Who's who in der antiken Mythologie
Ariadne
AriadneTochter des Königs Minos* von Kreta und der Pasiphae*, Schwester der Phaidra*. Ariadne gab Theseus** vor seinem Gang ins Labyrinth den »Faden der Ariadne«, ein Garnknäuel, das er vom Eingang her abwickeln sollte, um später den Rückweg zu finden. Als ihm das gelungen war, wollte er aus Dankbarkeit die Königstochter nach Athen mitnehmen und heiraten, doch schon auf der Insel Dia, wohl dem späteren Naxos, »tötete Artemis sie, weil Dionysos* gegen sie zeugte« (Odyssee XI 324f.). Diese Stelle läßt vermuten, daß Ariadne sterben mußte, weil sie dem Gott die Treue gebrochen hatte, mit dem sie, wohl selbst ursprünglich eine Göttin, im Kult verbunden war. Nach späterer Überlieferung wurde sie von Dionysos dem Theseus geraubt, und erst seit dem Hellenismus stellten Dichter und Künstler die Sache so dar, als habe Theseus das arme Mädchen treulos verlassen. Solchen Vorbildern folgte der römische Dichter Catull, als er in seine ›Hochzeit des Peleus und der Thetis‹ die kunstvolle Beschreibung einer Bettdecke einfügte, worauf Ariadnes ganzer Jammer geschildert ist, aber auch das Erscheinen des Bacchus/Dionysos, der sich ihrer annimmt. Der lange Monolog der Enttäuschten wird bei Ovid (Heroides 10) zum Brief an den treulosen Theseus, der zur
Rückkehr aufgefordert wird. »Hab ich mich vorher getötet, so sammle Du meine Gebeine.« Im letzten Großepos der Antike, den Dionysiaka des Nonnos (5. Jahrhundert n. Chr.), füllt die Geschichte von Ariadne ein halbes Buch (47, 245–475); wiederum wird ihr Leiden lustvoll ausgekostet und betont, das Weinen habe sie nur noch reizender erscheinen lassen.
Eine schöne junge Frau, die sich in hemmungslosen Klagen ergeht, bis Bacchus mit seinem trunkenen Gefolge auftaucht und sie im Triumph heimführt, eine solche Mischung aus Sentiment und Wunder verlangte nach theatralischer Gestaltung. Im Bild gelang sie beispielsweise Tizian (Bacchus und Ariadne; um 1520, London, National Gallery): Ariadne will vor dem lärmenden Zug des Gottes fliehen, doch schon springt ein ungemein dynamischer Bacchus vom Wagen, um sie einzuholen. Für die Opernbühne komponierte schon Claudio Monteverdi eine ›Arianna‹ (1608); Georg Friedrich Händel (Ariadne auf Kreta, 1734), Josef Haydn (Ariadne auf Naxos, 1791) und viele andere folgten – so viele, daß Hugo von Hofmannsthal 1910 im Libretto für ›Ariadne auf Naxos‹ von Richard Strauss den im Grunde handlungsarmen, aber effektvollen Stoff als typisch für die Opera seria aufgriff und geistreich mit Elementen der Commedia del arte vermischte. Ein so vieltraktierter Gegenstand forderte auch dazu heraus, ihn literarisch zu verulken,
und tatsächlich hatten Ariadne-Travestien zeitweilig ihr Publikum, zum Beispiel die des einstigen »Erfolgsschriftstellers« August von Kotzebue (1803).
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