Adelung Wörterbuch
Bocāl
, S. Pokal.  
1. Der Bock
, des -es, plur. die Böcke, Diminutivum das Böckchen, Oberdeutsch das Böcklein, der Nahme des männlichen Geschlechtes verschiedener Thiere.
1. Eigentlich, und zwar, 1) in weiterer Bedeutung, da dieses Wort von dem männlichen Geschlechte mehrerer Thiere gebraucht wird. So wird das männliche Geschlecht der Schafe, der Widder oder Stäre auch der Schafbock, das männliche Geschlecht von den Rehen der Rehbock, und der Hirsch, oder das männliche Geschlecht des Roth- und Damwildbretes nur schlechthin der Bock genannt. 2) In engerer Bedeutung führet der Mann der Ziege den Nahmen eines Ziegenbockes, oder kürzer eines Bockes. Den Bock zum Gärtner setzen, figürlich, seine Sache ungetreuen Händen anvertrauen, wofür die Niedersachsen sagen, den Bock auf die Haferkiste setzen. * Er weinte, daß ihn der Bock stieß, er weinte, daß er schluchzete.
2. Figürlich. 1) Eine Sackpfeife, welche mit einem Bockfelle überzogen ist, und weil sie in Pohlen häufig gebraucht wird, auch der Pohlnische Bock, sonst aber auch die Bockpfeife, der Dudelsack genannt wird. S. dieses Wort. 2) Ein ehemahls, besonders bey den Römern im Kriege übliches Werkzeug, die Mauern einzustoßen, welches einem langen schweren Balken bestand, der zuweilen vorn die Gestalt eines Widderkopfes hatte; ein Sturmbock, Aries. Mache eine Belägerung darum, und baue ein Bollwerk darum – und stelle Böcke rings um sie her, Ezech. 4, 2. Und die Wahrsagung wird auf die rechte Seite gen Jerusalem deuten, daß er soll Böcke hinan führen lassen, – – und daß er Böcke führen soll wider die Thore, Kap. 21, 22. Er wird mit Böcken deine Mauern zerstoßen, Kap. 26, 9. Wenn Bock in dieser Bedeutung nicht deutlich genug eine bloße Übersetzung des Latein. Aries wäre, so würde es sich sehr bequem zu einer der folgenden Bedeutungen rechnen, und von bocken, pochen, stoßen, ableiten lassen. 3) Ein in dem sinnlichen Genusse der Liebe ausschweifender Mensch bekommt im gemeinen Leben zuweilen auch den Nahmen eines Bockes, oder eines geilen Bockes, wegen der bekannten Wollust dieses Thieres.
Anm. So fern dieses Wort den Mann der Ziege bezeichnet, lautet es bey dem Notker Poccho, und im Plural di Bocchen, im Salischen Gesetze Buccus, im Angels. Bucca, im Engl. Buck, im Nieders. Buk, im Wallisischen Bwch, im Schwed. Bock, im Dän. Buk, im Franz. Bouc, im Ital. Becco. Leibnitz leitet es von biegen, und zwar von den gebogenen Hörnern dieses Thieres her; Wachter und Frisch von bocken, bochen, pochen, stoßen. Allein das hohe Alter dieses Wortes und dessen unbeständiger Gebrauch, macht alle Ableitungen schwankend und ungewiß. Bey dem Worte Bacher ist schon gezeigt worden, daß Bach, Bak, ein Wort ist, welches so wohl in der Deutschen, als in andern Sprachen von verschiedenen Arten der Thiere vorkommt. Von unserm gegenwärtigen Worte Bock ist ehedem auch das weibliche Geschlecht üblich gewesen. Denn Baegga bedeutet noch jetzt im Schwedischen ein Schaf, Bagge aber einen Widder; eine Ziege heißt im Griech. βƞκƞ im Bretagnischen Bicq, und in einigen Französischen Gegenden Bique; das Franz. Biche aber bedeutet so wohl eine Ziege, als auch eine Hündinn. S. auch Ziege.
 
2. Der Bock
, des -es, plur. die Böcke, überhaupt ein jedes Gerüst oder Gestell etwas zu tragen. Besonders, 1) Ein Gestell, welches aus einem geraden Stücke mit Füßen bestehet, etwas darauf zu legen, oder darauf zu stellen. Dahin gehören die Rüstböcke der Mäurer und Zimmerleute; die Kreuzgestelle der Holzhacker, das Holz darauf zu sägen, die Böcke, oder Holzböcke; die Brandböcke, Feuerböcke oder Brandröste, auf den Herden und in den Öfen, das Holz darauf zu legen, welche auch nur schlechthin Böcke genannt werden; die Böcke in dem Bergbaue, welche die Feldkünste besonders aber den Steg derselben tragen, und zwey in die Erde gegrabene Hölzer sind, die oben mit einem Holme oder Querholze zusammen gehalten werden; der Bock in den Schmelzhütten, welches ein Stück Holz mit einem hölzernen Kreuze ist, den Räder oder das Sieb zu tragen, durch welches das grobe Erz von dem seinen abgesondert wird; der Sitz des Kutschers hinter den Pferden; das Böckchen in den Brennhütten, oder das Gestell, das Brandsilber darauf abzuwärmen; das hölzerne Gestell der Kammacher, den zugehauenen Kamm darauf mit dem Bockmesser zu beschaben, der Bock oder Schabebock; das Gestell einer Kornsense, der Bock, das Bockzeug, das Hakenzeug, wegen der daran befindlichen gekrümmten Haken u.s.f. 2) Ein Hebezeug, Kanonen oder andere Lasten bequem in die Höhe zu bringen. Weil man irrig geglaubt, der Nahme dieses Werkzeuges komme von Bock, hircus, her, so haben einige dasselbe auch eine Geiß, und im Latein. Capra genannt. 3) Hierher gehöret vielleicht auch die im gemeinen Leben übliche Redensart, einem den Bock stehen, sich auf die Hände nieder legen, damit der andere bey dem Aufsteigen auf das Pferd auf den Rücken treten könne; eine Behandlung, welche ehedem einen hohen Grad der Beschimpfung ausmachte. Indessen lässet sich dieser Gebrauch auch füglich aus der folgenden Bedeutung des Biegens oder Bückens erklären.
Anm. Alle unsere und auswärtige Wortforscher sehen diese und die folgenden Bedeutungen als einen figürlichen Gebrauch von Bock, hircus, an. Allein, wenn es jemahls nothwendig ist, für verschiedene Bedeutungen eines Wortes verschiedene Stammwörter anzunehmen, so ist es gewiß bey dem Worte Bock. So fern es ein Gestell zum Tragen bezeichnet, soll es diesen Gebrauch einer Ähnlichkeit in der äußern Gestalt zu danken haben. Denn, sagt man, ein Ziegenbock hat vier Beine, ein Tragebock gemeiniglich auch. Welche Ähnlichkeit! Man könnte fragen warum man denn ein solches Gerüst nicht lieber eine Kuh, ein Pferd, oder ein Schwein genannt, wenn der Umstand der Füße allein der Grund der Benennung ist. Genug, unsere Vorfahren waren nicht witzig genug, sich von solchen schwankenden und unbestimmten Ähnlichkeiten in Benennung der Dinge leiten zu lassen. Man muß also für diesen und die folgenden Arten des Gebrauches andere Quellen aufsuchen. Daß Bak ehedem irgend wo müsse tragen bedeutet haben, erhellet aus dem Lateine der mittlern Zeiten, wo Bacca, Baccaulum, Bacculus und Bacapulus eine Bahre, Baculona eine Sänfte, und Bajulus einen Träger bedeuten. Die Vertauschung des c mit dem j gehöret eben so wohl den Mundarten zu, als die Veränderung des a in o. Indessen ist nicht zu läugnen, daß von dieser Bedeutung im Deutschen nur sehr wenige Spuren vorkommen. Man könnte das heutige Nieders. Bak, der Rücken, und das Hochdeutsche Buckel hierher rechnen, weil dieser Theil des Leibes am häufigsten zum Tragen gebraucht wird, wenn es nicht wahrscheinlicher wäre, daß er den Nahmen entweder von biegen, oder von Bak, Buk habe, so fern solches eine Erhöhung bedeutet. Indessen stehet es noch dahin, ob nicht diese Bedeutung einer Erhöhung, oder die folgende eines Balkens, bey der Bedeutung eines Tragebockes mit in Anschlag kommen könne.
 
3. Der Bock
, des -es, plur. die Böcke, ein Ausdruck, welcher ehedem einen jeden Balken oder Klotz bedeutete, jetzt aber nur noch in einigen Fällen üblich ist, besonders in solchen, wo ein solcher Balken oder Klotz zum Schlagen oder Stoßen gebraucht wird. Der Balken, womit die Weser gesperret wird, und der an andern Orten der Baum heißt, wird in Bremen der Bock genannt. Eben daselbst heißen die Pfähle im Wasser, woran die Schiffe liegen, Böcke. Im Bergbaue führen die Docken oder Hölzer, welche an beyden Seiten der Trift hängen, gleichfalls den Nahmen der Böcke, und in dem Brückenbaue, sind es flach gelegte Sparren, welche vor dem Joche im Wasser stehen, damit das Eis sich daran stoße oder breche, daher sie auch Eisböcke genannt werden. Endlich führet auch der große Klotz in einer Ramme, oder die ganze Ramme selbst, den Nahmen eines Bockes oder Rammbockes.
Anm. Im mittlern Lateine bedeutet Bigus, im Spanischen Biga, im Französ. aber Bigue und Bigot, einen jeden Balken. Buca und Bucha bezeichnet bey dem du Fresne einen Stamm, Klotz, Franz. Buche, und Bucharius einen Holzhacker. Wie fern diese Wörter mit dem alten bocken, pochen, schlagen, verwandt sind, wird sich wohl nicht genau bestimmen lassen. Boken bedeutet in Niedersachsen noch jetzt schlagen, und eben daselbst sind auch die Frequentativa bökern und baksen für schlagen üblich. Im Französ. ist buquer, bucquer und bocquer stoßen, und im Schwed. Bock ein Stoß. Das Franz. Boucher, Boucherie u.s.f. die mittlern Latein. Beccarius, Bocherius, Baccarius, Buccerius, Boucherius, ein Fleischer, und Bocharia, Becharia, Bocheria, Boccaria u.s.f. eine Fleischbank, stammen insgesammt von diesem Zeitworte boken, schlagen, ab, dessen hohes Alterthum schon aus dem Lateinischen Diminutivo baculus erhellet. S. Bakel, Bängel und Pochen.
 
4. Der Bock
, des -es, plur. die Böcke, eigentlich eine jede gebogene oder auch erhöhete Fläche, doch nur noch in einigen besondern Fällen. 1) Von krumm gebogenen Werkzeugen, oder von Werkzeugen andere Dinge krumm zu biegen. So heißt das Gewölbe unter einem Schmelzofen ein Bock, vermuthlich von der gebogenen Wölbung, welche sonst auch ein Bogen genannt wird. Eben denselben Nahmen führet auch das Messing, welches durch die Krüge lecket, vermuthlich weil es durch die Windlöcher in den Bock fließet. Das krumm gebogene eiserne Werkzeug in den Schmelzhütten, womit die Röste im Brennofen gerühret werden, heißt gleichfalls ein Bock. Bey den Jägern sind Böcke gewisse Stellungen mit Pferdehaaren, die Raubvögel auf ihren Horsten damit zu fangen. Hierher gehöret auch die Art der Folter, welche mit einer Beugung des Rückens des Inquisiten verbunden ist, und im Deutschen überhaupt ein Bock genannt wird. Jemanden in den Bock spannen. Zuweilen hat dieses Werkzeug zugleich Schrauben zu den Zehen und Daumen, und alsdann wird es auch der Spanische Bock, oder das Mecklenburgische Instrument genannt. Wenn der Inquisit mit diesem Werkzeuge unter den Waden gespannet wird, so heißt es der Pohlnische Bock. Der Sprenger und der Bambergische Bock sind wieder andere Arten dieser Folter. Der Bock der Schriftgießer, der das Gieß-Instrument, wie die Feder ein Schloß zusammen hält, hat vermuthlich auch von biegen seinen Nahmen. 2) Von verschiedenen runden Erhöhungen, welche einem Bogen oder einer gebogenen Fläche ähnlich sehen. Dahin gehöret in der Anatomie derjenige äußere Theil des Ohres, der durch ein Grübchen oder durch einen Spalt von den Lappen abgesondert ist, und im Deutschen ein Bock, im Lateinischen aber Tragus genannt wird. An den Rädern ist es das runde ausgebohrte Holz, in welchem die Asche gehet, das eigentlich an seinem erhabensten Theile, in welchem die Speichen befestiget sind, der Bock, vorn die Nabe, hinten aber der Stoß genannt wird.
Anm. Daß Bock in diesen Fällen von biegen abstamme, wird wohl niemanden befremden, welcher erwäget, daß Bug, Buckel, bücken und Bucht aus eben dieser Quelle hergeflossen sind. Bo ken bedeutet im Holländ. und bocka, bucka im Schwed. gleichfalls beugen. S. Bocken und Bücken.
 
5. Der Bock
, des -es, plur. die Böcke, in der gemeinen Sprechart, ein Fehler, ein Versehen. Einen Bock machen, einen Fehler begehen. Da man in eben dieser Bedeutung auch sagt, einen Bock schießen, so könnte man auf die Gedanken gerathen, daß diese Redensart aus einem besondern Falle ihren Ursprung habe, da etwa jemand auf der Jagd aus Versehen einen Bock statt eines andern Thieres geschossen; wenn es nicht glaublicher wäre, daß bloß die Zweydeutigkeit mit Bock, hircus, diese Redensart, einen Bock schießen, veranlasset hätte. Indessen ist der wahre Ursprung dieses Gebrauches noch unbekannt. Bedeutet Bock hier etwa auch so viel als Bug oder Krümme? Oder schreibt sie sich etwa aus dem Bergbaue her, wo Bock auch einen mangelhaften Rost, d.i. einen Rost bedeutet, der nicht die gewöhnliche Menge Erz hat? Einen Bock machen, heißt daselbst, einen solchen Rost machen, und den Bock umbringen, das geröstete Erz eines solchen Rostes in ein anderes Feuer bringen. In diesem Falle scheinet die Bedeutung der Erhöhung oder eines Haufens der Grund der Benennung zu seyn. Bieg, Beig, Byg, kommt in den vorigen Jahrhunderten häufig für einen Holzhaufen, und biegen für Holz in Klafter setzen vor. Bica ist im Ital. ein Haufen Heu, und das Franz. Abouquer du sel bedeutet, neues Salz auf das alte häufen. In Sachsen wird das Heu in Böcke aufgesetzet, oder geböcket, wenn es in Haufen gesetzet wird. Wenn die Grobschmiede in die Arbeit der Röhrschmiede pfuschen, so nennen die letztern dergleichen von den erstern gemachte Röhre gleichfalls Böcke.
Anm. Bey genauerer Erwägung dieses fünffachen Gebrauches des Wortes Bock wird man die Nothwendigkeit, dasselbe aus mehrern Quellen herzuleiten, nicht verkennen können. Dank sey es daher der Unwissenheit unserer orthographischen Unterscheidungskünstler der vorigen Zeiten, daß ihnen die verschiedene Abstammung dieses Wortes unbekannt geblieben ist, weil sie uns sonst gewiß mit einer fünf-und vielleicht noch mehrfachen Schreibart dieses Wortes geplagt haben würden. Da nun dieses unterbliebenen Unterschiedes ungeachtet wohl kein Fall angegeben werden kann, da jemand die verschiedenen Gegenstände, welche diesen Nahmen führen, mit einander verwechselt habe: so erhellet daraus zugleich, wie unnöthig und überflüssig dergleichen orthographische Unterscheidung ist.
 
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Bocāl