Adelung Wörterbuch
Rasseln
, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, eine Art eines fortdauernden heftigen Schalles zu bezeichnen, welcher durch eine schnelle und zitternde Bewegung harter klingender Massen verursacht wird, diesen Schall von sich geben und hervor bringen. Ich höre es rasseln. Eiserne Ketten rasseln, wenn sie geschüttelt werden. Die beschlagenen Wagenräder rasseln auf dem Steinpflaster, wenn schnell gefahren wird. Vor dem Rasseln ihrer Wagen, Jer. 47, 3. Da wird man hören die Räder rasseln, Nahum. 3, 2. Ich hörte schon das Rad Ixions rasseln, Ramml. Die Knochen eines bewegten Knochengerippes rasseln oder verursachen ein Rasseln. Mit dem Gelde rasseln, wenn man vieles Geld schnell bewegt; von wenigem Gelde sagt man klimpern. Da rasselten der Pferde Füße vor dem Zagen ihrer mächtigen Reuter, Richt. 5, 22; wo doch dieses Zeitwort nicht an dem rechten Orte stehet. An einigen Orten haben sie Wächter eine Rassel, mit welcher sie ein rasselndes Getöse machen. In verschiedenen Gegenden ist es auch für rüsseln und rütteln als ein Activum üblich, in welcher Gestalt es doch den Hochdeutschen fremd ist. S. Verasseln. Daher das Rasseln. Anm. Im Schwed. rassla, im Angels. hristlan, im Engl. to rustle und rattle, im Nieders. mit dem verwandten t, ratteln, räteln, rateln, in einigen Gegenden auch rastern. Es ist eine unmittelbare Nachahmung des Schalles, welchen es bezeichnet, und ein Verwandter von rasen, rauschen, prasseln, rütteln u.s.f. Der Form nach ist es ein Intensivum oder Frequentativum von einem veralteten Zeitworte rassen, welches mit reißen und rasen verwandt ist, und sich noch in dem Griech. ῥασσειν, αρασσειν, collidi, und in dem Chald. und Pers. razaz, stoßen, befindet. Rieseln und rüsseln bezeichnen kleinere und schwächere Arten des Rasselns.
 
1. Der Rast
, des -es, plur. inus. ein nur in dem Kriegswesen in einigen Gegenden übliches Wort, wo es den Aufbruch des Kriegsheeres, oder vielmehr das vorletzte Zeichen zum Aufbruche mit der Trommel bedeutet. Den Rast schlagen, worauf sich alles zum Aufbruche aus dem Lager fertig macht; Franz. battre le dernier oder la sortie. Wenn es hier nichts aus Rest verderbt worden, welches der erste Französische Ausdruck vermuthen läßt, so gehöret es unstreitig zu Reise, so fern dieses ehedem auch den Marsch der Truppen bedeutete, S. dasselbe.
 
2. Die Rast
, plur. die -en. 1) Die Ruhe, so wohl überhaupt, als auch, und zwar am häufigsten, die Ruhe nach einer vorher gegangenen Bewegung; ohne Plural. Es kommt in dieser Bedeutung in dem gemeinen Sprachgebrauche der Hochdeutschen nur selten vor, und auch hier nur mit verneinenden Beysätzen, wo man es denn gemeiniglich mit dem Worte Ruhe zu verbinden pflegt. Weder Kraft noch Ruhe haben. Jemanden keine Rast und Ruhe lassen. Desto häufiger gebraucht man es in der höhern und dichterischen Schreibart.
 
Unter eines Kirschbaumes Schatten
Hielten zwey Kaninchen Rast,
Lichtw.
 
Was schlummerst du? Die träge Rast
Schickt sich für Helden nicht,
Gleim.
 
Die Sonne geht zu Rast, war eine ehedem sehr übliche R.A. für, die Sonne gehet unter.
 
Indem woll die liechte Sun
Gehn zu Rast mit irem Wagen,
Theuerd. Kap. 17.
 
Wofür noch jetzt in einigen Provinzen zu Rüste gehen üblich ist.
Muß doch zu Rüste gehen,
So oft es Abend wird, der schöne Himmels Schild,
Opitz.
 
2) * Eine bestimmte Arbeit, nach welcher man der Ruhe genießen kann, ein Pensum; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, mit welcher das Wort Reise in einigen Fällen noch etwas ähnliches hat, S. dasselbe. Besonders wurde es ehedem sehr häufig von einem Maße der Längen und Entfernungen gebraucht, da es denn eigentlich so vielen Raum in die Länge bezeichnete, als ein Kriegsmann zurück leget, ehe er Ein Mahl ausruhet. In diesem Verstande war es ehedem durch ganz Deutschland für das heutige Meile üblich, und lautete alsdann gemeiniglich die Raste. Unaquaeque gens certa viarum spatia suis appellat nominibus; nam Latini mille passus vocant, et Galii Leucas, et Persae Parasongas, et Rastas universa Germania, ist die bekannte, schon von mehrern angeführte Stelle des heil. Hieronymus. Auch Ulphilas gebraucht Matth. 5, 41 das Wort Rasta, wo Luther Meile setztet. Die eigentliche Größe dieses Maßes war, weil es auf einem so unbestimmten Grunde beruhete, sich ehedem eben so wenig gleich, als es noch jetzt in den meisten Gegenden die Meilen sind. In einer Urkunde des Königs Ludwigs des Frommen heißt es: Inter campum et sylvam Leugae duae, id est Rasta una; welche Leuga, ob sie gleich auch verschieden war, gemeiniglich 2.000 Schritt enthielt. Der Vetus Agrimensor bey dem Du Fresne bestimmt beyde so: Milliarius et dimidius apud Gallos Leuccam facit, habentem passus mille quingentos. Duae Leuccae sive Milliarii tres apud Germanos unam Rastam efficiunt. S. des Du Fresne Gloss. Es scheinet in dieser Bedeutung noch jetzt in einigen Gegenden nicht ganz veraltet zu seyn, ob es gleich in öffentlichen Messungen durch die Römische Meile verdränget worden. Wenigstens hat noch ein altes Vocabularium von 1482 bey dem Frisch: Eine Rast Wegs oder zwo Meil Wegs. Stirnhielm, Wachter und Frisch leiten das Russische Werste, obgleich dasselbe ein weit kleineres Maß ist, daher, indem es durch Versetzung des r und Vorsetzung des Blaselautes daraus entstanden seyn soll, Werste für Wreste. Die ältern Schweden gebrauchten Rast und Rost gleichfalls von der Entfernung der Örter. 3) Ein Werkzeug oder Theil eines Werkzeuges, woran ein anderer Theil rastet oder ruhet, d.i. wodurch er in seiner Bewegung aufgehalten wird. In diesem Verstande ist es besonders noch bey den Büchsenmachern üblich, welche an der Nuß eines Gewehrschlosses drey Rasten haben, die Vorderrast, Mittelrast und Hinterrast, welche bey andern die drey Ruhen heißen. Die Vorderrast ist ein Arm an der Nuß, worauf die Spitze der Schlagfeder ruhet. Die beyden übrigen Rasten sind zwey Einschnitte in der Nuß, in welchen die Stangenfeder ruhet.
Anm. In der ersten Bedeutung der Ruhe kommt dieses Wort bey unsern ältesten Schriftstellern häufig genug vor. Bey dem Ottfried lautet es Resto bey andern aber Rast, Rasta, im Nieders. Rust, wo auch Unrust Unruhe ist, im Fries. Rost, im Angels. und Engl. Rest, im Schwed. Rast. Das Nieders. Ruus, Weile, Zwischenzeit, das ist eine artige Ruus, das ist eine geraume Zeit her, ist eben dasselbe Wort. Rast ist hier von Ruhe bloß in dem Endlaute unterschieden, und in einer alten Übersetzung der Sprüche Salomonis von 1400 kommt ausdrücklich rawsen für ruhen vor. Auch die dem Anscheine nach von der Deutschen ganz entfernten Sprachen haben ähnliche Wörter, welche sich auf diesen Begriff gründen; dahin gehören das Griech. ῥασωνƞ, Ruhe des Gemüthes, ῥασωνευειν, müßig seyn, das Ungar. rest, faul, das Alban. resst, zaudern, das Arab. rasaa, fest, dauerhaft seyn, das Franz. Arrêt, rester, Rest, und andere mehr. Selbst in unsern Deutschen Frist, Friede, Trost, Entrüsten u.s.f. scheint der Begriff der Rast oder Ruhe der erste und herrschende zu seyn. In der zweyten Bedeutung eines Maßes der Entfernung kann auch der der Ruhe entgegen gesetzte Begriff der Reise der erste und herrschende seyn, zumahl da auch Pictorius das Wort Rast, für Meile, durch Reisete erkläret; obgleich auch der Begriff der Ruhe nach der bestimmten Reise dieser Bedeutung völlig angemessen ist.
 
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