Adelung Wörterbuch
Katze
, ein sehr vieldeutiges Wort, welches von der Wurzel Kat vermittelst des Ableitungslautes s, der nach dem t allemahl in ein z übergehet, herstammet, und sehr vielfache Bedeutungen hat, welche bisher noch von niemand gehörig aus einander gesetzet worden, daher man die meisten Bedeutungen für Figuren von dem Nahmen der Katze, dieses so bekannten Thieres, gehalten hat. Die vornehmsten gleich klingenden aber der Bedeutung nach sehr verschiedenen Wörter dieser Art mögen etwa folgende seyn.  
1. Die Katze
, plur. inus. ein nur in dem zusammen gesetzten Hüttenkatze übliches Wort, diejenige Krankheit zu bezeichnen, welcher die Bergleute wegen der eingesogenen metallischen Ausdünstungen am häufigsten unterworfen sind, und welche in einer Lähmung vornehmlich aber in Engbrüstigkeit und Abzehrung bestehet. Wenn es in dieser Bedeutung nicht aus Asthma verderbt ist, so scheinet es zu dem alten quad, übel, böse, schlimm, Ital. cattivo, zu gehören. Bey dem Notker ist chazzon quälen, bey dem Ottfried Quist Qual, im Bretagnischen Quaez das Elend, und im Schwed. quiddrag keichend, hartschlägig. Hüttenkatze würde also eigentlich das Hüttenübel, die Hüttenkrankheit bedeuten. Hierher scheinen auch die zusammen gesetzten Katzenglas, Katzenglimmer, Katzenkerbel, Katzengold, Katzensilber, Katzenmünze u.s.f. zu gehören, unechtes, falsches Gold, Silber u.s.f. zu bezeichnen, weil keine begreifliche Verbindung zwischen diesen Dingen und dem Thiere dieses Nahmens Statt findet. S. auch Katzbalgen, ingleichen 6. Katze.
 
2. Die Katze
, plur. die -n, ein Wort, welches den Begriff der Verbindung, des Haltens, bey sich führet, aber nur noch in einigen wenigen Fällen üblich ist. Im Schiffbaue sind die Katzsparren oder Katzsporen Zimmerhölzer, welche über die Kielschwinne der Bauchstücke parallel geleget werden, die Glieder des Schiffes dadurch zu verbinden. Im Französischen werden sie Porques genannt. Es scheinet in dieser Bedeutung zu Kette, im Wallis. Chaden, zu gehören, S. Kette, Kitt. Vielleicht gehöret hierher auch die Katze, Nieders. Katt, ein kleiner Anker, welchen man vor einen größern legt, ihn dadurch zu verstärken; wo es aber auch zum folgenden gehören kann, weil eine andere Art eines kleinen Ankers auch unter dem Nahmen des Wurfankers bekannt ist. S. auch Wurfanker.
 
3. Die Katze
, plur. die -n, ein anderes Wort, worin der Begriff des Jagens, des Treibens, des Stoßens, Werfens und Schießens der herrschende ist, in welchem es gleichfalls nur noch in einigen einzelnen Fällen gebraucht wird.
1. Mit dem Begriffe des Jagens. 1) Im gemeinen Leben ist die Katze oder der Katzball eine Art des Ballspieles, besonders auf dem Lande, der Fangeball; wo denn Katze auch das dabey übliche Mahl oder den Standpunct bedeutet. Die Katze zeichnen, das Mahl abzeichnen. Eine Katze verlieren. Die Katzbahn, der zu diesem Spiele bestimmte Platz, und katzen, Katzball spielen. Im Nieders. ist Kätjevaar ein Spiel der Kinder, wenn sie einander haschen, und Keis der unverletzliche Ruheplatz, wo sie nicht ergriffen werden können. Es gehöret in dieser Bedeutung vermuthlich zu dem Engl. to catch, Ital. cacciare, Franz. chasser, Deutsch haschen und jagen. 2) In den nördlichen und einigen Niedersächsischen Gegenden ist die Katze, das Katzschiff, Nieders. Katt, ein kleines leichtes Schiff mit einem runden Hintertheile, mit Masten und Stängen aber ohne Mastkorb. Kits ist eine andere Art eines in den Niederlanden üblichen Fahrzeuges, welches zu den Hulken gehöret, und einen Deck- und Gabelmast führet. Es scheinet, daß diese Schiffe ihren Nahmen von ihrer Geschwindigkeit haben, da denn derselbe so viel als Jacht bedeuten, ja aus diesem Worte selbst entstanden seyn würde. Im alten Franz. ist Chaz und im mittlern Lat. Catta, Cattus, Gatus, Gattus, Gactus, eine ähnliche Art von Schiffen. S. Jacht und Kesser. 2. Mit dem Begriffe des Werfens oder Schießens, welches letztere selbst zu diesem Geschlechte gehöret. 1) Bey der vorigen Art Krieg zu führen, vor Erfindung des Schießpulvers, war die Katze eine Art des Sturmwerkzeuges, die Mauern damit einzustoßen, oder einzuwerfen; eine Sturmkatze. Es scheinet, man habe deren mehrere Arten gehabt, so wohl zum eigentlichen Stoßen, da denn die Katze eine Art eines Mauerbrechers war, als auch große Steine damit zu schleudern; in welchem letztern Verstande bey dem Königshoven das Wort Quotwerk vorkommt. In den ältern Deutschen Schriften wird dieser Katzen häufig gedacht. Nachdem Burkhard von Hohenfels, einer der Schwäbischen Dichter, gesagt hat, daß seine Dame so gar gewaltekliche fitze uf sines herzen turn, der so vest ist an allen siten, so fähret er fort:
 
Wie gehebe ich eine sturn
Das ich si getribe drabe
Eben hoehe katzen mangen
Mugent ir da niht erlangen.
 
Im mittlern Lat. heißen sie Cati, Gati Gatti, beym Vegetius schon Catti. 2) Nach Einführung des groben Geschützes behielt man die alten Nahmen, wie in mehrern ähnlichen Fällen, bey und da war die Katze, oder Feuerkatze, ein Kammerstück, wie ein Mörser, große steinerne Kugeln daraus zu schießen. Heut zu Tage ist diese Art des Geschütztes nicht mehr üblich.
Anm. Außer dem schon gedachten Franz. chasser, gehören zu der Verwandtschaft des Wortes Katze in dieser Bedeutung auch das Franz. jetter, daß Schwed. kasta, werfen, das Angels. Ceast, Engl. Cast, ein Wurf, das alte Gothische kesan, treiben, das Deutsche schießen und andere mehr.
 
4. Die Katze
, plur. die -n, ein Haken, oder doch ein einem Haken ähnliches Werkzeug; ein nur noch in einigen Gegenden übliches Wort. So ist in Liefland die Katze ein Werkzeug mit zwey langen Haken, Gebäude damit einzureißen, wo denn auch das Zeitwort katzen auf solche Art einreißen bedeutet. Im mittlern Lateine ist Gattus, im Franz. Chat, und im Schwed. Kaexa, gleichfalls ein Haken. Im Bergbaue bedeutet Küste eine Krücke.
 
5. Die Katze
, plur. die -n, noch mehr im Diminut. das Kätzchen, Oberd. Kätzlein, ein Bündel, ein Büschel. 1) Im gemeinen Leben, eine sehr gewöhnliche Benennung derjenigen cylindrischen, zuweilen kugelförmigen Kelche an verschiedenen Bäumen, welche mit weichen Blättern wie mit Schuppen bedeckt sind, unter welchen die Blüthen liegen. Die Weiden, Haselnüsse, Wälsche Nüsse, Birken, Kastanienbäume u.s.f. haben solche Kätzchen. Im Nieders. Kätsken, Kettjens, an andern Orten Palmen, besonders wenn sie noch in ihre Knospen eingehüllet sind, Lämmerchen, in der Lausitz Minsel. Dergleichen Katzen mit großen hölzernen Schuppen, wie z.B. die Tannenbäume haben, heißen Zapfen. Bey dem Frischlin lautet es in dieser Bedeutung Kotze. Im Schwed. ist Kotte, Strobilus, Griech. κοκκαλος, und im Nieders. Kasse ein Büschel, ein Blumenstrauß. 2) Bey den Schmieden wird ein Bündel oder Packet Eisen, welches sie zusammen schmieden wollen, eine Katze genannt.
 
6. Die Katze
, plur. die -n, ein Wort, welches in einigen Fällen einen harten Körper bedeutet. So pflegen die Bergleute die harten knorrigen Stellen und gelben mineralischen Adern in den Schieferbrüchen, welche das Spalten hindern, Katzen zu nennen. Es kann in dieser Bedeutung so wohl von quad, böse, S. 1. Katze und Katzbalgen, als auch von Kies, Kiesel, Lat. Cos, herstammen. Im mittlern Lat. sind. Caci Schachsteine und schon im Hebr. bedeutet חעץ einen Stein.
 
7. Die Katze
, plur. die -n, ein sehr altes Wort, welches ehedem eine Erhöhung bedeutete, und nur noch im Festungsbaue üblich ist, wo die Katze ein hohes Werk auf einem Bollwerke oder auf dem Hauptwalle ist, das Feld rings um die Festung zu entdecken; die Basteykatze, Wallkatze, Franz. Cavalier. Im Schwed. ist Kase und Kast, und im Griech. χωσος, ein Haufen, S. 1. Kasten. Diese Bedeutung ist mit der folgenden sehr genau verwandt, weil die meisten Wörter, welche eine Erhöhung bezeichnen, auch zugleich eine Vertiefung ausdrucken.
 
8. Die Katze
, plur. die -n, ein noch in verschiedenen Fällen übliches Wort, einen hohlen Raum, einen bedeckten Raum, hohles Behältniß, zu bezeichnen. 1) Im gemeinen Leben nennet man einen langen ledernen Geldbeutel, welchen man um den Leib gürtet, einen Geldgürtel, eine Katze, oder Geldkatze, im Nieders. Katt. Es ist in dieser Bedeutung im Ganzen genommen sehr alt, und von einer überaus großen Verwandtschaft, wohin besonders die Hochdeutschen Kaste, Kiste, Hotze, eine Wiege, Koth, ein kleines Gebäude, Kessel, Köthe, ein Schrank, Kietze, eine Art Körbe, Kutsche u.s.f. die Niederdeutschen Katße, ein großer hölzerner Schöpflöffel, Gatt, ein Loch, Kaute, eine Grube, die mittlern Lat. Cacea, Cacia, Franz. Chace, ein Kasten, Behältniß, das Lat. Cassis, ein Helm, ja selbst das Hebr. דכ, ein Gefäß, סוכ, ein Kelch, das Greich. χους, ein Becher, das alte Gothische Kas, ein Gefäß, und hundert andere gehören. Im Schwed. ist Kudde ein Tasche, im Türkischen Kize ein Beutel, Franz. Gousset. S. auch Gätze, welches im Oberd. eine Gelte bedeutet, und mit dem Nieders. Kauße, ein großer hölzerner Schöpflöffel, überein kommt. 2) So fern der Begriff der Bedeckung mit dem Begriffe des hohlen Raumes genau verbunden ist, war die Katze in dem ehemahligen Kriegeswesen ein bedeckter Gang, oder ein bedecktes Gerüst, unter welchem die Belagerer vor den Blicken und Angriffen der Belagerten sicher waren, welches man heut zu Tage eine Gallerie zu nennen pfleget; im ehemahligen Franz. Chat, im mittlern Lat. Catus, Cattus, Gatus, Gattus. Man muß diese Art von Katzen, welche in den ältern Deutschen Schriften noch häufig vorkommen, mit dem bey der dritten Nummer gedachten angreifenden Werkzeuge nicht verwechseln. Bey den Schwäbischen Dichtern geschiehet eines solchen Schirmdaches unter dem Nahmen der Katze mehrmahls Meldung.
 
9. Die Katze
, plur. die -n, Diminut. das Kätzchen, Oberd. Kätzlein, ein bekanntes vierfüßiges, fünfzehiges, kletterndes Thier, wovon die zahme Art sich unter den Menschen aufhält, und Hauskatze oder zahme Katze genannt wird, zum Unterschiede von den wilden Katzen, welche in den Wäldern leben. Der häufige Umgang des Menschen mit diesem Thiere hat zu verschiedenen figürlichen R.A. Anlaß gegeben. Wie Hunde und Katze mit einander leben, unverträglich, zänkisch. Er gehet darum herum, wie die Katze um den heißen Brey, er weiß nicht, wie er die Sache anfangen soll. Bey der Nacht sind alle Katzen grau. Er gehet davon, wie die Katze von dem Taubenschlage, in aller Stille. Die Katze im Sacke kaufen, etwas unbesehens kaufen. Der Katze die Schelle nicht anhängen wollen, sich um eines andern, oder der gemeinen Wohlfahrt willen nicht in eigene Gefahr begeben wollen; eine aus der Fabel entlehnte R.A. Katze ist ein allgemeiner Ausdruck, welcher das Geschlecht unentschieden lässet. Soll dieses näher bestimmt werden, so heißt das männliche der Kater, (S. dieses Wort,) und das weibliche, in engerer Bedeutung die Katze, bey einigen auch die Kätzinn, und in gemeinen Leben die Kietze und Kietzinn. Eine junge wird in Osnabrück. Kitte genannt. Wegen einiger Ähnlichkeit in der Gestalt führen noch einige andere Thiere diesen Nahmen, S. Meerkatze, Ziebethkatze; dagegen nach dem Linneischen System auch die Luchse, Parder und Tieger zu dem Geschlechte der Katzen gehören.
Anm. Der Nahme dieses Thieres ist sehr alt und allgemein. Im Nieders. lautet er Katte, im Angels. Engl und Dän. Cat, im Ital. Gatta, Gatto, im Franz. Chat, im mittlern Latein. Catta, Cattus, Catus, Gatus, im Wallis. Cath, im Bretagnischen Caz, im Russ. Kote, im Pohln. Kat, im Türkischen Kady, im Armen. Citto, im Lappländ. Gato, im Wallach. Katussa, im Böhm. Kocka. Die Abstammung ist ungewiß, weil mehrere Wörter mit gleichem Rechte darauf Anspruch machen können, und man nicht mehr weiß, welche Eigenschaft dieses Thieres dem ersten Erfinder seines Nahmens vorzüglich in die Augen gefallen, und ihm der Verewigung würdig geschienen. Ugutio leitete es von catus, klug, ab, Isidor von cattere, sehen, weil dieses Thier zur Nachtzeit siehet, Johann von Genua von capere, fangen, von welcher Eigenschaft es auch in der ältern Oberdeutschen Mundart Fohe genannt wird, (S. 3 Katze 1.) Wachter vom Franz. Guet, die Wache, anderer zu geschweigen. In dem 1483 zu Ulm gedruckten Buche Kelila und Dimme wird die Katze beständig Maushund genannt. Im gemeinen Leben hat man noch verschiedene andere Ausdrücke, eine Katze zu nennen, besonders wenn man sie ruft, z.B. Hietz, Mietz, im Nieders. Puse, in Hessen Baunsch u.s.f. Man hat endlich noch einige andere Thiere, deren Nahmen diesem Worte sehr nahe kommen, obgleich nicht zu bestimmen ist, wie nahe sie mit demselben verwandt sind. Dergleichen sind besonders der Kautz und die Kietz, eine Gaiß oder Ziege, Lat. Hoedus.
 
1. Katzen
, verb. reg. act. mit einer Katze einreißen, siehe 4. Katze.
 
2. Katzen
, verb. reg. neutr. mit dem Hülfsworte haben, Katzball spielen, S. 3. Katze 1. 1).
 
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