Adelung Wörterbuch
Häkse
, plur. die -n, der Kneibug an den größern Thieren, besonders an den Hinterfüßen derselben. In weiterer Bedeutung der ganze untere sehnige Theil des Fußes der größern Thiere, und gemeinen Leben Niedersachsens auch wohl der Menschen. Im Oberd. Hare, Hasche, Häsche, im Nieders. Hesse, im Osnabrück. und Pomm. Hespe; bey einigen Hochdeutschen auch wohl Häre, Here, Hesche. An den Schöps- und Kalbskeulen wird dieses Bein wegen einiger Ähnlichkeit auch die Flegelkappe, ingleichen das Mägdebein genannt, weil man es den Mägden zu geben pfleget. Es gehöret zu dem Worte Hacke und drucket wie dieses die Ähnlichkeit dieses Buges mit einem Haken aus. Ihre hält das bedeutende Schwed. Hasnar für ein von Hah, die Hacke, Ferse, und Sino, Sehne, zusammen gesetztes Wort. In der Monseeischen Glosse kommt aus 2 Kön. 8, 4 subnervavit vor, welches daselbst hasneta übersetzt wird. Schilter hält es für einem Fehler und will abasnita lesen; allen es bedarf dieser Verbesserung nicht, weil hasneta zu unserm Worte gehöret, und die Häksen abschneiden bedeutet. Frisch führet aus einer handschriftlichen Bibel-Übersetzung in der königl. Bibl. zu Berlin aus Josua 11 die Stelle an; Ihre Rosse sollt du enthehsenen, welches eben das ist.  
1. Halb
, halben und halber, drey Partikeln, wovon wenigstens die beyden eigentlich Hauptwörter sind, und welche jetzt noch in folgenden Fällen gebraucht werden. 1) * Die Seite eines Körpers zu bezeichnen. Bey den Schwäbischen Dichtern bedeutet anderthalp, auf der andern Seite, bey dem Ottfried in allon anahalban min, auf meiner ganzen Seite. Doch in dieser Bedeutung ist es außer dem Worte allenthalben nunmehr veraltet, S. Halbe und Allenthalben. Im Oberdeutschen hat man noch beydenthalben, auf beyden Seiten, und enhalb für jenseit. 2) Die Gegend, die Richtung in Beziehung auf einen andern Körper, wo das halb noch in einigen zusammen gesetzten Nebenwörtern vorkommt, und ungefähr so viel als -wärts bedeutet. Außerhalb, oderhalb, innerhalb, unterhalb, die äußere, obere, innere und untere Gegend eines Dinges zu bezeichnen. Da diese Nebenwörter alle Mahl die zweyte Endung des Hauptwortes erfordern, innerhalb der Stadt, unterhalb des Flusses, daher sie von einigen auch unter die Präpositionen gerechnet werden, so erhellet, daß halb auch hier eigentlich das folgende Hauptwort die Halbe ist. Einige legen diesen Nebenwörtern auch noch die dritte Endung bey, welches aber in der anständigen Sprechart ungewöhnlich ist, und nur noch zuweilen bey dem großen Hausen vorkommt; z.B. innerhalb drey Tagen, für innerhalb dreyer Tage. Siehe diese Wörter selbst. Im Oberdeutschen hänget man dieses halb noch an andere Wörter. Sonnenhalb kommt bey dem Walser für südwärts vor, und in Boxhorns Glossen findet sich northhalba und sundhalba für nordwärts und südwärts. 3) Figürlich, werden halben und halber, so wie die ähnlichen Vorwörter willen und wegen, oft gebraucht, einen Bewegungsgrund zu bezeichnen, da sie denn die zweyte Endung des Hauptwortes erfordern und alle Mahl hinter demselben stehen. Ich thue es der Freundschaft halben. Deiner Verbrechen halben wirst du gestraft. Die Welt ist gewiß nicht allein des Menschen halben erschaffen. Ich habe ihn noch einiger Sachen halben zu sprechen. So auch ohne Artikel. Alters halber hätte er noch lange leben können. Gewissens halber zu etwas verbunden seyn. Halben wird in diesen Fällen gesetzet, wenn das vorher gehende Hauptwort den Artikel ausdrücklich bey sich hat; halber aber, wenn derselbe fehlet, da denn der Articulus Propositivus dessen Stelle vertritt. Etwas des Gewinstes halben thun, oder etwas Gewinstes halber thun. Die meisten gebrauchen halben und halber ohne diesen Unterschied zu beobachten, der doch sehr gegründet zu seyn scheinet. Wenn kein Artikel vorhanden ist, so pflegen viele das halber mit dem vorher gehenden Hauptworte zusammen zu ziehen; scheinshalber oder Scheinshalber, Bethenshalber, Neidshalber, Ehren, welches im gemeinen Leben mit dem hier sehr übel angebrachten t euphonico ehrenthalber lautet. Allein richtiger schreibt man sie getrennt, Scheines halber, Ehren halber. Ein wirklicher Fehler aber ist es, wenn man noch das Vorwort um dazu setzet, welches hier völlig überflüssig ist, obgleich Gottsched sagt, um des Wohlstands halber, für des Wohlstandes halben.
Halb und halben werden auch häufig mit einigen demonstrativen und relativen Fürwörtern zusammen gesetzet, welche alsdann gleichfalls in der zweyten Endung stehen, und mit diesen Wörtern die Gestalt eines Bindewortes bekommen. Derhalb oder derhalben, und nach der ältern Form derohalben, deßhalb oder deßhalben, weßhalb oder weßhalben, wo der, deß und weß die verkürzten Genitivi für derer oder deren, dessen und wessen sind, welche auch wohl im gemeinen Leben wirklich gebraucht werden, aber alsdann das t euphonicum annehmen; derenthalben, dessenthalben, wessenthalben. Siehe 2. Der Anm. 3. Für derhalb sagt man lieber derhalben, aber deßhalb und deßhalben, weßhalb und weßhalben scheinen gleichgültig zu seyn; nur halber, welches viele in diesen Zusammensetzungen gleichfalls gebrauchen, möchte schwer zu vertheidigen seyn, weil halben eigentlich die dritte Endung des Plurals von dem Hauptwort Halbe ist, welche von einem ausgelassenen Vorworte regieret wird. Eben dieses gilt auch, wenn halben mit den zueignenden Fürwörtern mein, dein, sein, unser, euer, ihr, zusammen gesetzet wird, von welchen nur noch dieses zu merken ist, daß sie um des Wohlklanges willen statt des n ihres Genitivs, ein i annehmen; meinethalben, deinethalben, seinerhalben, unserhalben, eurethalben, ihrethalben, für meinen, deinen, seinen, unsern, euren, ihren Halben. S. 2. Dein I. wo schon das nöthigste von dieser Zusammensetzung gesagt worden. Auf ähnliche Art sagt Cicero pro mea parte, meinethalben.
Ehedem waren halb und halben noch in einigen andern Fällen üblich. Ist minan halbun gedan, heißt bey dem Ottfried, ist in meinen Nahmen gethan. Vbe Gott unser halp ist, bedeutet bey dem Notker, wenn Gott für uns ist.
 
2. Halb
, ein Bey- und Nebenwort, welches Einen Theil von zwey gleichen Theilen, worein ein Ganzes getheilet wird, bezeichnet.
1. Eigentlich, wo es nicht bloß von Körpern, sondern auch von der Zeit, dem Raume und mit Einem Worte von allen Dingen gebraucht wird, welche als ein Ganzes betrachtet werden können, und wobey man sich eine Theilung in zwey gleiche Theile oder Hälften gedenken kann. Ein halbes Brot, ein halber Apfel, der halbe Theil, eine halbe Kugel, ein halber Bogen Papier. Eine halbe Meile, eine Elle, ein halbes Pfund, ein halber Zentner. Acht Fuß und ein halber. Der halbe Mond. Ein halber Feyertag, wovon nur die eine Hälfte gefeyert wird. Ein halber Ton. Ein halbes Jahr, ein halber Tag, eine halbe Stunde. Ein halber Thaler, ein halber Gulden, ein halber Louis d'or. Die Augen nur halb öffnen. Ich habe es nur halb, d.i. ich habe nur Eines von den zwey Theilen des Ganzen. Das Gefäß ist nur halb voll, es ist schon halb leer, bis auf die Hälfte. Etwas halb von einander brechen, schneiden u.s.f. Es ist nur halb so groß. Wo in vielen Fällen auf die Gleichheit der Theile nicht so genau gesehen wird.
Halb London saß nunmehr an dem bestimmen Ort, Gell. Halb ein Mensch und halb ein Fisch seyn, oder halb Mensch, halb Fisch seyn.
Doch welch Entsetzen, seine Schöne,
Sein Liebling war halb Mensch, halb Fisch,
Gell.
 
Unsterblich, doch des Todes Raub,
Sind wir halb Engel und Staub,
Cron.
 
In halben Tagen, oder zu ganzen halben Tagen spazieren gehen, d.i. mehrere halbe Tage, oft einen halben Tag spazieren gehen. Zu halben Stunden plaudern.
 
Die halbe Jahre lang sich kalt zu stellen wissen,
Gell.
 
In manchen Fällen wird so wohl das Bey- als auch das Nebenwort gebraucht, des Punct oder die Linie zu bezeichnen, welche das Ganze in zwey gleich große, oder beynahe gleich große Theile theilet; die Mitte. Jemanden auf halben Wege begegnen, d.i. auf der Hälfte des Weges. Auf den halben Mann anschlagen, mit einem Feuergewehre nach der Mitte des Mannes zielen. Im gemeinen Leben sagt man auch im halben Märzen, im halben Aprill u.s.f. für in der Mitte des Märzes; auf der halben Zeit seyn, in der Hälfte oder der Mitte der Schwangerschaft; bis in den halben Tag schlafen u.s.f. Am häufigsten als ein Nebenwort von den Stunden der Uhr. Es ist halb zehen, d.i. neun Uhr und eine halbe Stunde. So auch halb eins, halb zwey u.s.f. Ich komme um halb fünf. Mit den ordnenden Zahlwörtern wird halb auf eine besondere Art verbunden, halbirende Grundzahlen daraus zu bilden, welche denn unabänderlich sind, und weder in Ansehung des Geschlechtes noch der Zahl verändert werden, auch keinen Artikel vor sich leiden. Anderthalb, d.i. eines und ein halbes; dritthalb, zwey und ein halbes; vierthalb, drey und ein halbes; dreyßigsthalb, neun und zwanzig und ein halbes. Anderthalb Jahr oder anderthalb Jahre. Dritthalb Gulden. Er both mir es um vierthalb Thaler. Ich habe ihn in fünfthalb Jahren nicht gesehen. Im gemeinen Leben pflegt man diese halbirenden Zahlen zuweilen zu decliniren, und in manchen Grammatiken findet man gar die Declination vorgeschrieben. Es sind anderthalbe Lage, vor drittehalben Jahren. Allein es ist solches ein eben so großer Mißbrauch, als wenn man diese halbirenden Grundzahlen zu Ordnungszahlen macht, wie im Oberdeutschen üblich zu seyn scheinet. Es gehet in das dritthalbe Jahr, für, es sind bald dritthalb Jahre, oder, es gehet in die Hälfte des dritten Jahres, oder es gehet in das fünfte halbe Jahr. Man kann auf solche Art aus allen Zahlen halbirende Zahlen bilden; ein und zwanzigsthalb, d.i. zwanzig und ein halbes; neun und neunzigsthalb, acht und neunzig und ein halbes; hunderrsthalb, neun und neunzig und ein halbes; tausendsthalb, neun hundert neun und neunzig und ein halbes u.s.f. Dieser Gebrauch der ordnenden Zahlwörter mit dem Worte halb hat etwas besonders an sich, aber er ist doch schon alt. Im Ripuarischen Gesetze Kap. 20, heißt es; quinto dimidio solido culpabilis iudicetur, d.i. fünfthalb Schillinge; in dem Bündnisse der Könige Alfred und Godrin; reddat 34 solid. cum Anglis et cum Danis tres dimidias marcas, dritthalb Mark, nicht drey; im Sachsenspiegel: quartus dimidius numerus. Auf ähnliche Art war bey den Griechenτριτον ƞμοιβολιον dritthalb Häller; ἑβδομον ƞμιταλαντον siebenthalb Talente.
2. Figürlich. 1) Von der Qualität, den Graden der Beschaffenheit, der Stärke u.s.f. im Gegensatze des ganz, wo aber auf die Gleichheit der Grade nicht so genau gesehen wird. Ein halber Feyertag, der nicht so feyerlich wird, als ein ganzer. Ein halber Beweis, der noch keine völlige Überzeugung gewähret. Mit halber Stimme singen. Eine Sache nur halb verstehen. Er war schon halb todt. Noch halb schlafen. Halb betrunken seyn. Ihr seyd schon eine halbe Leiche, Gell. Es ist nur halb wahr. Halbe Wahrheiten, Dinge, von denen die Hälfte erlogen, und die andere erkünstelt ist, Hermes. Halbe Farben, in der Mahlerey, S. Mittelfarben. Die halbe Trauer, im Gegensatze der ganzen. Etwas mit halben Augen sehen. Mit halben Winde fahren, in der Schifffahrt. 2) Besonders mit dem Nebenbegriffe der Unvollkommenheit. Gott nur halb dienen. Ich habe es nur gehöret. Seine Sachen nur halb verrichten. Es ist weder halb noch ganz, d.i. sehr unvollkommen. Er ist nur ein halber Mann, ein halber Gelehrter u.s.f. Halb und halb, im gemeinen Leben, für mittelmäßig, ein wenig, unvollständig. Ich habe es nur so bald gehört. Hast du der Sache nachgedacht, die ich dir vorhin so halb und halb vor vorschlug? Less. Er gefällt mir halb und halb. 3) In andern Fällen gebraucht man dieses Wort, ein Ding von kleinerer oder geringerer Art anzudeuten, als ein anderes von gleicher Art ist. Eine halbe Karthaune, im Gegensatze einer ganzen. S. auch die Zusammensetzung Halbbier, Halbvogel u.s.f.
Anm. Halb, bey dem Ulphilas und Ottfried schon halb, im Nieders. half, im Angels. healf, im Engl. und Schwed. gleichfalls half, im Dän. halv, im Wendischen pol, ist in dieser Bedeutung eine Figur von dem vorigen Worte halb und von halbe, so sein es die Seite eines Dinges bezeichnet. S. Halbe und Hälfte. Man kann dieses Wort fast mit allen Haupt- und Beywörtern zusammen setzen, eine mehrere der jetzt gedachten Bedeutungen auszudrucken; wovon folgende etwa die bekanntesten seyn möchten. Mit Neben und Beywörtern wird es oft, aber eben so irrig zusammen gezogen, als wenn man ganz mit ihnen zusammen ziehen wollte. Man schreibt daher lieber halb barbarisch, halb erhaben, halb tief u.s.f. als halbbarbarisch, halberhaben, halbtief. Einige wenige ausgenommen, wo andere Gründe die Zusammenziehung erfahren, als halbbürrig, halbjährig, halbfuderig u.s.f. S. die Sprachlehre.
 
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