Adelung Wörterbuch
Reifeln
, verb. reg. act. Reife, d.i. kleine Furchen, ziehen, in verschiedenen Fällen des gemeinen Lebens, als das Diminut. des folgenden 3 Reifen. Eine gereifelte oder gereifte Säule, deren Schaft mit langen vertieften Furchen versehen ist. Eine gereifelte Büchse, eine gezogene, deren Lauf inwendig mit schraubenförmigen Furchen versehen ist. Im Niedersächsischen riefeln. S. 1 Reif 3.  
1. Reifen
, verb. reg. welches von dem Bey- und Nebenworte reif abstammet, und in doppelter Gestalt vorkommt.
1) Als ein Neutrum, welches am häufigsten das Hülfswort haben bekommt, reif werden; zeitigen. So wohl eigentlich, von Früchten. Die Trauben reifen, Sir. 51, 20. Das Korn reifet schon.
 
O Anblick, der mich fröhlich macht,
Mein Weinstock reift, und Doris lacht,
Haged.
 
O Liebe, wie bald ist dein Same in die Höhe geschoßt, gereift! Weiße. Als auch figürlich, durch die Zeit zu seiner Vollkommenheit gelangen. Hier die reifende Jugend, wie die Rose, wenn sie aus der Knospe sich drängt, Geßn. In meinem Grabe reife ich zu meiner zweyten Geburt, Gell.
 
Wer weiß, ob sein Verstand, der jetzt zur Weisheit reift,
Das Scheingut nicht verwirft und nach dem Bessern greift?
Giseke.
 
Man könnte es streitig machen, ob dieses Wort in der vergangenen Zeit mit seyn oder haben verbunden werden müsse. Da die eigentliche Bedeutung des Wortes reif und folglich auch des Zeitwortes reifen noch nicht gewiß bekannt ist, so läßt sich auch nicht sagen, ob dieses Wort mehr eine thätige Mitwirkung oder mehr ein leidendes Verhalten bezeichne, welches die Frage sogleich entscheiden würde. Indessen ist haben im Hochdeutschen am gewöhnlichsten.
2) Als ein Activum, reif machen. Die Natur weckt die Seele gleichsam aus dem dunkeln Schlafe des Gefühls und reifet sie zu noch feinerer Sinnlichkeit, Herd.
 
Ach, hat dich noch der Sommer nicht gereift?
Weiße.
 
So auch das Reifen.
Anm. Im Nieders. als ein Neutrum ripen, im Angelsächsischen ripian.
 
2. Reifen
, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und von 1 Reif 2. 2), gefrorner Thau, abstammet, aber nur unpersönlich gebraucht wird. Es reift, es fällt ein Reif, der Thau oder Nebel frieret an den Gegenständen ehe er in Tropfen zusammen fließen kann. Es hat gereift. Es wird reifen. S. auch Bereifen.
 
3. Reifen
, verb. reg. act. von 1 Reif, ein Rand, ingleichen eine Rinne. 1) Von 1 Reif 2, ein Rand, mit einem Rande versehen, in welchem es besonders die Schlösser gebrauchen, welche ein Stück Arbeit reifen, wenn sie dem geschwärzten Eisen weiße Faßen, oder einen weißen Rand anfeilen. 2) Von 1 Reif 3, eine Rinne, mit Rinnen versehen; auch nur in einigen Fällen. Die Büchsenmacher reifen ein Rohr, wenn sie schraubenförmige Rinnen in demselben machen, welches auch ausziehen, ingleichen reifeln genannt wird. Eine gereifte Säule, deren Schaft mit langen Rinnen verzieret ist. S. Reifeln. So auch das Reifen und die Reifung.
 
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