Who's who in der antiken Mythologie
Charon
CharonFährmann, der die Seelen der Verstorbenen in einem halbverfaulten Binsenboot über den Acheron* und den Kokytos ins Totenreich bringt, sofern jene nach Brauch bestattet wurden und unter der Zunge einen Obolos als Fährgeld bei sich haben. Andernfalls verweigert Charon die Beförderung, und die Abgewiesenen müssen ewig an den Ufern des Unterweltstroms klagen. Lebende Fahrgäste nimmt Charon nur auf, wenn sie so stark sind wie Herakles*, so herrlich singen wie Orpheus* oder einen goldenen Zweig vorweisen können wie Aineias*. Dessen Begegnung mit Charon schildert Vergil in der Aeneis VI 298–416.
Auf etruskischen Grabmalereien erscheint Charon als scheußlicher Todesdämon, der mit einem Hammer Sterbenden den Rest gibt. In dieser Maske betrat nach römischen Gladiatorenkämpfen ein Sklave die Arena, um mit dem Tod Ringende zu erschlagen. Erheitert zeigt den ewig mürrischen Fährmann der Spötter Lukian in seinem Dialog ›Charon‹ (um 160 n. Chr.): Nachdem Hermes* den Widerstrebenden überredet hat, nach endloser Plage ein bißchen Urlaub zu machen, und ihm von einem hohen Berg aus die Welt zeigt, da kann dieser angesichts der hektischen Geschäftigkeit der Menschen nur schallend lachen, weiß er doch, wo all diese Wichtigtuer bald enden werden.
Als grauenhaft und grausam schildert Dante den Fährmann der Verdammten im 6. Gesang des ›Inferno‹: »Mit Augen, die wie Flammenräder brannten, schart Charon alle Seelen hier zusammen, schlägt mit dem Ruder jeden, der da zaudert ...« Dementsprechend hebt Charon auch auf Michelangelos ›Jüngstem Gericht‹ (um 1540; Rom, Vatikan, Capella Sistina) das Ruder zum Schlag gegen seine erschreckt zurückweichenden Fahrgäste. Zweifellos hat die Gestalt des Teufels Züge des Charon/Charun angenommen, der im neugriechischen Volksglauben als Totengeleiter fortlebt.
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Ansicht: Charon