Who's who in der antiken Mythologie
Psyche
Psyche»Seele«; in dem von Apuleius in seine ›Metamorphosen‹ (um 160 n. Chr.) eingeschobenen Kunstmärchen von Amor* und Psyche die jüngste und schönste von drei schönen Königstöchtern, die auf Befehl eines Orakels einem scheußlichen Drachen ausgeliefert werden soll. Man bringt sie auf einen hohen Berg und läßt sie dort allein – doch plötzlich entführt sie ein Wirbelwind in ein liebliches Tal, wo sie in einem herrlichen Palast von unsichtbaren Dienern verwöhnt und zur Nachtzeit von einem ungemein zärtlichen jungen Mann liebkost wird. Dieser junge Mann ist Amor; er sollte im Auftrag seiner Mutter Venus*, deren Neid die Schönheit Psyches erregt hatte, diese strafen, konnte aber selbst ihrem Reiz nicht widerstehen. Nun genießt er heimliche Freuden, bis sich Psyche von ihren Schwestern, die sie auf ihre Bitten besuchen dürfen, dazu überreden läßt, den Geliebten anzuschauen. Als er neben ihr schläft, entzündet sie ein Öllämpchen, sieht staunend den jungen Liebesgott – und läßt einen Tropfen Öl auf seine empfindliche Götterhaut fallen. Amor erwacht, entflieht – und erst nach einer abenteuerlichen Wanderung durch Ober- und Unterwelt gewinnt Psyche den Entflohenen wieder, besänftigt Venus und wird unter die Unsterblichen aufgenommen.
Ob Apuleius dieses Märchen als Allegorie auf die Erlösung der Menschenseele durch die Liebe verstanden hat, ist fraglich; für das Mittelalter war der allegorische Gehalt offenkundig. Entsprechend groß war die Nachwirkung der reizvollen Erzählung in Literatur und Kunst. Heute freilich sind Giovanni Boccaccios ›Genealogie deorum gentilium‹ (Genealogien der heidnischen Götter, um 1360) und zahlreiche dramatische Bearbeitungen des Stoffs vergessen, während die hübsche Gruppe aus dem ›Haus von Amor und Psyche‹ (römisch, um 200 n. Chr., Ostia, Museum) oder eine ähnliche in den Kapitolinischen Museen zu Rom immer noch der Aufmerksamkeit der Betrachter gewiß sein darf: Wann sieht man schon zwei reizende Marmorbilder, die sich küssen? In der Gartenloggia der Villa Farnesina in Rom hat 1511 Raffael mit seinen Gehilfen die Geschichte der beiden Liebenden als Zyklus gemalt; wenig später, um 1530, schufen Giulio Romano u.a. die ›Halle der Psyche‹ im Palazzo del Tè in Mantua, ein manieristisch-erotisches Festival der Sinnenfreude. Über den langbeinigen und langweiligen Liebesgott François Gérards und seine dümmliche Psyche haben wir schon im Zusammenhang mit Eros* gelästert; so bleiben uns noch ›Merkur und Psyche‹, eine Bronzegruppe von Adriaan de Vries (um 1593, Paris, Louvre) und Antonio Canovas Marmorgruppe ›Amor und Psyche‹, die genau zweihun-
dert Jahre jünger und im selben Museum zu finden ist.
Psyche»Seele«; in dem von Apuleius in seine ›Metamorphosen‹ (um 160 n. Chr.) eingeschobenen Kunstmärchen von Amor* und Psyche die jüngste und schönste von drei schönen Königstöchtern, die auf Befehl eines Orakels einem scheußlichen Drachen ausgeliefert werden soll. Man bringt sie auf einen hohen Berg und läßt sie dort allein – doch plötzlich entführt sie ein Wirbelwind in ein liebliches Tal, wo sie in einem herrlichen Palast von unsichtbaren Dienern verwöhnt und zur Nachtzeit von einem ungemein zärtlichen jungen Mann liebkost wird. Dieser junge Mann ist Amor; er sollte im Auftrag seiner Mutter Venus*, deren Neid die Schönheit Psyches erregt hatte, diese strafen, konnte aber selbst ihrem Reiz nicht widerstehen. Nun genießt er heimliche Freuden, bis sich Psyche von ihren Schwestern, die sie auf ihre Bitten besuchen dürfen, dazu überreden läßt, den Geliebten anzuschauen. Als er neben ihr schläft, entzündet sie ein Öllämpchen, sieht staunend den jungen Liebesgott – und läßt einen Tropfen Öl auf seine empfindliche Götterhaut fallen. Amor erwacht, entflieht – und erst nach einer abenteuerlichen Wanderung durch Ober- und Unterwelt gewinnt Psyche den Entflohenen wieder, besänftigt Venus und wird unter die Unsterblichen aufgenommen.
Ob Apuleius dieses Märchen als Allegorie auf die Erlösung der Menschenseele durch die Liebe verstanden hat, ist fraglich; für das Mittelalter war der allegorische Gehalt offenkundig. Entsprechend groß war die Nachwirkung der reizvollen Erzählung in Literatur und Kunst. Heute freilich sind Giovanni Boccaccios ›Genealogie deorum gentilium‹ (Genealogien der heidnischen Götter, um 1360) und zahlreiche dramatische Bearbeitungen des Stoffs vergessen, während die hübsche Gruppe aus dem ›Haus von Amor und Psyche‹ (römisch, um 200 n. Chr., Ostia, Museum) oder eine ähnliche in den Kapitolinischen Museen zu Rom immer noch der Aufmerksamkeit der Betrachter gewiß sein darf: Wann sieht man schon zwei reizende Marmorbilder, die sich küssen? In der Gartenloggia der Villa Farnesina in Rom hat 1511 Raffael mit seinen Gehilfen die Geschichte der beiden Liebenden als Zyklus gemalt; wenig später, um 1530, schufen Giulio Romano u.a. die ›Halle der Psyche‹ im Palazzo del Tè in Mantua, ein manieristisch-erotisches Festival der Sinnenfreude. Über den langbeinigen und langweiligen Liebesgott François Gérards und seine dümmliche Psyche haben wir schon im Zusammenhang mit Eros* gelästert; so bleiben uns noch ›Merkur und Psyche‹, eine Bronzegruppe von Adriaan de Vries (um 1593, Paris, Louvre) und Antonio Canovas Marmorgruppe ›Amor und Psyche‹, die genau zweihun-
dert Jahre jünger und im selben Museum zu finden ist.