Adelung Wörterbuch
-Ling
, eine Ableitungssylbe, welche verschiedenen Haupt-, Bey- und Zeitwörtern angehänget wird, Hauptwörter daraus zu bilden. 1. In einigen bezeichnet es ein Ding, welches dem voran stehenden Hauptworte gleich, angemessen ist. Ein Däumling, eine Bekleidung des Daumes, Fäustling, eine Art Fausthandschuhe, der Fingerling, eine Bekleidung des Fingers, der Füßling, eine Bekleidung der untern Füße, Beinling u.s.f. In dieser Bedeutung scheinet es aus -lich, gleich, entstanden zu seyn, indem das n sich in tausend andern Fällen neben den Hauch- und Gaumenlauten einschleicht.
2. Am häufigsten und allgemeinsten bedeutet es ein Individuum, ein Subject, von der Art, wie die erste Hälfte des Wortes es bestimmet, es sey nun eine Person, oder eine Sache. Diejenigen Wörter; welches das -ling an sich nehmen können, sind,
1) Hauptwörter. Ästling, ein junger Vogel, der nur noch auf den Ästen herum hüpfet. Gründlinge, Fische, welche sich auf dem Grunde aufhalten. Jährling, ein Thier von einem Jahre, oder von diesem Jahre. Nachkömmling, ein Nachkomme. Nestling, ein Vogel, der noch im Neste ist. Hänfling, ein Ding oder Vogel, welcher sich vom Hanfe nähret, wenn es hier nicht das Nieders. Lünke, Sperling, ist, S. Hänfling. Kümmerling, im Oberd. eine Gurke. Kämmerling, im mittlern Lat. Camarlingus, Cambellanus, Ital. Camerlingo, Franz. Chambellain. Höfling, ein Hofbedienter. Häusling, der zur Miethe in einem Hause wohnet. So auch Schilling, Flüchtling, Günstling, Häuptling, Brötling, Silberling, Pfifferling, u.a.m.
2) Zeitwörter, mit Weglassung der Endsylbe, da denn die daraus gebildeten Wörter bald eine thätige, bald aber auch eine leidendliche Bedeutung haben. Findling, ein gefundenes Kind; Säugling, ein saugendes Kind; Sticherling, ein stechendes Ding, ein stechender Fisch; Ankömmling, eine neu angekommene Person; Anschiebling, ein angeschobenes Ding; Bückling, eine Verbeugung; Bückling, ein gebökelter Häring; Hämmerling, ein hämmerndes Ding; Häckerling, ein gehacktes Ding, Häcksel; Dichterling, ein schlechter Dichter; Täufling, eine Person, welche getauft werden soll, oder vor kurzem getauft worden; Lehrling, der gelehret wird; Brätling, ein zum Braten bestimmtes Ding; Schößling, ein aufgeschossenes Reis u.s.f. In Fröstling, Frömmling, Klügling, Witzling u.s.f. welche von Verbis auf -eln, wie frösteln, frömmeln, klügeln, witzeln abgeleitet sind, ist es die Sylbe -ing, und nicht -ling, und da rühret auch die verächtliche Nebenbedeutung von dem Verbo, und nicht von der Ableitungssylbe her.
3) Zahl- und Nebenwörter. Erstling, das erste Ding seiner Art; Zwilling, ein Ding, welches nebst noch einem andern zugleich kommt; Dreyling, ein Ding von drey Theilen oder Einheiten, eine Münze, welche drey Pfennige gilt; Vierling, Sechsling, eine Münze von vier, von sechs Pfennigen, ein Vierer, ein Sechser; Fremdling, ein fremdes Ding, eine fremde Person; Neuling, der in einer Sache neu ist; Jüngling, ein junger Mensch; Zärtling, eine der Empfindung nach zarte, oder verzärtelte Person, vielleicht auch von dem Verbo zärteln; Spätling, ein Ding, welches spät im Jahre gegenwärtig wird, so wohl von Thieren als Früchten, im Gegensatze eines Frühlinges, welches über dieß noch die frühe Jahreszeit bedeutet; Herling, ein herbes oder hartes Ding; Kränkling, Siechling, ein kränklicher, siecher Mensch; Wüstling, ein wüster Mensch; Wildling, eine wilde Frucht, ein wildes Gewächs; Hälberling, eine Münze, welche die Hälfte einer andern gilt; Dürrling, ein dürrer Mensch; Grünling, eine Art Grünspechte; Kärgling, ein karger Mensch; Sonderling, eine besondere Person u.s.f.
Die Rothwälsche Diebessprache ist besonders reich an dergleichen Hauptwörtern. Langling ist daselbst eine Bratwurst, Längling ein Strick, Krachling eine Nuß, Knerling ein Stiesel, Fletterling eine Taube, Flößling ein Fisch, Fünkling das Feuer, Fürling eine Schürze, Oberd. Fürtuch, Feling ein Kramer, von feil, Derling ein Würfel, Dirling oder Zwieling das Auge, Gelbling der Weitzen, Gitzling ein Stück Brot, Griffling die Hand oder ein Handschuh, Grünling ein Garten oder Wiese, Härling das Haar, Härtling ein Messer, Hitzling der Ofen, Bretling ein Tisch, Blechling ein Kreuzer, Klapperling ein Pantoffel, Leißling das Ohr, Rauling und Schreyling ein Kind, Reiling eine Sau, Rumpfling Senf, Schalerling eine weiße Rübe, Schäberling eine gelbe Rübe, Scheinling das Auge oder Fenster, Spältling ein Häller, Sperrling ein Knebel, Spitzling der Hafer, Stichling ein Schneider, Stilling vielleicht Stiehlling eine Birn, Strafling ein Strumpf, Süßling das Honig, Tritlling der Schuh, Weitling die Beinkleider u.s.f.
Aus allen bey dieser ganzen zweyten Bedeutung angeführten Wörtern erhellet, daß -ling denselben die Bedeutung eines Individui, eines einzelnen Dinges, von welchem etwas gesagt wird, gibt, und daß es in dieser Bedeutung mit den Ableitungssylben -ing, -ich, -rich, -ickel, -er, -el und -ert überein komme. Die Abstammung ist noch dunkel. Die meisten Sprachlehrer und Sprachforscher kennen das ling nur allein unter der verkleinernden Bedeutung, welche doch unerweislich ist, und halten alle übrigen für eine Figur derselben. Allein man siehet gar bald, daß sie diese Sylbe und die Wörter, worin sie vorkommt, gar nicht untersucht haben. Vielleicht stammet sie gleichfalls von der Sylbe -lich, oder gleich ab, ein der ersten Hälfte der Zusammensetzung ähnliches Ding zu bedeuten, denn ehedem wurde diese Sylbe auch häufig gebraucht, Hauptwörter zu bilden. Die gleichlautende Ableitungssylbe -ing könnte alsdann auf ähnliche Art aus -ich oder -ig entstanden seyn. An das eingeschobene n darf man sich nicht stoßen, weil dieses in so vielen andern Fällen ein Anhang nieselnder Mundarten ist, und das folgende -lings ist unstreitig aus -lichs oder -lich geworden. Wachter, Frisch und andere legen dieser Sylbe noch verschiedene andere Bedeutungen bey, die sie doch wirklich nicht hat. So soll sie in Erstling, Zwilling, Dreyling, Vierling, Sechsling u.s.f. etwas bedeuten, das kleiner als das Ganze ist; in Ankömmling, Einkömmling u.s.f. einen Gegensatz; in Jährling, Jüngling, Gründling, Findling u.s.f. ein kleines oder junges Thier. Allein sie haben die angeführten Wörter theils nicht einmahl recht verstanden, theils aber auch die Bedeutung des Hauptwortes der Zusammensetzung mit in die Bestimmung der Ableitungssylbe gebracht. Ling bedeutet weiter nichts als ein Subject, ein Individuum, welches seine Bestimmung theils durch das Wort, dem es angehänget wird, theils aber auch durch den bloßen Gebrauch erhält. Denn daß Säugling nicht auch von einem saugenden Thiere, Findling nicht auch von einem gefundenen Schatze, Jüngling nicht auch von einem jungen Mädchen oder Thiere, Häckerling nicht auch von gehackten Speisen üblich ist, daran ist bloß der Gebrauch Schuld. Indessen lässet sich beweisen, daß unsere Ableitungssylbe oft auch -lein gelautet hat. Ein Weichling heißt bey dem Hornegk Wächelein, ein Fingerling, Vingerlein u.s.f. Alle Wörter auf -ling sind männlichen Geschlechtes, auch wenn sie Personen oder Sachen weiblichen Geschlechtes bezeichnen, in welchem Falle sie niemahls die weibliche Endung -inn annehmen. Ein Findling bedeutet so wohl einen gefundenen Knaben, als ein gefundenes Mädchen, der Liebling so wohl eine geliebte Person männlichen, als weiblichen Geschlechtes. In einer Österreichischen Urkunde des 15ten Jahrhundertes wird eine Erbinn ausdrücklich ein Erbling genannt.
Diese Sylbe ist alt und in allen Deutschen Mundarten, so wie in der Angelsächsischen anzutreffen. Mit Beobachtung der genauesten Analogie lassen sich vermittelst derselben noch jetzt Wörter bilden, und selbst viele der oben angeführten Beyspiele sind neu und den vorigen Zeiten unbekannt.
2. Am häufigsten und allgemeinsten bedeutet es ein Individuum, ein Subject, von der Art, wie die erste Hälfte des Wortes es bestimmet, es sey nun eine Person, oder eine Sache. Diejenigen Wörter; welches das -ling an sich nehmen können, sind,
1) Hauptwörter. Ästling, ein junger Vogel, der nur noch auf den Ästen herum hüpfet. Gründlinge, Fische, welche sich auf dem Grunde aufhalten. Jährling, ein Thier von einem Jahre, oder von diesem Jahre. Nachkömmling, ein Nachkomme. Nestling, ein Vogel, der noch im Neste ist. Hänfling, ein Ding oder Vogel, welcher sich vom Hanfe nähret, wenn es hier nicht das Nieders. Lünke, Sperling, ist, S. Hänfling. Kümmerling, im Oberd. eine Gurke. Kämmerling, im mittlern Lat. Camarlingus, Cambellanus, Ital. Camerlingo, Franz. Chambellain. Höfling, ein Hofbedienter. Häusling, der zur Miethe in einem Hause wohnet. So auch Schilling, Flüchtling, Günstling, Häuptling, Brötling, Silberling, Pfifferling, u.a.m.
2) Zeitwörter, mit Weglassung der Endsylbe, da denn die daraus gebildeten Wörter bald eine thätige, bald aber auch eine leidendliche Bedeutung haben. Findling, ein gefundenes Kind; Säugling, ein saugendes Kind; Sticherling, ein stechendes Ding, ein stechender Fisch; Ankömmling, eine neu angekommene Person; Anschiebling, ein angeschobenes Ding; Bückling, eine Verbeugung; Bückling, ein gebökelter Häring; Hämmerling, ein hämmerndes Ding; Häckerling, ein gehacktes Ding, Häcksel; Dichterling, ein schlechter Dichter; Täufling, eine Person, welche getauft werden soll, oder vor kurzem getauft worden; Lehrling, der gelehret wird; Brätling, ein zum Braten bestimmtes Ding; Schößling, ein aufgeschossenes Reis u.s.f. In Fröstling, Frömmling, Klügling, Witzling u.s.f. welche von Verbis auf -eln, wie frösteln, frömmeln, klügeln, witzeln abgeleitet sind, ist es die Sylbe -ing, und nicht -ling, und da rühret auch die verächtliche Nebenbedeutung von dem Verbo, und nicht von der Ableitungssylbe her.
3) Zahl- und Nebenwörter. Erstling, das erste Ding seiner Art; Zwilling, ein Ding, welches nebst noch einem andern zugleich kommt; Dreyling, ein Ding von drey Theilen oder Einheiten, eine Münze, welche drey Pfennige gilt; Vierling, Sechsling, eine Münze von vier, von sechs Pfennigen, ein Vierer, ein Sechser; Fremdling, ein fremdes Ding, eine fremde Person; Neuling, der in einer Sache neu ist; Jüngling, ein junger Mensch; Zärtling, eine der Empfindung nach zarte, oder verzärtelte Person, vielleicht auch von dem Verbo zärteln; Spätling, ein Ding, welches spät im Jahre gegenwärtig wird, so wohl von Thieren als Früchten, im Gegensatze eines Frühlinges, welches über dieß noch die frühe Jahreszeit bedeutet; Herling, ein herbes oder hartes Ding; Kränkling, Siechling, ein kränklicher, siecher Mensch; Wüstling, ein wüster Mensch; Wildling, eine wilde Frucht, ein wildes Gewächs; Hälberling, eine Münze, welche die Hälfte einer andern gilt; Dürrling, ein dürrer Mensch; Grünling, eine Art Grünspechte; Kärgling, ein karger Mensch; Sonderling, eine besondere Person u.s.f.
Die Rothwälsche Diebessprache ist besonders reich an dergleichen Hauptwörtern. Langling ist daselbst eine Bratwurst, Längling ein Strick, Krachling eine Nuß, Knerling ein Stiesel, Fletterling eine Taube, Flößling ein Fisch, Fünkling das Feuer, Fürling eine Schürze, Oberd. Fürtuch, Feling ein Kramer, von feil, Derling ein Würfel, Dirling oder Zwieling das Auge, Gelbling der Weitzen, Gitzling ein Stück Brot, Griffling die Hand oder ein Handschuh, Grünling ein Garten oder Wiese, Härling das Haar, Härtling ein Messer, Hitzling der Ofen, Bretling ein Tisch, Blechling ein Kreuzer, Klapperling ein Pantoffel, Leißling das Ohr, Rauling und Schreyling ein Kind, Reiling eine Sau, Rumpfling Senf, Schalerling eine weiße Rübe, Schäberling eine gelbe Rübe, Scheinling das Auge oder Fenster, Spältling ein Häller, Sperrling ein Knebel, Spitzling der Hafer, Stichling ein Schneider, Stilling vielleicht Stiehlling eine Birn, Strafling ein Strumpf, Süßling das Honig, Tritlling der Schuh, Weitling die Beinkleider u.s.f.
Aus allen bey dieser ganzen zweyten Bedeutung angeführten Wörtern erhellet, daß -ling denselben die Bedeutung eines Individui, eines einzelnen Dinges, von welchem etwas gesagt wird, gibt, und daß es in dieser Bedeutung mit den Ableitungssylben -ing, -ich, -rich, -ickel, -er, -el und -ert überein komme. Die Abstammung ist noch dunkel. Die meisten Sprachlehrer und Sprachforscher kennen das ling nur allein unter der verkleinernden Bedeutung, welche doch unerweislich ist, und halten alle übrigen für eine Figur derselben. Allein man siehet gar bald, daß sie diese Sylbe und die Wörter, worin sie vorkommt, gar nicht untersucht haben. Vielleicht stammet sie gleichfalls von der Sylbe -lich, oder gleich ab, ein der ersten Hälfte der Zusammensetzung ähnliches Ding zu bedeuten, denn ehedem wurde diese Sylbe auch häufig gebraucht, Hauptwörter zu bilden. Die gleichlautende Ableitungssylbe -ing könnte alsdann auf ähnliche Art aus -ich oder -ig entstanden seyn. An das eingeschobene n darf man sich nicht stoßen, weil dieses in so vielen andern Fällen ein Anhang nieselnder Mundarten ist, und das folgende -lings ist unstreitig aus -lichs oder -lich geworden. Wachter, Frisch und andere legen dieser Sylbe noch verschiedene andere Bedeutungen bey, die sie doch wirklich nicht hat. So soll sie in Erstling, Zwilling, Dreyling, Vierling, Sechsling u.s.f. etwas bedeuten, das kleiner als das Ganze ist; in Ankömmling, Einkömmling u.s.f. einen Gegensatz; in Jährling, Jüngling, Gründling, Findling u.s.f. ein kleines oder junges Thier. Allein sie haben die angeführten Wörter theils nicht einmahl recht verstanden, theils aber auch die Bedeutung des Hauptwortes der Zusammensetzung mit in die Bestimmung der Ableitungssylbe gebracht. Ling bedeutet weiter nichts als ein Subject, ein Individuum, welches seine Bestimmung theils durch das Wort, dem es angehänget wird, theils aber auch durch den bloßen Gebrauch erhält. Denn daß Säugling nicht auch von einem saugenden Thiere, Findling nicht auch von einem gefundenen Schatze, Jüngling nicht auch von einem jungen Mädchen oder Thiere, Häckerling nicht auch von gehackten Speisen üblich ist, daran ist bloß der Gebrauch Schuld. Indessen lässet sich beweisen, daß unsere Ableitungssylbe oft auch -lein gelautet hat. Ein Weichling heißt bey dem Hornegk Wächelein, ein Fingerling, Vingerlein u.s.f. Alle Wörter auf -ling sind männlichen Geschlechtes, auch wenn sie Personen oder Sachen weiblichen Geschlechtes bezeichnen, in welchem Falle sie niemahls die weibliche Endung -inn annehmen. Ein Findling bedeutet so wohl einen gefundenen Knaben, als ein gefundenes Mädchen, der Liebling so wohl eine geliebte Person männlichen, als weiblichen Geschlechtes. In einer Österreichischen Urkunde des 15ten Jahrhundertes wird eine Erbinn ausdrücklich ein Erbling genannt.
Diese Sylbe ist alt und in allen Deutschen Mundarten, so wie in der Angelsächsischen anzutreffen. Mit Beobachtung der genauesten Analogie lassen sich vermittelst derselben noch jetzt Wörter bilden, und selbst viele der oben angeführten Beyspiele sind neu und den vorigen Zeiten unbekannt.