Adelung Wörterbuch
Feige
, -r, -ste, adj. et adv. 1. Eigentlich, mürbe, weich, von welchem Worte es nur in der Aussprache und Schreibart verschieden ist. In dieser größten Theils veralteten Bedeutung ist es nur noch in dem Bergbaue üblich, wo das Gestein feige wird, wenn es mürbe, locker wird, so daß es sich ablösen will. Eben daselbst werden die Schächte und Stollen feige, wenn das Holzwerk faul wird. S. Weich. 2. Figürlich, dem Gemüthe nach weich. 1) * Weichlich, verzärtelt.  
Ni si man nihein so feigi,
Ther zuuei gifang eigi,
 
niemand sey so weichlich, daß er zwey Röcke habe, Ottfried B. 1, Kap. 24. Eine veraltete Bedeutung. 2) * Betrübt, traurig, niedergeschlagen; in welcher gleichfalls, veralteten Bedeutung dieses Wort in dem alten Gedichte auf Carln den Großen Vaig lautet. 3) * Dem Tode nahe, in den letzten Zügen liegend, doch nur im Nieders. und den verwandten Mundarten; Nieders. fege, bey dem Ulphilas feigur, im Angels. faeg, im Isländ. feigur, im Schwed. feg, wo auch Fegd der Zustand eines Sterbenden ist. 4) Die Gefahr mehr als nöthig und klüglich ist scheuend, verzagt, muthlos, welche Bedeutung im Hochdeutschen allein noch üblich ist. Feige Soldaten. Ein feiges Herz. Eine feige Memme, in der niedrigen Sprechart, ein feiger Mensch. Er bewies sich sehr feige.
Anm. Im Nieders. feeg, im Dän. fej, im Holländ. veeg. Ehedem bedeutete es auch einen überwundenen Feind, S. Frisch v. Faig, und im Niedersächsischen ist es auch so viel als wenig, wo es aber ein eigenes Wort zu seyn scheinet, welches zu dem Goth. fawai, dem Angels. fea, feawa, dem Schwed. fae, dem Engl. few, dem Franz. peu, dem Lat. paucus und alten Oberd. foi, fohe, gehöret. Im Oberdeutschen lautet dieses Wort nur feig; allein die gelinde Hochdeutsche Aussprache des g macht hier das e euphonikum nothwendig, S. E.
 
1. Die Feige
, plur. die -n, die fleischige Frucht des Feigenbaumes, und dieser Baum selbst; Ficus L. Dieser in der Naturgeschichte so merkwürdige Baum ist aus Asien nach Griechenland und Italien, und von da unter dem Julian nach Frankreich, und endlich nach und nach in das übrige Europa gekommen. Wegen einiger Ähnlichkeit der Frucht oder Blätter führen noch verschiedene andere Gewächse diesen Nahmen. Die Indianische Feige, Cactus Ficus Indica L. ist in dem wärmern Amerika zu Hause, und hat längliche eyförmige Gelenke, welche den Feigen gleichen. Die Afrikanische Feige, Mesembryanthemum L. hat ähnliche Blätter. Das Eiskraut ist eine der bekanntesten Arten derselben. Einem die Feigen weisen, d.i. einem mit geballter Faust drohen, ist ein im Oberdeutschen üblicher, vermuthlich aus dem Ital. mostrar oder far le fiche ad uno, entlehnter Ausdruck, welcher von der Ähnlichkeit der Faust mit der Frucht des Feigenbaumes hergenommen seyn soll. Im Span. lautet dieser Ausdruck hacer la higua, im Franz. faire la figue, und im mittlern Lat. bey dem Carpentier ficham facere, und ficus facere, wo es aber auch ein Verhöhnen durch Aufhebung des mittelsten Fingers bedeutet, und als eine Injurie verbothen wird.
Anm. Der Nahme dieser Frucht und ihres Baumes ist mit der Sache selbst aus entferntern Gegenden zu uns gekommen. Im Lat. lautet er Ficus, im Ital. Fico, im Franz. Figue, im Span. Higua, im Engl. Fig, im Nieders. Fige, im Dän. Fige, im Schwed. Fikon, im Sclavon. und Wend. Figa und Fik, und schon bey dem Ottfried Figo. Ist es erlaubt, bey einem so alten und fremden Worte eine Muthmaßung zu wagen, so hat entweder die weiche, saftige Beschaffenheit der Frucht, (S. Feige adject.) oder auch ihre Größe und runde Gestalt zu dieser Benennung Gelegenheit gegeben, so daß dieser Nahme zu Bak, Bauch, Buckel, Wicke und andern dieses Geschlechtes gehöret.
 
2. * Die Feige
, plur. die -n, ein Schlag; ein völlig veraltetes Wort, welches nur noch in dem zusammen gesetzten Ohrfeige üblich ist, S. dieses Wort.
 
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