Adelung Wörterbuch
Fêhlzug
, des -es, plur. die -züge, ein falscher, wider die Absicht gethaner Zug. Einen Fehlzug thun.
1. Die Fēhm
, plur. die -en, eine alte Sächsische Benennung des Blutbannes, des Halsgerichtes, oder der peinlichen Gerichtsbarkeit, deren Ausübung und des Gerichtes, welches sie ausübet. Besonders einer Art ehemahliger peinlicher Gerichte in Westphalen, welche inquisitorisch verfuhren, und sich durch ihre Strenge und nachmahligen Mißbräuche durch ganz Deutschland furchtbar und verhaßt machten, bis sie endlich im 15ten Jahrhunderte eingeschränkt, und im sechzehnten völlig abgeschaffet wurden. Weil die überall vertheilten Schöppen dieser Gerichte größten Theils unbekannt waren, ihre ganze Art zu verfahren auch sehr geheim gehalten wurde, so führeten sie auch den Nahmen der heimlichen Gerichte, sonst aber auch der Freystühle, der Freygerichte, der Fehmdinge, Freygedinge, der Westphälischen Gerichte u.s.f. Der ehemahligen gemeinen Meinung zu Folge soll Carl der Große diese Gerichte als eine Art der Inquisition wider die neu bekehrten und zum Abfalle geneigten Sachsen errichtet haben; welches aber von vielen mit Gründen bestritten worden. Übrigens lautete dieses Wort auch Vehm, Feim, Fein; eine Sache, welche für dieses Gericht gehörete, wurde eine Fehmsache, Fehmwroge, Fehmrüge, der Richter Fehmer oder Feimer, Freygraf, die Beysitzer Fehmschöppen, Freyschöppen, und die daselbst üblichen Rechte und Gewohnheiten das Fehmrecht genannt.
Anm. Man hat eine Menge wunderlicher Ableitungen dieses Wortes, worunter immer eine an Unwahrscheinlichkeit und Ungereimtheit von der andern übertroffen wird. Frisch lässet den Nahmen dieses Gerichtes von der Zahl fünf abstammen, weil diese Gerichte mit so vielen Richtern besetzet gewesen; zumahl da fünf, im Salischen Gesetze fimmiha, im Schwed. fem und Isländ. fimm lautet, es auch noch jetzt an mehrern Orten Gerichte und Collegia gibt, die von der Zahl ihrer Glieder Fünfergerichte genannt werden. In der Schwedischen Provinz Ostgothland war ehedem gleichfalls ein Gericht, welches Femt hieß, weil die Ladungen vor dasselbe, wie Ihre will, von fünf zu fünf Tagen gingen. Allein da sich in der Geschichte der Fehmgerichte nirgends eine Zahl fünf finden will, diese Zahl auch im Niedersächsischen beständig five heißt, so fällt auch diese Ableitung weg. Wer eine bessere finden will, muß erwägen, 1) daß dieser Ausdruck ein altes Sächsisches Wort ist, folglich nur in dieser Mundart aufgesucht werden kann. 2) Daß er nicht ein eigenthümlicher Nahme der heimlichen Westphälischen Gerichte, sondern eine allgemeine Benennung der peinlichen Gerichtsbarkeit und deren Ausübung ist, wie unter andern auch aus dem Worte Fehmstätte erhellet. 3) Daß verfehmen in Sachsen ehedem verbannen bedeutete, und alsdann ein Synonimum von verfähren war, so wie die Fahre oder Vara gleichfalls als eine besondere Art der Fehmgerichte bekannt ist, (S. 2 Fahren.) Alsdann wird man die Ableitung dieses Wortes von fahen, welches im Niedersächsischen in mehrern Zweigen ein m annimmt, (S. Faden und das folgende,) vielleicht schicklicher finden, als Wachters Herleitung von dem Schwed. im Deutschen aber unbekannten fimur, schnell, flüchtig. Fehm könnte also im Nieders. auf eben die Art von fahen gebildet seyn, wie das Oberdeutsche Bann von binden.
2. Die Fehm
, plur. inus. ein gleichfalls nur in Ober-und Niedersachsen übliches Wort, die Frucht der Eich- und Buchbäume zu bezeichnen, so fern sie zur Mästung der Schweine dienet, die Mast, und das Recht, die Nutzung von dieser Mast zu ziehen. Die Schweine in die Fehm treiben, S. Einfehmen. Sie aus der Fehm nehmen, S. Ausfehmen.
Anm. Auch dieses Wort scheint von dem Zeitworte fahen herzukommen, welches ehedem auch umfassen, einfangen, einstellen, bedeutete, so wie das Schwed. famna, weil die Wälder zum Behuf dieser Nutzung eingeschlossen oder befriediget zu werden pflegen, oder auch weil man die Schweine alsdann in die Wälder einzuschließen pflegt. Fehm würde alsdann zunächst einen umschlossenen Wald, einen Bannforst bedeuten. Frisch hat den wunderlichen Einfall, dieses Wort sey eine Anspielung auf das vorige Fehmgericht, weil man den Schweinen nach der Mast den Prozeß zu machen und sie zur Fehmstätte zu führen pflege.
3. Der Fehm
, des -es, plur. die -e, oder der Fehmen, des -s, plur. ut nom. sing. in Ober- und Niedersachsen, ein Haufen, doch nur einige Arten desselben. 1) Ein Haufen gefälltes Holz, welcher eine Klafter hoch und breit ist; im Hochdeutschen ein Faden, Nieders. Faem, Viem S. Faden. 2) Noch häufiger, ein großer Haufen, der von Korngarben, Stroh oder Heu errichtet wird, besonders wenn in der Scheuer nicht Raum genug vorhanden ist, selbiges aufzubewahren; in Hamb. ein Dymen, in Pomm. eine Miethe, an andern Orten eine Triste, ein Schober. Ein Getreidefehmen, Heufehmen, Strohfehmen. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort Feim, Feimen; an einigen Orten ist es auch weiblichen Geschlechtes, die Fehme, oder Feime. In Bremen ist Fiem eine Zahl von hundert Korngarben.
Anm. Auch dieses Wort gehöret vermuthlich zu dem alten Zeitworte fahen, nicht bloß, weil ein solcher Fehmen gerade so hoch und breit ist, als man mit ausgespannten Armen reichen kann, wie ein Faden Holz, sondern so fern es ehedem überhaupt an einen gewissen Ort einschließen, aufhäufen, bedeutete. Man müßte es denn zu einem alten nordischen Stammworte rechnen, welches hoch bedeutete, und wovon noch hin und wieder Spuren angetroffen werden; wohin auch das Griechische φυμα, Geschwulst, Faum, spuma, Baum, und andere mehr gehören. S. Baum.
1. Die Fēhm
, plur. die -en, eine alte Sächsische Benennung des Blutbannes, des Halsgerichtes, oder der peinlichen Gerichtsbarkeit, deren Ausübung und des Gerichtes, welches sie ausübet. Besonders einer Art ehemahliger peinlicher Gerichte in Westphalen, welche inquisitorisch verfuhren, und sich durch ihre Strenge und nachmahligen Mißbräuche durch ganz Deutschland furchtbar und verhaßt machten, bis sie endlich im 15ten Jahrhunderte eingeschränkt, und im sechzehnten völlig abgeschaffet wurden. Weil die überall vertheilten Schöppen dieser Gerichte größten Theils unbekannt waren, ihre ganze Art zu verfahren auch sehr geheim gehalten wurde, so führeten sie auch den Nahmen der heimlichen Gerichte, sonst aber auch der Freystühle, der Freygerichte, der Fehmdinge, Freygedinge, der Westphälischen Gerichte u.s.f. Der ehemahligen gemeinen Meinung zu Folge soll Carl der Große diese Gerichte als eine Art der Inquisition wider die neu bekehrten und zum Abfalle geneigten Sachsen errichtet haben; welches aber von vielen mit Gründen bestritten worden. Übrigens lautete dieses Wort auch Vehm, Feim, Fein; eine Sache, welche für dieses Gericht gehörete, wurde eine Fehmsache, Fehmwroge, Fehmrüge, der Richter Fehmer oder Feimer, Freygraf, die Beysitzer Fehmschöppen, Freyschöppen, und die daselbst üblichen Rechte und Gewohnheiten das Fehmrecht genannt.
Anm. Man hat eine Menge wunderlicher Ableitungen dieses Wortes, worunter immer eine an Unwahrscheinlichkeit und Ungereimtheit von der andern übertroffen wird. Frisch lässet den Nahmen dieses Gerichtes von der Zahl fünf abstammen, weil diese Gerichte mit so vielen Richtern besetzet gewesen; zumahl da fünf, im Salischen Gesetze fimmiha, im Schwed. fem und Isländ. fimm lautet, es auch noch jetzt an mehrern Orten Gerichte und Collegia gibt, die von der Zahl ihrer Glieder Fünfergerichte genannt werden. In der Schwedischen Provinz Ostgothland war ehedem gleichfalls ein Gericht, welches Femt hieß, weil die Ladungen vor dasselbe, wie Ihre will, von fünf zu fünf Tagen gingen. Allein da sich in der Geschichte der Fehmgerichte nirgends eine Zahl fünf finden will, diese Zahl auch im Niedersächsischen beständig five heißt, so fällt auch diese Ableitung weg. Wer eine bessere finden will, muß erwägen, 1) daß dieser Ausdruck ein altes Sächsisches Wort ist, folglich nur in dieser Mundart aufgesucht werden kann. 2) Daß er nicht ein eigenthümlicher Nahme der heimlichen Westphälischen Gerichte, sondern eine allgemeine Benennung der peinlichen Gerichtsbarkeit und deren Ausübung ist, wie unter andern auch aus dem Worte Fehmstätte erhellet. 3) Daß verfehmen in Sachsen ehedem verbannen bedeutete, und alsdann ein Synonimum von verfähren war, so wie die Fahre oder Vara gleichfalls als eine besondere Art der Fehmgerichte bekannt ist, (S. 2 Fahren.) Alsdann wird man die Ableitung dieses Wortes von fahen, welches im Niedersächsischen in mehrern Zweigen ein m annimmt, (S. Faden und das folgende,) vielleicht schicklicher finden, als Wachters Herleitung von dem Schwed. im Deutschen aber unbekannten fimur, schnell, flüchtig. Fehm könnte also im Nieders. auf eben die Art von fahen gebildet seyn, wie das Oberdeutsche Bann von binden.
2. Die Fehm
, plur. inus. ein gleichfalls nur in Ober-und Niedersachsen übliches Wort, die Frucht der Eich- und Buchbäume zu bezeichnen, so fern sie zur Mästung der Schweine dienet, die Mast, und das Recht, die Nutzung von dieser Mast zu ziehen. Die Schweine in die Fehm treiben, S. Einfehmen. Sie aus der Fehm nehmen, S. Ausfehmen.
Anm. Auch dieses Wort scheint von dem Zeitworte fahen herzukommen, welches ehedem auch umfassen, einfangen, einstellen, bedeutete, so wie das Schwed. famna, weil die Wälder zum Behuf dieser Nutzung eingeschlossen oder befriediget zu werden pflegen, oder auch weil man die Schweine alsdann in die Wälder einzuschließen pflegt. Fehm würde alsdann zunächst einen umschlossenen Wald, einen Bannforst bedeuten. Frisch hat den wunderlichen Einfall, dieses Wort sey eine Anspielung auf das vorige Fehmgericht, weil man den Schweinen nach der Mast den Prozeß zu machen und sie zur Fehmstätte zu führen pflege.
3. Der Fehm
, des -es, plur. die -e, oder der Fehmen, des -s, plur. ut nom. sing. in Ober- und Niedersachsen, ein Haufen, doch nur einige Arten desselben. 1) Ein Haufen gefälltes Holz, welcher eine Klafter hoch und breit ist; im Hochdeutschen ein Faden, Nieders. Faem, Viem S. Faden. 2) Noch häufiger, ein großer Haufen, der von Korngarben, Stroh oder Heu errichtet wird, besonders wenn in der Scheuer nicht Raum genug vorhanden ist, selbiges aufzubewahren; in Hamb. ein Dymen, in Pomm. eine Miethe, an andern Orten eine Triste, ein Schober. Ein Getreidefehmen, Heufehmen, Strohfehmen. In den gemeinen Mundarten lautet dieses Wort Feim, Feimen; an einigen Orten ist es auch weiblichen Geschlechtes, die Fehme, oder Feime. In Bremen ist Fiem eine Zahl von hundert Korngarben.
Anm. Auch dieses Wort gehöret vermuthlich zu dem alten Zeitworte fahen, nicht bloß, weil ein solcher Fehmen gerade so hoch und breit ist, als man mit ausgespannten Armen reichen kann, wie ein Faden Holz, sondern so fern es ehedem überhaupt an einen gewissen Ort einschließen, aufhäufen, bedeutete. Man müßte es denn zu einem alten nordischen Stammworte rechnen, welches hoch bedeutete, und wovon noch hin und wieder Spuren angetroffen werden; wohin auch das Griechische φυμα, Geschwulst, Faum, spuma, Baum, und andere mehr gehören. S. Baum.