Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Zaleucus
Zaleucus, ein berühmter Gesetzgeber der Lokrier in Groß-Griechenland, ungefähr in der 29 Olymp. 664 J. v. Chr. Geb. Zwar ist von seinen eigentlichen Lebensumständen eben so wenig Gewisses bekannt, als von seinen Gesetzen. Indessen läßt sich aus den noch vorhandenen Fragmenten derselben so viel schließen, daß sie äußerst streng gewesen sein müssen. – Nach einer Erzählung des Aristoteles fragten die Lokrier wegen häufiger Zwistigkeiten das Orakel um Rath, und erhielten die Antwort: sie sollten sich Gesetzen unterwerfen, wenn ein Hirt im Stande wär, ihnen gute Gesetze zu geben. Man fand diesen in dem Zaleucus; und auf die Frage, wo er die Gesetze hernähme, antwortete er: sie wären ihm von der Minerva gegeben worden. Die Lokrier beschenkten ihn mit der Freiheit, und machten ihn zum Gesetzgeber. – Die Erzählung wird sehr bezweifelt, obgleich man sie auch nicht widerlegen kann; ja viele (z. B. unter den Alten Timäus, unter den Neueren Bentley) haben gar des Zaleucus Existenz geleugnet, aber gewiß mit Unrecht. Uebrigens war er selbst auf seine Gesetze so eifersüchtig, daß er, um schädlichen Neuerungen in denselben vorzubeugen, festsetzte: »Jeder, der ein neues Gesetz vorschlüge, und ein altes abgeschafft wissen wollte, solle mit einem Strick um den Hals erscheinen, mit welchem er sofort erwürgt werden sollte, dafern sein————
Gesetz nicht besser, als das des Zaleucus befunden würde.« – Eins von seinen weisen Gesetzen (die übrigens an allen Festtagen und öffentlichen Gastmählern vorgelesen werden mußten) verordnete unter andern auch: daß Schmuck von Gold und Edelsteinen nur öffentliche Dirnen tragen sollten – um dadurch den Luxus abzuhalten. Und von der Strenge, mit welcher er selbst auf Befolgung seiner eignen Gesetze hielt, mag zum Schluß dieses Art. eines der auffallendsten Beispiele, welches von mehreren Geschichtschreibern erzählt wird, als Beweis dienen: Eines seiner Gesetze veordnete, daß ein Ehebrecher beide Augen verlieren sollte. Als nun des Zaleucus eigner Sohn dieses Verbrechens angeklagt und überwiesen wurde; so ergriff er, auf das dringende Zureden des Volks, welches an dem Sohn schlechterdings nicht jene Strafe vollziehen lassen wollte, den Ausweg, sich selbst ein Auge ausstechen zu lassen, damit der Sohn nur das Gesicht nicht ganz verlieren möchte. Dieß Beispiel von Gerechtigkeit wirkte so stark auf das Volk, daß man, so lange jener Gesetzgeber lebte, von keinem Ehebruche hörte.
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