Who's who in der antiken Mythologie
Kephalos
KephalosMann der Prokris, einer Tochter des Erechtheus*, nach kurzer, glücklicher Ehe von Eos* entführt. Da Kephalos unentwegt der verlorenen Gattin nachtrauerte, gab ihn die Göttin schließlich frei. Auf dem Heimweg stieg die Furcht in ihm hoch, seine Prokris könne ihm untreu geworden sein. Darum beschloß er, sie auf die Probe zu stellen, und Eos tat das Ihre dazu: Sie veränderte seine Erscheinung. Nun umwarb er die eigene Frau mit reichen Geschenken, bis sie schwach wurde und er triumphierte: »Du bist überführt, Treulose, ich kann es bezeugen!« Prokris entfloh und schloß sich dem Gefolge der Artemis* an, die ihr einen unfehlbaren Speer und einen Hund schenkte, dem kein Wild entkommen konnte. Diese Gaben erhielt Kephalos, als sich Prokris für die angetane Schmach revanchiert und sich wieder mit ihm ausgesöhnt hatte. Da ihr Mann gern auf die Jagd ging, glaubte nunmehr sie, Grund zur Eifersucht zu haben, und schlich ihm heimlich nach. Sie belauschte ihn und vernahm die Worte: »Kühle, so komm doch!« Ein Rascheln verriet sie in ihrem Versteck; Kephalos glaubte, da sei ein Wild, warf den unfehlbaren Speer und traf Prokris. Während sie in seinen Armen starb, bat sie ihn, nicht diese »Kühle« zu heiraten (Ovid, Metamorphosen VII 672–865). Die von Ovid nach griechi-
schen Quellen gestaltete tragische Liebesgeschichte stellte ihn vor ein schwieriges Übersetzungsproblem: Auf griechisch rief Kephalos eine nephele, eine Wolke, herbei, die ihm Schatten und Kühlung bringen sollte. Nephele kann im Griechischen auch ein Mädchenname sein, nicht so das entsprechende lateinische Wort. Darum setzte Ovid aura (kühles Lüftchen) an die Stelle der Wolke. Apollodor (Bibliothek III 197f.) führt das Zerwürfnis zwischen Kephalos und Prokris darauf zurück, daß diese sich um den Preis eines goldenen Kranzes mit einem anderen Mann einließ. Von Kephalos ertappt, floh sie zu König Minos* von Kreta, der sich sogleich in sie verliebte. Ein Verhältnis mit ihm aber brachte den sicheren Tod, denn seine Frau Pasiphae* hatte ihm, eifersüchtig wegen seiner zahllosen Eskapaden, ein Mittel gegeben, das Würmer im Leib jeder Frau, mit der er schlief, entstehen ließ. Prokris wußte sich durch ein Gegenmittel zu sichern und bekam für ihre Liebesdienste Speer und Hund.
Während diese unappetitliche Story mit Recht in Vergessenheit geriet, regte Ovids Romanze zahlreiche Maler an. So zeigt ein Fresko von Annibale Carracci im Palazzo Farnese zu Rom die Entführung des Kephalos durch Eos (um 1600); Nicolas Poussin schilderte die vergebliche Werbung der Göttin (Cephalus und Aurora, um 1630, London, National Gallery),
Piero di Cosimo den Tod der Prokris (um 1500, London, National Gallery). Von einem runden Dutzend Dramen, Opern und Balletten zum selben Thema ist nichts mehr lebendig.
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Ansicht: Kephalos