich nicht geröstet wird, so daß hier bloß der Begriff der Menge in Betrachtung kommen kann. Auch bey dem Brennen des Kalkes ist der Rost ein von Kalksteinen und Holz aufgeführter Haufen, die erstern in Ermangelung eines Kalkofens zu brennen, da denn diejenige Quantität Kalksteine, welche auf ein Mahl gebrennet wird, gleichfalls ein Rost, Kalkrost, und im Lüneburg. die Riese heißt.
Anm. Auch hier leitet man das Wort unmittelbar von dem Zeitworte rösten her, obgleich die Ähnlichkeit beyder nur zufällig zu seyn scheinet. Rost ist vielmehr ein altes Wort, welches unter den gewöhnlichen zufälligen Veränderungen überall vorkommt, und eine Erhöhung, einen Haufen, eine Menge u.s.f. bedeutet. In vielen Französischen Provinzen ist Ras, Rasse, Farasse ein Holzhaufen, in welchem Verstande im mittlern Lat. auch Farassia und Farocium vorkommen. S. Riese, Rieß, in welchen allen ein ähnlicher Begriff herrscht. Das Stammwort ist wieder reisen, oder riefen, so fern es zunächst eine Bewegung in die Höhe bezeichnet, S. Reisen Anm.
 
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