Adelung Wörterbuch
Milde
, -r, -ste, adj. et adv. ein Wort, welches eigentlich angenehm weich, gelinde bedeutet, und dem entgegen gesetzet wird, was eine unangenehme Härte oder Schärfe, so wohl im eigentlichen als figürlichen Verstande, hat. 1. Eigentlich, weich, der Consistenz und dem Gefühle nach, und in engerer Bedeutung, auf eine angenehme Art weich und gelinde. Das Fleisch ist sehr milde, wenn es mürbe ist, und gleichsam im Munde zerfließet. Milde Äpfel, milde Birnen, mürbe. Mildes Leder, bey den Schustern, welches den gehörigen Grad der Gare hat. Ein milder Sandstein, welcher weich und leicht zu bearbeiten ist. Eine milde Bergart, im Bergbaue, in engerer Bedeutung, welche nicht nur mürbe und gebrechig, sondern auch schmierig dem Gefühle nach ist, und sich leicht anleget. Das Kupfer ist milde, bey den Kupferstechern, wenn der Grabstichel es leicht und rein schneidet; im Gegensatze des hart und spröde. 2. Figürlich. 1) Dem Geschmacke nach, im Gegensatze dessen was hart, scharf und sauer ist. Der alte Wein ist milder, Luc. 5, 39. Milde wie die reifste Traube, Weiße. Mildes Obst, im Gegensatze des sauern, herben. In weiterer Bedeutung ist mildes Obst im Oberdeutschen reifes Obst, mitia poma. 2) Der Intension nach, für gelinde; doch nur in einigen Fällen. Es regnet sehr milde. Ein milder Regen, ein sanfter, gelinder Regen. Mildes Wetter, gelindes. Ein mildes Urtheil, milde Strafe, gelinde. 3) Im moralischen Verstande ist milde liebreich, herab lassend, sanft, gesprächig, gütig, im Gegensatze der Härte und Schärfe des Gemüthes; ingleichen darin gegründet. Milde Thränen weinen, liebreiche. Ein milder Vater. Ein mildes Gemüth, milde Sitten. In den Kanzelleyen wird mildest und allermildest häufig für gnädigst und allergnädigst gebraucht. Etwas in mildeste Betrachtung ziehen. 4) Freygebig, geneigt sein Vermögen andern mitzutheilen, es zu andrer Nutzen zu verwenden, und in dieser Eigenschaft gegründet. Weil du denn so milde Geld zugibst, Ezech. 16, 36. Seine milde Hand aufthun. Sprichw. Der Milde gibt sich reich, der Geitzhals nimmt sich arm. Ihr Bäume, die ihr uns milde eure reifen Früchte gegeben, Geßn.
Die Fremden besser zu erfreuen,
Umsteckt der milde Wirth den Tisch mit dichten Maien,
Haged.
5) Nach einer Fortsetzung dieser Figur gebraucht man es auch, eine Freygebigkeit in Worten zum Nachtheil der Wahrheit auf eine gelinde und nicht beleidigende Art zu bezeichnen. Das war ein wenig zu milde gesprochen, war zu viel gesagt, zum Nachtheil der Wahrheit übertrieben. Ew. – sind hierin zu milde berichtet worden. 6) * Fromm, gottesfürchtig; eine veraltete Bedeutung. So heißt Ludwig der Fromme bey den ältern Schriftstellern mehrmahls Ludwig der milde. Milde Stiftungen, milde Sachen, im Oberdeutschen, piae causae. Dahin gehöret auch der eigentlich Oberdeutsche Ausdruck, nach der Nennung eines Verstorbenen christmilden oder christmildesten Andenkens hinzu zu setzen, welcher noch auf den Kanzeln und in den Kanzelleyen üblich ist. Kaiser Carl VI christmildesten Andenkens.
Anm. Im Oberdeutschen schon von den ältesten Zeiten her milt, im Angels. milde, milide, im Engl. und Schwed. mild, im Isländ. milde, im Griech. μειλιχος, im Russischen miloi, im Pohln. mily. Es ist mit Milch, schmelzen, Schmalz, mahlen, molsch, dem Latein. mollis, und andern dieses Geschlechtes genau verwandt. In Baiern ist mollede weich, mollis. Das e am Ende ist das e euphonicum, ohne welches das d wie ein t lauten würde.
, -r, -ste, adj. et adv. ein Wort, welches eigentlich angenehm weich, gelinde bedeutet, und dem entgegen gesetzet wird, was eine unangenehme Härte oder Schärfe, so wohl im eigentlichen als figürlichen Verstande, hat. 1. Eigentlich, weich, der Consistenz und dem Gefühle nach, und in engerer Bedeutung, auf eine angenehme Art weich und gelinde. Das Fleisch ist sehr milde, wenn es mürbe ist, und gleichsam im Munde zerfließet. Milde Äpfel, milde Birnen, mürbe. Mildes Leder, bey den Schustern, welches den gehörigen Grad der Gare hat. Ein milder Sandstein, welcher weich und leicht zu bearbeiten ist. Eine milde Bergart, im Bergbaue, in engerer Bedeutung, welche nicht nur mürbe und gebrechig, sondern auch schmierig dem Gefühle nach ist, und sich leicht anleget. Das Kupfer ist milde, bey den Kupferstechern, wenn der Grabstichel es leicht und rein schneidet; im Gegensatze des hart und spröde. 2. Figürlich. 1) Dem Geschmacke nach, im Gegensatze dessen was hart, scharf und sauer ist. Der alte Wein ist milder, Luc. 5, 39. Milde wie die reifste Traube, Weiße. Mildes Obst, im Gegensatze des sauern, herben. In weiterer Bedeutung ist mildes Obst im Oberdeutschen reifes Obst, mitia poma. 2) Der Intension nach, für gelinde; doch nur in einigen Fällen. Es regnet sehr milde. Ein milder Regen, ein sanfter, gelinder Regen. Mildes Wetter, gelindes. Ein mildes Urtheil, milde Strafe, gelinde. 3) Im moralischen Verstande ist milde liebreich, herab lassend, sanft, gesprächig, gütig, im Gegensatze der Härte und Schärfe des Gemüthes; ingleichen darin gegründet. Milde Thränen weinen, liebreiche. Ein milder Vater. Ein mildes Gemüth, milde Sitten. In den Kanzelleyen wird mildest und allermildest häufig für gnädigst und allergnädigst gebraucht. Etwas in mildeste Betrachtung ziehen. 4) Freygebig, geneigt sein Vermögen andern mitzutheilen, es zu andrer Nutzen zu verwenden, und in dieser Eigenschaft gegründet. Weil du denn so milde Geld zugibst, Ezech. 16, 36. Seine milde Hand aufthun. Sprichw. Der Milde gibt sich reich, der Geitzhals nimmt sich arm. Ihr Bäume, die ihr uns milde eure reifen Früchte gegeben, Geßn.
Die Fremden besser zu erfreuen,
Umsteckt der milde Wirth den Tisch mit dichten Maien,
Haged.
5) Nach einer Fortsetzung dieser Figur gebraucht man es auch, eine Freygebigkeit in Worten zum Nachtheil der Wahrheit auf eine gelinde und nicht beleidigende Art zu bezeichnen. Das war ein wenig zu milde gesprochen, war zu viel gesagt, zum Nachtheil der Wahrheit übertrieben. Ew. – sind hierin zu milde berichtet worden. 6) * Fromm, gottesfürchtig; eine veraltete Bedeutung. So heißt Ludwig der Fromme bey den ältern Schriftstellern mehrmahls Ludwig der milde. Milde Stiftungen, milde Sachen, im Oberdeutschen, piae causae. Dahin gehöret auch der eigentlich Oberdeutsche Ausdruck, nach der Nennung eines Verstorbenen christmilden oder christmildesten Andenkens hinzu zu setzen, welcher noch auf den Kanzeln und in den Kanzelleyen üblich ist. Kaiser Carl VI christmildesten Andenkens.
Anm. Im Oberdeutschen schon von den ältesten Zeiten her milt, im Angels. milde, milide, im Engl. und Schwed. mild, im Isländ. milde, im Griech. μειλιχος, im Russischen miloi, im Pohln. mily. Es ist mit Milch, schmelzen, Schmalz, mahlen, molsch, dem Latein. mollis, und andern dieses Geschlechtes genau verwandt. In Baiern ist mollede weich, mollis. Das e am Ende ist das e euphonicum, ohne welches das d wie ein t lauten würde.