Adelung Wörterbuch
Pflücken
, verb. reg. act. 1) Mit den Spitzen der zwey vordern Finger ausziehen, wo man es besonders im Oberdeutschen, und nicht selten auch im Hochdeutschen, für rupfen gebraucht. Vögel pflücken, sie rupfen, ihnen die Federn ausziehen. Gepflückte Vögel, gerupfte. Hühner, Gänse pflücken. Wir haben noch ein Hühnchen mit einander zu pflücken, figürlich, wir haben noch eine unangenehme Sache mit einander auszumachen. Nach einer noch weitern Figur wird man im gemeinen Leben gepflückt, wenn man nach und nach von dem andern seines Vermögens beraubt wird, wofür das Zeitwort rupfen noch üblicher ist. 2) Mit den Spitzen der zwey vordern Finger auslesen, klauben; wo es besonders im Oberdeutschen üblich ist. Die Wolle, den Salat, die Petersilie pflücken, lesen, klauben, das Unreine mit den Fingerspitzen wegnehmen. 3) Mit den Spitzen der zwey vordern Finger abbrechen. Brot in die Milch pflücken, in den Küchen. Gepflückte Semmeln. Ein gepflückter Hecht, in den Küchen, ein in kleine Bissen gebrochener gesottener und von den Gräten befreyeter Hecht, welcher in einer Schüssel mit Kapern, Citronen u.s.f. gedämpfet wird. Besonders in den R.A. Hopfen pflücken, Nüsse pflücken, Erdbeeren pflücken u.s.f. sie mit den vordern Fingern abreißen. In weiterer Bedeutung gebraucht man es auch, doch nur in einigen Fällen, für abbrechen, besonders von den Blumen und dem Obste. Eine Blume pflücken. Blumen pflücken. Obst pflücken. Äpfel, Birnen, Kirschen pflücken u.s.f. S. auch Abpflücken. So auch das Pflücken. Anm. In Nieders. plücken, im Angels. pluccian, im Engl. to pluck, im Ital. von Vögeln pelare, und von Weintrauben piluccare, im Schwed. plocka. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es vermittelst des starken Blaselautes von dem noch im Nieders. üblichen luken, ziehen, zupfen, Angels. lukan, Schwed. luka, gebildet ist. Im Schwed. ist auch flåcka, im Isländ. fleika, theilen, zerreißen, welches zunächst zu unserm Fleck, ein Stück, ein Theil, zu gehören scheinet, zu welchem auch pflücken gerechnet werden kann. S. auch 2 Pflug.
 
1. Der Pflug
, des -es, plur. die Pflüge, ein nur im Niedersächsischen, wo es Plog lautet, übliches Wort, eine Gesellschaft mehrerer zu einer gemeinschaftlichen Arbeit, und in weiterm Verstande, zu einer gemeinschaftlichen Absicht verbundener Personen zu bezeichnen; eine Bande. So wird bey dem Torfgraben eine Gesellschaft von Personen, welche erfordert werden, ein Tagewerk Torf in einer gewissen Zeit zu beschicken, ein Pflug genannt, wozu wenigstens sieben Personen erfordert werden. Auch bey den Deicharbeiten heißen diejenigen Arbeiter, welche bey einer Arbeit zugleich und in einer gewissen Ordnung beschäftiget sind, ein Pflug, Holländ. Ploeg. Da denn in weiterer Bedeutung ein jeder verbundener Haufen, eine Partey, Faction, Rotte u.s.f. mit diesem Nahmen beleget wird. Die Übereinkunft mit dem folgenden Worte scheinet nur zufällig zu seyn, indem Pflug in dieser Bedeutung, aller Wahrscheinlichkeit nach, zu unserm Gelag und Gelichter gehöret, und statt des Hauches der letztern den oft gleichgültigen Blaselaut vor dem Stammworte lag, Licht, angenommen hat. Wenigstens ist der Begriff der Verbindung allem Ansehen nach in diesem Worte der herrschende.
 
2. Der Pflug
, des -es, plur. die Pflüge, ein bekanntes Werkzeug des Ackerbaues, damit Furchen in den Erdboden zu ziehen und ihn zur Aufnahme des Samens locker und geschickt zu machen. Es ist mit Rädern versehen und unterscheidet sich unter andern auch dadurch von dem Haken. 1. Eigentlich. Die Pferde hinter den Pflug spannen, eine Sache verkehrt anfangen, die Pferde hinter den Wagen spannen. Das ist sein Acker und Pflug, oder, das ist sein Wagen und Pflug, das ist sein ganzes und einziges Gewerbe, das einzige Erwerbungsmittel seines Unterhaltes. 2. Figürlich. 1) Ein Theil des Pfluges. Der Unterpflug, der untere Theil desselben, zum Unterschiede von dem Oberpfluge. 2) Ein bespannter Pflug. Ein Gut hat an ständigen Spanndiensten jährlich 97 Pflüge, wenn so viele Unterthanen demselben jährlich zur Frohne pflügen müssen. 3) In vielen, besonders Niederdeutschen Gegenden, ist der Pflug so viel Acker, als ein Landmann mit Einem Pfluge das Jahr über bestreiten kann; in welchem Verstande es mit den gleichbedeutenden Haken, Joch, Tagewerk u.s.f. überein kommt, und ungefähr so viel ist, als in andern Gegenden eine Hufe. Im Eiderstädtischen, wo 60 Demat auf einen Pflug gehen, hält derselbe 12960, ein Demat aber 216 Quadrat-Ruthen.
Anm. Bey dem Ottfried Pluag, im Tatian Phluog, im Nieders. Angels. und Schwed. Plog, im Engl. Plow und Plough, im Albanischen mit einem andern Endlaute Plinar, und mit noch einem andern im Longobardischen Gesetze Ploum. Es ist wohl kein Zweifel, daß mit diesem Worte auf das Aufreißen und Zerschneiden des Erdbodens gesehen wird, so daß es ein Geschlechtsverwandter von pflücken, Fleck, und andern dieser Art ist, und vermittelst des vorgesetzten Blaselautes von dem alten, noch Nieders. luken, ziehen, zupfen, reißen, Angels. lucan, Schwed. luka, unserm lachen, hauen, Loch u.s.f. abstammet.
 
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Pflücken