Adelung Wörterbuch
Ratel
, S. Rattel.  
1. Der Rath
, des -es, plur. die Räthe, ein für sich allein großen Theils veraltetes Wort, welches 1) * ehedem die Versammlung, Menge, und figürlich den Reichthum, ingleichen die Macht, den Vorzug bedeutete. In der Bedeutung de Menge scheinet es noch in unserm Vorrath zum Grunde zu liegen, wofür Hornegk noch das einfache Rat gebraucht. Auch 3 Rath, so fern es von einer Versammlung mehrerer in allgemeinen Angelegenheiten gebraucht wird, könnte hierher gerechnet werden, wenn nicht die Bedeutung des Überlegens und Rathgebens natürlicher wäre. Das Schwed. Råd und Isländ. Rad bedeutet noch jetzt so wohl Menge, als auch Vermögen, Macht, und eben daselbst ist råda vorstehen, regieren. Unser reich, vielleicht auch richten, in der allgemeinen Bedeutung des Regierens, Vorstehens, scheinen nur im Endlaute davon unterschieden zu seyn, so wie Rotte, Rudel und andere unstreitig zu dessen Verwandtschaft gehören. Der erste Begriff, von welchem alle diese Bedeutungen nur Figuren sind, ist ohne Zweifel der Begriff des Geräusches, (S. Rad,) welcher mit der Versammlung mehrerer unzertrennlich verbunden ist, und wovon Menge, Größe, Macht, sehr natürliche Figuren sind. 2) Vermuthlich gehöret hierher auch die noch im gemeinen Leben und nur in der vertraulichen Sprechart völlig gangbare R.A. etwas zu Rathe halten, sparsam, wirthschaftlich damit umgehen, eigentlich wohl, es beysammen zu erhalten suchen, so daß Rath hier den Begriff der Menge hat. Das Seinige zu Rathe halten, sparsam damit umgehen, Nieders. to Rade, oder to Rae hegen, von hägen, sparen. Sein Geld übel oder schlecht zu Rathe halten, es unnütz ausgeben, nicht klüglich damit umgehen. Wer ein geringes nicht zu Rath hält, der nimmt für und für ab, Sir. 19, 1. Wer ihr vorwirft, daß sie das Ihrige nicht zu Rathe hält, der kann diese Verleumdung in Ewigkeit nicht verbethen, Gell. Außer dieser einzigen Redensart ist das Hauptwort in diesem Verstande nicht mehr üblich, daher die Stelle Sir. 36, 26, wer eine Hausfrau hat, der bringet sein Gut in Rath, der erhält und vermehret sein Vermögen, nicht nachzuahmen ist. Frisch leitet es in diesem Verstande von reit, bereit, paratus, her; allein, der Begriff der Menge, der aus der ersten Bedeutung erweislich ist, ist natürlicher und wahrscheinlicher. S. Rathsam, Räthlich und Vorrath.
 
2. Der Rath
, des -es, plur. die Räthe, ein auch nur noch in einigen Fällen übliches Wort. 1.* Ein körperliches Werkzeug, ein anderes Ding damit zu bereiten oder zu verfertigen; in welchem Verstande es für sich allein im Hochdeutschen veraltet ist, aber noch, obgleich in weiterm Verstande, in unserm Geräth, Gerade, Hausrath und Unrath zum Grunde liegt, wovon die erstern körperliche Hülfsmittel der Bequemlichkeit, das letztere aber deren Gegensatz bezeichnen. Im Schwed. bedeutet Rede noch ein Werkzeug, und das Nieders. Collectivum Reedschup, Reeschup, bedeutet so wohl Werkzeuge als Geräth. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung, die Art und Weise, ingleichen ein Mittel, eine Absicht zu erreichen. 1) Im weitesten Verstande, wo es nur im Singular allein, und auch hier nur ohne Artikel üblich ist. Kommt Zeit, kommt Rath, mit der Zeit wird man schon ein Mittel finden. Ich will schon Rath schaffen, ein Mittel ausfündig machen, die Absicht zu erreichen, oder das Übel wegzuschaffen. Es kann Rath werden, oder dazu kann Rath werden, es wird sich ein Mittel ausfündig machen lassen, es kann möglich gemacht werden. Ich sehe keinen andern Rath, als das Haus zu verkaufen, kein anderes Mittel. Ich weiß wir keinen Rath mehr, weiß kein Mittel mehr. Wo nun Raths? wo finde ich nun ein Mittel? Ich habe alle Möglichkeiten mir zu helfen durchgedacht und verworfen; ich muß Rath haben. Selten kommt es mit dem Artikel vor, wo es aber auch ein Beywort vor sich haben muß.
 
Der ausgelaßne Sohn ward also ein Soldat,
Und dieß war auch der beste Rath,
Gell.
 
Wo es aber auch das folgende Rath, Consilium, in 3 Rath seyn kann. 2) Im engern Verstande. (a) Ein Gegenmittel zur Wegschaffung eines Übels; gleichfalls adverbialiter und ohne Artikel, besonders mit den Zeitwörtern seyn und werden. Es wäre wohl noch Rath, wenn du nur folgen wolltest, es wäre dir noch zu helfen. Dafür ist noch Rath. Hüthe dich vor der That, der Lügen ist oder wird wohl Rath, hüthe dich vor der That, den Lügen ist schon abzuhelfen.
 
Mins eines wurde liechte rat,
Reinmar der Alte.
 
Min wurde rat wolle si mir kuinden liebiu mere,
ebend.
 
d.i. mit würde geholfen.
 
Wie sol froideloser tage
Mir und sender jaren iemer werden rat,
Heinrich von Morunge.
 
Sit min lib an dem zwivel stat
Das mien lieder niemer kan werden rat,
Ulrich von Guotenburg.
 
Wo es denn nach weitern Figuren ehedem auch theils die Wohlfahrt selbst bedeutete, welche Bedeutung auch das Isländ Heilraedi hat, theils den Nutzen, in welchem letztern Verstande man noch jetzt zuweilen sagt, es ist nicht Rath das zu thun, es ist nicht nützlich, nicht rathsam. Adverbialiter sagt schon Ottfried, so imo rat thunkit, wenn es ihm rathsam, nützlich scheinet. (b) Ein von einem andern uns vorgeschlagenes Mittel; in welcher Bedeutung es aber mehr zu dem folgenden Worte zu gehören scheinet, S. dasselbe.
Anm. In der Bedeutung eines körperlichen Werkzeuges lieget allem Ansehen nach wiederum der Begriff des Geräusches zum Grunde, so wie in reiten, bereiten, welches hernach figürlich auf verschiedene Arten solcher mit einem ähnlichen Geräusche verbundener Handlungen eingeschränket worden. In der weitern Bedeutung eines jeden zur Nothwendigkeit und Bequemlichkeit gehörigen körperlichen Dinges scheinet auch das Latein. Res hierher zu gehören, welches mit rauschen, rasen, rasseln, allem Ansehen nach Eines Geschlechtes ist.
 
3. Der Rath
, des -es, plur. die Räthe, ein Wort, welches ursprünglich von reden abstammet und die Rede bedeutet hat, so wie in der Monseeischen Glosse Rath wirklich durch Sermo erkläret wird. Es ist in dieser allgemeinen Bedeutung veraltet, indem es nur noch in einigen engern und figürlichen Bedeutungen üblich ist.
1. Von verschiedenen Wirkungen des Geistes, so fern sich dieselben durch die Rede äußern und an den Tag legen, ohne doch die letztere ausdrücklich nothwendig zu machen.
1) Die Überlegung, die Überdenkung der Gründe und Mittel einer künftigen Handlung, eigentlich, so fern es vermittelst der Rede unter mehrern geschiehet, figürlich aber auch, so fern es in der Stille durch bloßes Erwägen bey sich selbst geschiehet; die Rathschlagung, Berathschlagung. Im Nieders. Raad. Es wird hier nur im Singular, und ohne Artikel gebraucht. Mit jemanden zu Rathe gehen, eine Sache mit ihm überlegen. Bey sich selbst oder mit sich selbst zu Rathe gehen, bey sich selbst überlegen, ob eine Sache zu thun sey, oder wie sie zu thun sey. Rath halten, mit andern überlegen; Rath schlagen, in eben diesem Verstande. S. Rathschlagen. Jemanden zu Rathe ziehen, zur Überlegung, die Sache mit ihm überlegen. Alles mit Rath, nach gepflogener Überlegung. Raths pflegen, überlegen; eine im Hochdeutschen größten Theils veraltete Redensart.
2) * Das Vermögen, die Gründe und Gegengründe gehörig einzusehen, ingleichen die besten Mittel zur Erreichung einer Absicht anzugeben, Klugheit, Vernunft, das Vermögen zu rathen; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher dieses Wort ehedem nur im Singular allein üblich war. Es kommt darin mit dem Lat. Ratio überein. Auch im Isländ. ist Redha die Vernunft, und Notker gebraucht Redeasty in eben diesem Verstande. In der Deutschen Bibel kommt diese veraltete Bedeutung noch mehrmahls vor. Der Geist des Raths, Es. 11, 2. Denn es ist ein Volk, da kein Rath in ist, 5 Mos. 33, 28; sie sind ein Volk, das sich durch seine Anschläge selbst in Unglück bringt, Michael. Es wird weder Gesetz bey den Priestern, noch Rath bey den Alten mehr seyn, Ezech. 7, 26. Groß von Rath, Jer. 32, 19.
3) * Die Folge der Überlegung, der Entschluß auch ohne Plural; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung. Im Oberdeutschen sagt man auch, Raths werden, einen Entschluß fassen; anders Raths werden, seinen Entschluß ändern; einen Rath fassen, einen Entschluß. In der Deutschen Bibel ist auch diese Bedeutung noch sehr häufig. Gott stürzet der Verkehrten Rath, Hiob 5, 13. Beschließet einen Rath und werde nicht daraus, Es. 8, 10. Der Herr macht zu nicht der Heiden Rath, Ps. 33, 8; Nehem. 4, 15. Besonders von Gott, in mehrern Stellen, nach deren Vorgange man es auch noch in der Theologie gebraucht, wo der Rath Gottes von der Menschen Seligkeit, dessen Entschluß ist, in gewisser Ordnung jedermann selig zu machen. Den Rath Gottes verkündigen. S. Rathschluß. Auch im Nieders. sagt man, ich bin deß zu Rathe worden, habe es bey mir beschlossen, wo Vorraad auch der Vorsatz ist.
4) * Der Wille; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung. Seines eigenen Raths leben, nach seinem eigenen Willen, im Oberdeutschen. Du leitest mich nach deinem Rath, Ps. 73, 24. Und so in andern Stellen mehr.
5) Die Meinung, d.i. das Urtheil über eine Sache aus wahrscheinlichen Gründen; doch nur noch in engerer Bedeutung, so fern man einem andern seine Meinung über dessen Absichten und Mittel bloß bekannt macht, ohne ihn zu verbinden, diese Meinung zu befolgen, eine bloß als nützlich ertheilte Regel des Verhaltens. Jemanden einen Rath geben, ertheilen, ihm seine Meinung bekannt machen, ob und wie er eine Sache thun müsse. Das ist mein Rath in dieser Sache, meine Meinung, von einer Sache, welche erst noch geschehen soll. Jemanden mit Rath und That beystehen, ihm mit Rath und That an die Hand gehen. Rath bey jemanden suchen. Eines Rath folgen, befolgen, ihn annehmen. Allen guten Rath verachten, in den Wind schlagen. Hier ist guter Rath theuer. Jemanden um Rath fragen, S. Rathfragen. Sich bey jemanden Raths erhohlen, ihn um seinen Rath fragen, ingleichen in weiterer Bedeutung, Belehrung bey ihm suchen. Jemanden zu Rathe ziehen, ihn um seinen Rath, um seine Meinung fragen. Nichts ohne Rath anfangen. Ich habe es auf deinen Rath gethan.
In dieser Bedeutung lautet es schon im Isidor Chirati, bey dem Ottfried Girat und Rat, im Nieders. Raad, im Angels. Raed, im Schwed. Råd, im Isländ. Rade, im Slavon. Red, im Russ. Rade. Ob sie gleich diese Bedeutung auch sehr füglich von 2 Rath, Mittel, herleiten ließe, so scheinet doch die Bedeutung der Rede und der Meinung nähe damit verwandt zu seyn. Zu der letzten gehöret auch das Latein. reor, ratus sum, reri, dafür halten, dessen Mittelwort ratus auch beschlossen bedeutet, und alsdann die vorige dritte Bedeutung des Entschlusses hat. Da indessen fast alle Wörter, welche eine Fähigkeit oder Wirkung des Geistes bezeichnen, Figuren der Bewegung sind, so leidet auch Rath in allen obigen fünf Bedeutungen eben dieselbe Ableitung, wo es denn ein naher Verwandter von Rad, Rota, reiten, im weitesten Verstande, u.s.f. seyn würde.
In allen vorigen Bedeutungen hat dieses Wort keinen Plural, ungeachtet die dritte, des Entschlusses, desselben gar wohl fähig wäre. Die gegenwärtige leidet ihn, der Sache nach, eben so willig, und doch klingt er im Hochdeutschen fremd und ungewohnt, so oft er von einigen gebraucht wird. Dem Alterthume scheinet er geläufiger gewesen zu seyn. Bey dem Notker heißt er die Rata, bey dem Winsbeck die Rete, und im Heldenbuche die Räte:
 
Hiltebrant der alte Mann,
Der da viel weiser Räte kann.
 
Wahr ist es, daß der Plural oft mit den folgenden Bedeutungen, in welchen er ohne Schwierigkeit gebraucht wird, eine Zweydeutigkeit verursachen kann; aber diese Zweydeutigkeit findet auch im Singular Statt. Vielleicht vertreibet das Beyspiel derer, welche ohne Bedenken Räthe schreiben, mit der Zeit das Fremde, welches dem Plural in dieser Bedeutung anklebt; wem aber dasselbe unerträglich ist, der kann dafür, wie von den meisten geschiehet, Rathschläge gebrauchen.
6) * Einwilligung, Vorwissen, Beystimmung; eine im Hochdeutschen gleichfalls veraltete Bedeutung, in welcher es ehedem im Nieders. sehr gangbar war. S. das Bremisch-Nieders. Wörterbuch.
2. Eine Versammlung mehrerer, eine Sache zu überlegen und zu beschließen, und ein Collegium dazu verordneter Personen.
1) Im weitesten Verstande einer Versammlung mehrerer, gemeinschaftliche Angelegenheiten zu überlegen und zu beschließen, ohne Plural; in welchem Verstande es nur noch in einigen Fällen gebraucht wird. Rath halten. Einem Blutrath halten, eine Versammlung, einen oder mehrere zum Tode zu verurtheilen; am häufigsten von einer unbefugten Versammlung dieser Art. Zu Rathe gehen, in eine solche Versammlung; eine im Hochdeutschen wenig mehr gebräuchliche R.A. Meine Seele komme nicht in ihren Rath, 1 Mos. 49, 6. Wohl dem, der nicht wandelt im Rathe der Gottlosen, Ps. 1, 1. Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen im Rath der Frommen, Ps. 111, 1. Welche und andere biblische Stellen, in deren einigen es auch eine jede Versammlung bedeutet, doch nicht nachzuahmen sind. Schon bey dem Kero ist Kerato eine Versammlung.
2) In engerer Bedeutung, ein Collegium solcher Personen, welche dazu verordnet sind, öffentliche Angelegenheiten zu überlegen und zu entscheiden. Ehedem wurde es von allen Collegiis dieser Art gebraucht, wovon unter andern auch in der Deutschen Bibel häufige Beyspiele vorkommen. Jetzt, da dergleichen Collegia sehr vervielfältiget worden, haben sie theils eigene Nahmen bekommen, theils ist der allgemeine Nahme Rath durch allerley Beysätze näher bestimmet worden. Der geheime Rath, das höchste Collegium der zur Versorgung der öffentlichen Angelegenheiten verordneten Personen, welches doch in manchen Staaten noch dem Cabinetts-Rathe nachgeordnet ist. Der Staatsrath, Kriegsrath, Kirchenrath, Gesundheits- oder Sanitäts-Rath u.s.f. Den geheimen Rath versammeln, die dazu gehörigen Personen. Da es denn auch oft von der Versammlung der Glieder eines solchen Collegii gebraucht wird. In den geheimen Rath, in den Staatsrath, in den Kirchenrath gehen. In Schleswig werden die Land- und Kirchspielsgerichte zuweilen Räthe genannt, da denn die Beysitzer in denselben auch den Nahmen der Rathleute führen. Die Rota, das päpstliche Kammergericht zu Rom, hat gewiß auch daher seinen Nahmen; obgleich Ferrarius und andere denselben von Rota, ein Rad, herleiten, weil die Glieder dieses Rathes in einem Kreise sitzen sollen, welches doch ungegründet ist. Es ist daher auch unrichtig, wenn einige dieses Collegium im Deutschen das Radgericht nennen; richtiger könnte man es den Kammerrath oder das Kammergericht nennen.
3) In der engsten Bedeutung ist der Rath, oder zum Unterschiede von der vorigen Bedeutung, der Stadtrath, ein Collegium solcher Personen, dem in Reichs-und freyen Städten die höchste Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten der Stadt und ihres Zubehöres, in Municipal-Städten aber gemeiniglich nur die Handhebung der Polizey zustehet. Den Rath zusammen rufen, versammeln. In den Rath kommen, Sitz und Stimme in diesem Collegio erhalten. Eine Sache bey dem Rathe anbringen. Jemanden bey dem Rathe verklagen. Bey dem Rath um etwas anhalten. Einer aus dem Rathe, ein Rathsherr, Rathsglied, in der feyerlichen Sprechart ein Vornehmer des Raths. Der Rath sitzt, wenn sich derselbe versammelt. Im sitzenden Rathe, im versammelten. Oft bedeutet es auch die Versammlung dieses Collegii. Rath halten, sich versammeln. Vor Rath erscheinen. Eine Sache im Rathe vortragen. Der Plural findet, wie in der vorigen Bedeutung, nicht nur von mehrern Collegiis mehrerer Städte ohne Bedenken Statt, obgleich Frisch das Gegentheil behauptet, sondern auch in den Fällen, wo in einer und eben derselben Stadt das Collegium der sämmtlichen Rathsglieder in mehrere Theile abgesondert ist; z.B. wo der gesammte Rath in drey Räthe getheilet ist, welche alle Jahre in der Regierung abwechseln, oder auch, wo der innere, kleinere oder engere Rath, von dem äußern, größern oder weitern Rathe unterschieden wird.
3. Eine Person, welche andern guten Rath ertheilet, d.i. nützliche Regeln des Verhaltens bekannt macht.
1) Im weitesten Verstande, von einem jeden, der andern einen Rath ertheilet, ist es nicht gewöhnlich, weil dafür Rathgeber eingeführet ist.
2) Im engern Verstande, derjenige, der dazu verordnet ist, der Landesobrigkeit in öffentlichen Angelegenheiten guten Rath zu ertheilen, oder die öffentlichen Angelegenheiten mit derselben zu überlegen und zu entscheiden. In diesem Verstande pflegte man ehedem alle höhere Bediente des gemeinen Wesens, welche berechtigt und verbunden sind, dem Landesherrn ihre Meinung in öffentlichen Angelegenheiten zu sagen, nur schlechthin Räthe zu nennen, in welchem Verstande es noch jetzt zuweilen vorkommt. 2 Sam. 15, 12 heißt Ahitophel Davids Rath. Und die Herren, Fürsten, Vögte und Räthe des Königs kamen zusammen, Dan. 3, 27. Nebucadnezar forderte alle seine Räthe, Fürsten und Hauptleute, Judith. 2, 2.
3) Da nach der Vervielfältigung solcher Personen und genauerer Vertheilung der öffentlichen Angelegenheiten sich die Anzahl dieser Räthe gar sehr vermehrete, so bekamen selbige theils andere Nahmen, theils behielten sie den Nahmen der Räthe, welcher alsdann aber mit allerley Beysätzen näher bestimmt wurde, und oft auch nur ein bloßer Titel ist, der zu keinen weitern Obliegenheiten verbindet. Und so entstanden geheime Räthe, (nicht Geheimeräthe, weil es alsdann Geheimräthe heißen müßte, S. Geheim,) ehedem, wie noch in der Deutschen Bibel, heimliche Räthe, Cabinetts-Räthe, Staatsräthe, Hofräthe, Kriegsräthe, Justiz-Räthe, Finanz-Räthe, Commercien-Räthe, Kammerräthe, Jagdräthe, Bergräthe u.s.f. Ein Rath schlechthin, ohne allen Beysatz, ist alsdann die erste und niedrigste Würde dieser Art, welche an den meisten Höfen ein bloßer Titel ist. Ein kurzweiliger oder lustiger Rath, eine scherzhafte Benennung eines Hofnarren.
Anm. In dieser letzten Bedeutung ist schon im Isidor Chirado eine zum Rathgeben verpflichtete Person. Es gibt theils in den Zusammensetzungen, theils in den gemeinen Sprecharten noch mehrere gleichlautende, aber in der Bedeutung verschiedene Wörter, welche theils Figuren von rad, rath, sind, so fern es ein Ausdruck eines gewissen Schalles und dessen Ursache, der Bewegung, ist, theils aber auch zu andern Stämmen gehören können. Eines derselben ist das Oberdeutsche Nebenwort rath, beraubt; etwas rath seyn, es entbehren, wovon unser entrathen abzustammen scheinet, wofür im Oberdeutschen gerathen üblich ist. Ferner das rath seyn, welches Hornegk theils für geschehen, theils aber auch für selig werden gebraucht. S. auch die folgenden Zeitwörter. In den folgenden Zusammensetzungen lautet dieses Wort allemahl Raths-, so oft ein Raths-Collegium darunter verstanden wird. In den andern Bedeutungen pflegt es das s nur selten anzunehmen.
 
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