Adelung Wörterbuch
Pfropfen
, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Pfröpfchen, ein Stück von einer gemeiniglich weichern Materie, welches fest in eine Öffnung hinein gedrückt, gedrehet oder geschlagen wird, dieselbe damit zu verstopfen. Der Pfropfen auf einer Bouteille oder Flasche, er sey nun von Kork, oder von Papier, oder von Lumpen; ein Stöpsel oder Stöpfel, im Oberdeutschen ein Zapfen. Ein Stöpfel kann aber auch von Glas seyn, welchen man nicht leicht einen Pfropfen nennen wird. Auf die Ladung eines Schießgewehres wird ein Pfropfen von Werk, Papier, Gras u.s.f. gesetzt, d.i. fest in das Gewehr hinein gedrückt. Die Mündungen der Kanonen werden, wenn sie nicht gebraucht werden, mit einem hölzernen Pfropfen verstopft, damit nichts Unreines hinein komme. In der Seefahrt werden auch die eisernen, bleyernen und kupfernen Platten, womit man die Löcher oder schadhaften Stellen in einem Schiffe auszubessern pflegt, Pfropfen genannt. Nieders. Propp, Engl. Prop, Schwed. Propp, auch im Deutschen bey einigen Pfropf, obgleich die Endung hier nicht ein bloßes müßiges Anhängsel zu seyn, sondern ein Werkzeug zu bezeichnen scheinen. S. das folgende.
 
1. Pfropfen
, verb. reg. act. 1) Mit Gewalt in eine Öffnung hinein drehen, zwingen oder stopfen. Blüthen, Rosenblätter in eine Bouteille pfropfen, sie mit Heftigkeit hinein stopfen. Die Blutgefäße waren mit Blut voll gepfropft. Gepfropft voll, so voll, daß auch mit Gewalt nichts mehr hinein zu bringen ist. Sich voll pfropfen, sich mit Speise überladen. Das Komödienhaus war gepfropft voll, von Menschen. Im Oberdeutschen pferchen. 2) Mit einem Pfropfen verstopfen; doch nur in dem zusammen gesetzten zupfropfen.
So auch die Pfropfung.
Anm. Im Nieders. proppen, im Schwed. proppa, im Griech. in der zweyten Bedeutung προβυειν. Es scheinet vermittelst des harten Blaselautes von reiben abzustammen, von welchem auch vermittelst eines andern Vorschlages treiben herkommt, welches in ähnlicher Bedeutung vorkommt. Bey dem Kero ist Ruab eine Zahl. Im Niedersächs. ist in eben dieser Bedeutung auch prammen üblich, welches mit dem Lat. premere sichtbar überein kommt, und von welchem das im gemeinen Leben der Hochdeutschen übliche bremsen und premsen in eben diesem Verstande ein bloßes Intensivum ist.
 
2. Pfropfen
, verb. reg. act. 1) Eigentlich, ein Reis eines Baumes in einen in den Stamm eines andern gemachten Spalt setzen, damit beyde zusammen wachsen, welches besonders von den Gärtnern zu Veredlung schlechterer Stämme geschiehet. Auf einen wilden Stamm pfropfen. Ein Reis von einem Apfelbaume auf den Stamm eines Birnbaumes pfropfen. In den Spalt pfropfen, wenn ein junger Stamm oben ganz abgeschnitten, und das Pfropfreis in den darein oben auf dem Schnitte gemachten Spalt gesetzet wird. In die Rinde pfropfen, wenn das Pfropfreis in einen in die Rinde eines stärkern Stammes gemachten Spalt gesetzet wird. In den Kerb pfropfen, wenn das Pfropfreis in eine durch die Rinde in das Holz eines alten Baumes gehauene Kerbe gesetzet wird. Statt dieses Zeitwortes ist in Niedersachsen risen üblich, von Ris, ein Reis. Gottsched behauptete impfen sey, einen einzigen Knospen in die Rinde eines andern Baumes setzen, und pfropfen, wenn statt des Knospens ein Reis oder kleiner Zweig genommen würde. Allein, er irrete sich, denn jenes heißt nicht so wohl impfen, als vielmehr äugeln und oculiren. Impfen ist, so wie pelzen, mehr im Oberdeutschen üblich, und kann vermöge seiner Abstammung so wohl äugeln, als pfropfen, als auch pfeifen bedeuten, wird aber daselbst am häufigsten für pfropfen gebraucht. S. auch Pfeifen, welches eine andere Art des Impfens ist. 2) Figürlich pfropfen auch die Zimmerleute, wenn sie an ein schadhaft gewordenes Zimmerholz ein frisches Stück ansetzen, und beyde dergestalt verbinden, daß sie an allen Seiten gleiche Stärke haben, und nur ein einziges Stück zu seyn scheinen.
Daher das Pfropfen.
Anm. Ob es gleich sehr füglich angehet, dieses Zeitwort als eine bloße Figur des vorigen anzusehen, und es durch einsetzen, einpflanzen überhaupt zu erklären, so kann es doch auch als ein eigenes Wort angesehen werden, welches von dem bey dem Opitz befindlichen Pfropf, ein Pfropfreis, abstammet, mit dem Angels. ryp, dem alten noch im Engl. üblichen grow, wachsen, und andern ähnlichen Wörtern Eines Geschlechtes ist, und eigentlich, ein Reis, einen Schößling, bedeutet, zumahl da auch das Wort Trieb in eben diesem Verstande gebraucht wird, und das Nieders. risen gleichfalls von Ris, ein Reis, abstammet.
 
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Pfropfen