Adelung Wörterbuch
Gemāch
, -er, -este, adj, et adv. 1. * Eigentlich, weich, sanft, dem Gefühle nach; welche im Deutschen längst veraltete Bedeutung noch das Schwed. mjuk, das Isländ, mjukr, das Engl. meek, und das Wallisische mwyth, haben. 2 Figürlich, langsam, gelinde, der Bewegung nach. 1) Eigentlich. So wollten wir – dein Weib lassen so gemach hernach ziehen, Tob. 11, 3. Gemach reiten, gehen, fahren. Das Pferd gehet einen gemachen Schritt. Gemach arbeiten. Sie ruderten gemach der Heimath wieder zu, Kleist.  
Mach von schnee einen pallen
Und laß den gmach herabfallen,
Theuerd. Kap. 36.
 
2) Nach einer noch weitern Figur. (a) Gelinde, den innern Graden der Stärke, der Heftigkeit nach.
 
Herr ich bin euch wolt thun gemach
Unnd vernemet doch die Wort mein,
Theuerd. Kap. 81,
 
thut nicht so ungestüm, nicht so hitzig.
 
Darumb solt ir einander mal
Dest gemecher thun,
Theuerd. Kap. 81,
 
Zuweilen that die Flamme gemach, Weißh. 16, 18. Die Creatur thut gemach, zur Wohlthat u.s.f.v. 24. Dagegen thut mancher gemach, der wohl Hülfe bedürfte, Sir. 11, 12. Es regnet ganz gemach. Gemach, Herr Chrysander! Less. nicht so heftig! nicht so hitzig! (b) Bequem, mit wenig Beschwerde oder Reitzungen zu unangenehmen Empfindungen verbunden. Gemach leben. Ein gemaches Leben. Ingleichen Hindernisse scheuend. Ein gemacher Mensch. In beyden Bedeutungen ist gemächlich im Hochdeutschen üblicher, S. dasselbe.
Anm. Bey dem Ottfried bedeutet gimach, und in Boxhorns Glosse kimah, geschickt, bequem, aptus. Die erste Sylbe ist die müßige Oberdeutsche Verlängerung, die zuweilen noch durch ein all vermehret wird; S. Allgemach. Im Nieders. ist mack zahm, friedfertig, sanftmüthig, Engl. meek, Isländ. mjuk. Da dieses Wort allem Ansehen nach zuerst weich bedeutet hat, so gehöret auch das Lat. mollis zu dessen Familie; denn daß der starke Hauchlaut nicht wesentlich ist, erhellet unter andern auch aus den Wörtern allmählich, mählich, und dem Böhm. pomalu, gemach, allmählich. Im Hochdeutschen kommt es immer seltener, und auch hier nur als ein Nebenwort vor. Mit dem Zeitworte machen hat es wohl nichts als eine bloß zufällige Ähnlichkeit des Klanges gemein. S. das folgende.
 
1. Der
oder das Gemāch
, des -es, oder die Gemache, plur. inus. ein im Hochdeutschen größten Theils veraltetes Wort, welches noch im Oberdeutschen vorkommt, und Friede, Ruhe, bequemen Aufenthalt, Gemächlichkeit u.s.f. bedeutet. Ich wil dir schicken guot gemach von dem wolfe, Fabeln der Schwäb. Dichter, Fab. 55.
 
Nu hat gar ein ende
Genomen der gemach,
Den uns e suogte Ruodeger,
Chriemh. Rache St. 117.
 
Die gute Aufnahme. Daß Land und Leidt im Fried und Gemach gesetzt werde, in einer Österr. Urk. von 1440.
 
Theuwrdank het kein rich noch gemach
Bis er der kunigin lannd ersah,
Theuerd.
 
Durch die Obrigkeit erhält uns Gott allermeist unser täglich Brot, und alle Gemach dieses Lebens, Luth. im großen Catech. Gunst, Ehre, Macht, Gemach, und gute Bissen, Logau.
 
Was thut und duldet nicht, der Mensch um gut Gemach,
Logau.
Anm. Im Nieders. Gemak,Ruhe, Friede, und Mak, Bequemlichkeit, im Dän. Mag, im Schwed. und Isländ. Mak. Aus den angeführten Beyspielen erhellet, daß es in allen drey Geschlechtern üblich ist; obgleich dessen Gegensatz Ungemach im Hochdeutschen nur das ungewisse erkennet. Für Bequemlichkeit ist im Hochdeutschen Gemächlichkeit üblich. S. das vorige.
 
2. Das Gemāch
, des -es, plur. die Gemächer, mit einem geschärften ä, ein Zimmer eines Hauses, am häufigsten von den Zimmern eines Pallastes. Bringet die Braut aus ihrem Gemache, Joel 2, 16. Die königlichen Gemächer. So auch das Tafelgemach, das Schlafgemach, das Vorgemach u.s.f. Das heimliche Gemach, der Abtritt, das Privet.
Anm. Von einem Zimmer kommt dieses Wort zuerst bey dem Stryker vor. Im Dän. lautet es Gemak, und im Schwed. Mak. Im Oberdeutschen bedeutet es auch so viel als ein Stockwerk, und das Pohln. Gmach bezeichnet auch ein Haus. Gemeiniglich leitet man es von dem Zeitworte machen her, und Frisch führet zum Beweise dieser Ableitung eine Stelle aus Hagens Chronik bey dem Pez an, wo es in der Bedeutung eines Zimmers Gemächt lautet. Allein es scheinet doch, daß man es mit Ihre mit mehrerm Rechte von dem vorigen Gemach, Bequemlichkeit, ableiten könne, da dieses mehrmahls in der Bedeutung eines bequemen Aufenthalts, einer Wohnung gefunden wird.
 
– Ein yder zog
Anheim wieder an sein gemach,
Theuerd. Kap. 17,
 
in seine Heimath, in seine Bequemlichkeit. Im Finnischen ist Maco gleichfalls der Abtritt. Luther hat in der Deutschen Bibel den alten Oberdeutschen Plural, die Gemache für Gemächer, beständig beybehalten. In manchen, besonders Niederdeutschen Gegenden spricht man das a auch im Singular geschärft, Gemách, welches aber theils wider die ganze Verwandtschaft, theils wider den Hoch- und Oberdeutschen Sprachgebrauch ist; indessen rühret doch daher das geschärfte a des Plurals.
 
3. Das Gemách
, mit einem geschärften a, des -es, plur. car. von dem Zeitworte machen, das Machen, in verächtlicher Bedeutung. Ein elendes Gemach, eine elende Arbeit. S. Gemächt. Bey dem Ottfried ist Gimacho ein jedes verfertigtes Werk. Ja eben derselbe nennet ein jedes Ding, und an Einem Orte sogar die Natur Christi, ein Gimah.
 
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