Adelung Wörterbuch
Krieg
, des -es, plur. die -e. 1. * Eigentlich, das Geschrey; in welcher veralteten Bedeutung es zu dem alten Chrey, Chri, Franz. Cri, Geschrey, zu dem vermittelst des Zischlautes daraus gebildeten schreyen, und zu den verwandten krähen, kreischen, kreißen u.s.f. gehöret. Sege unde lof men horde kriegen, Segen und Lob man hörte schreyen, eine gereimte Chronik in den Script. Brunsu. bey dem Frisch. De ön mit grotes Loves Kriege untfengen, die ihn mit einem großen Lobgeschrey empfingen, ebend. De Luft erschall van Kriege grot, von großem Geschrey, ebend. Da nach einer gewöhnlichen Figur Ausdrücke, welche eigentlich einen Schall bezeichnen, auf Dinge angewendet werden, welche in das Gesicht fallen, so bedeutet Krik im Nieders. den Schein, Glanz, und krieken scheinen. Der Kriek van dem Tage, der Anbruch des Tages. Auf eben die Art wird brechen, welches gleichfalls einen in das Gehör fallenden Schall bezeichnet, mit seinen Ableitungen anbrechen, Pracht u.s.f. von Dingen gebraucht, welche durch das Gesicht empfunden werden. 2. Figürlich. 1) Zank, Streit; im Schwabenspiegel Krieg, wo auch kriegen widersprechen ist, in einer Urkunde von 1400 Chrieg, im Wendischen Kreh. In diesem Verstande kommt es noch zuweilen vor. Errette mich von den bösen Menschen, – die Böses gedenken in ihrem Herzen, und täglich Krieg erregen, Ps. 140, 3. Woher kommt Streit und Krieg unter euch? Jac. 4, 1. Immer Streit und Krieg haben. Besonders im Scherze. Wir wollen deßwegen keinen Krieg anfangen. Ingleichen nach einer noch weitern Figur. Zu heftig oder zu wenig begehren und verabscheuen ist ein innerlicher Krieg unsers Willens mit dem Verstande, Gell. 2) * In engerer Bedeutung, ein Streit vor Gerichte, ein Prozeß; im Schwabensp. Krieg. Zu Kriege werden, in einen Prozeß gerathen, in dem Augsburgischen Stadtbuche aus dem 13ten Jahrhunderte. Der mit dir will kriegen am Gericht, in einer alten Übersetzung des neuen Testamentes bey dem Frisch. Der Krieg Rechtens, ein Prozeß, der Kriegsvogt oder kriegerische Vormund, erkriegen, durch einen Prozeß erhalten, und andere Ausdrücke mehr, kommen in den Schriften der vorigen Zeiten noch häufig vor. Heut zu Tage aber ist es in dieser Bedeutung veraltet. S. Kriegsbefestigung. 3) Im gewöhnlichsten Verstande, der Zustand der öffentlichen Gewaltthätigkeiten zwischen Staaten oder beträchtlichen Theilen derselben; im Gegensatze des Friedens. Es ist Krieg. Es ist jetzt in ganz Europa Krieg. Krieg im Sinne haben. Krieg anfangen. Den Krieg ankündigen. Krieg führen. Den Krieg in die Länge spielen. Viele Kriege geführet haben. Im Kriege verwickelt, begriffen seyn. Einen Staat mit Krieg überziehen. Sich zum Kriege rüsten. Den Krieg endigen. In den Krieg gehen, Kriegsdienste nehmen. Jemanden in den Krieg schicken. Aus dem Kriege wieder nach Hause kommen. Ein innerlicher, bürgerlicher Krieg, unter den Gliedern eines Staates. Der kleine Krieg, die Streifereyen der ausgeschickten Parteyen. Der Landkrieg, im Gegensatze des Seekrieges.
Anm. In der letzten Bedeutung im Dän. und Schwed. gleichfalls Krig. Der Krieg hat in mehrern Sprachen seinen Nahmen von dem Schreyen, entweder wegen des Geschreyes in den Gefechten, welches noch bey vielen Völkerschaften üblich ist, oder überhaupt von dem mit dem Kriege unzertrennlich verbundenen Geräusche. Dahin gehören das Griech. κραυγƞ bey dem Theophrast, welches mit dem Deutschen von einem und eben demselben Stamme kerkommt, und βοƞ, welches eigentlich auch Geschrey bedeutet, das Latein. Bellum, ohne Zweifel von bellen, schreyen, brüllen, und andere mehr. Indessen ist es doch in dieser Bedeutung neuern Ursprunges, indem es vor dem 13ten Jahrh. nicht gefunden wird. Die Alten gebrauchten dafür Orlog, (S. dieses Wort,) Wig, Volkeswig, von wegen, bewegen, Werre, Engl. War, Franz. Guerre, Ital. Guerra, von wirren, verwirren, welches eigentlich auch eine Onomatopöie ist, und andere Ausdrücke mehr.
1. Kriegen
, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und so wie das Hauptwort eigentlich schreyen, hernach zanken, streiten und prozessiren bedeutete, jetzt aber in allen diesen Bedeutungen veraltet ist, wo man es nur noch für Krieg führen, in der dritten figürlichen Bedeutung des Hauptwortes gebraucht. Will die Stadt mit dir kriegen, so belägere (belagere) sie, 5 Mos. 20, 12. Das Land hörte auf zu kriegen, Jos. 11, 23.
Es mag ein andrer kriegen,
Dem Mars im Herzen steckt,
Opitz.
Anm. In dieser letzten Bedeutung bey den Schwäbischen Dichtern, und in einer Verordnung Kaiser Friedrichs von 1236 schon kriegen. Wenn ein Hund ein Thier anbellet, welches ihm stehet, oder Stand hält, so sagen die Jäger der Hund krieget. Ich weiß nicht, ob es hier zunächst streiten, oder bellen bedeutet.
2. † Kriegen
, verb. reg. act. welches nur im niedrigen Leben üblich ist. 1) Eigentlich, mit der Hand ergreifen. Jemanden bey dem Rocke, bey dem Kopfe kriegen. Kriege ich nur einen Stock. Die Äpfel hängen zu hoch, ich kann sie nicht kriegen. Ingleichen erhaschen, in seine Gewalt bekommen. Man hat den entflohenen Gefangenen wieder gekriegt; wo man auch in der sonst ungewöhnlichen passiven Gestalt sagt, er ist gekriegt, wieder gekriegt worden. Nun, warte du, ich will dich schon wieder kriegen, Weiße. Ha, kriegt man dich so! 2) Für bekommen, in dem ganzen Umfange der Bedeutung dieses Wortes. Eine Krankheit kriegen. Geld, Briefe, eine Bedienung, Gäste, Schläge kriegen. Ich werde ihn wohl nie wieder zu sehen kriegen. Ich kriege am Ende das Beste davon. Warte, du sollst es kriegen! Sollt er sie nicht zu Gesichte kriegen? Ein süßer Herr kriegt nie Verstand, Gell.
So kriegte ja der Großknecht, der mir pflügt,
Beynah so viel, als der Gelehrte kriegt,
Gell.
Ich kriege noch den Tod über euch, ebend. So fremd dieses Wort jetzt der edlern anständigern Sprech- und Schreibart geworden ist, so muß es doch ehedem nicht so niedrig gewesen seyn, weil man es oft in dem feyerlichen und erhabensten Zusammenhange findet. In Luthers Übersetzung der Bibel kommt es fast in allen Kapiteln vor, und so gebrauchen es auch noch Opitz und andere Dichter.
Zu zeigen, daß dein Volk von dir die Wahrheit kriegt,
Opitz.
Da ich im lebendigen Grabe
Der Glieder Stückwerk krieget (gekriegt) habe,
Opitz, Ps. 139.
Anm. Im Nieders. krigen. Es ist von greifen nur in dem Ableitungslaute verschieden, und Frisch führet verschiedene Beyspiele an, wo kriepfen für kriegen in der ersten Bedeutung vorkommt. So fern kriechen sich mit den Klauen auf der Erde forthelfen bedeutet, gehöret auch dieses mit zu der Verwandtschaft. Im Imperfecto und dem Mittelworte der vergangenen Zeit lautet das ie gemeiniglich kurz, da denn auch das g den Hauch des ch annimmt, als wenn es ich krichte, du krichtest u.s.f. gekricht, geschrieben wäre. Ja selbst im Präsenti spricht man in der zweyten und dritten einfachen Person an den meisten Orten, du krichst, er kricht.
Anm. In der letzten Bedeutung im Dän. und Schwed. gleichfalls Krig. Der Krieg hat in mehrern Sprachen seinen Nahmen von dem Schreyen, entweder wegen des Geschreyes in den Gefechten, welches noch bey vielen Völkerschaften üblich ist, oder überhaupt von dem mit dem Kriege unzertrennlich verbundenen Geräusche. Dahin gehören das Griech. κραυγƞ bey dem Theophrast, welches mit dem Deutschen von einem und eben demselben Stamme kerkommt, und βοƞ, welches eigentlich auch Geschrey bedeutet, das Latein. Bellum, ohne Zweifel von bellen, schreyen, brüllen, und andere mehr. Indessen ist es doch in dieser Bedeutung neuern Ursprunges, indem es vor dem 13ten Jahrh. nicht gefunden wird. Die Alten gebrauchten dafür Orlog, (S. dieses Wort,) Wig, Volkeswig, von wegen, bewegen, Werre, Engl. War, Franz. Guerre, Ital. Guerra, von wirren, verwirren, welches eigentlich auch eine Onomatopöie ist, und andere Ausdrücke mehr.
1. Kriegen
, verb. reg. neutr. welches das Hülfswort haben erfordert, und so wie das Hauptwort eigentlich schreyen, hernach zanken, streiten und prozessiren bedeutete, jetzt aber in allen diesen Bedeutungen veraltet ist, wo man es nur noch für Krieg führen, in der dritten figürlichen Bedeutung des Hauptwortes gebraucht. Will die Stadt mit dir kriegen, so belägere (belagere) sie, 5 Mos. 20, 12. Das Land hörte auf zu kriegen, Jos. 11, 23.
Es mag ein andrer kriegen,
Dem Mars im Herzen steckt,
Opitz.
Anm. In dieser letzten Bedeutung bey den Schwäbischen Dichtern, und in einer Verordnung Kaiser Friedrichs von 1236 schon kriegen. Wenn ein Hund ein Thier anbellet, welches ihm stehet, oder Stand hält, so sagen die Jäger der Hund krieget. Ich weiß nicht, ob es hier zunächst streiten, oder bellen bedeutet.
2. † Kriegen
, verb. reg. act. welches nur im niedrigen Leben üblich ist. 1) Eigentlich, mit der Hand ergreifen. Jemanden bey dem Rocke, bey dem Kopfe kriegen. Kriege ich nur einen Stock. Die Äpfel hängen zu hoch, ich kann sie nicht kriegen. Ingleichen erhaschen, in seine Gewalt bekommen. Man hat den entflohenen Gefangenen wieder gekriegt; wo man auch in der sonst ungewöhnlichen passiven Gestalt sagt, er ist gekriegt, wieder gekriegt worden. Nun, warte du, ich will dich schon wieder kriegen, Weiße. Ha, kriegt man dich so! 2) Für bekommen, in dem ganzen Umfange der Bedeutung dieses Wortes. Eine Krankheit kriegen. Geld, Briefe, eine Bedienung, Gäste, Schläge kriegen. Ich werde ihn wohl nie wieder zu sehen kriegen. Ich kriege am Ende das Beste davon. Warte, du sollst es kriegen! Sollt er sie nicht zu Gesichte kriegen? Ein süßer Herr kriegt nie Verstand, Gell.
So kriegte ja der Großknecht, der mir pflügt,
Beynah so viel, als der Gelehrte kriegt,
Gell.
Ich kriege noch den Tod über euch, ebend. So fremd dieses Wort jetzt der edlern anständigern Sprech- und Schreibart geworden ist, so muß es doch ehedem nicht so niedrig gewesen seyn, weil man es oft in dem feyerlichen und erhabensten Zusammenhange findet. In Luthers Übersetzung der Bibel kommt es fast in allen Kapiteln vor, und so gebrauchen es auch noch Opitz und andere Dichter.
Zu zeigen, daß dein Volk von dir die Wahrheit kriegt,
Opitz.
Da ich im lebendigen Grabe
Der Glieder Stückwerk krieget (gekriegt) habe,
Opitz, Ps. 139.
Anm. Im Nieders. krigen. Es ist von greifen nur in dem Ableitungslaute verschieden, und Frisch führet verschiedene Beyspiele an, wo kriepfen für kriegen in der ersten Bedeutung vorkommt. So fern kriechen sich mit den Klauen auf der Erde forthelfen bedeutet, gehöret auch dieses mit zu der Verwandtschaft. Im Imperfecto und dem Mittelworte der vergangenen Zeit lautet das ie gemeiniglich kurz, da denn auch das g den Hauch des ch annimmt, als wenn es ich krichte, du krichtest u.s.f. gekricht, geschrieben wäre. Ja selbst im Präsenti spricht man in der zweyten und dritten einfachen Person an den meisten Orten, du krichst, er kricht.