Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Ximenes, Francisco Gonzalez
Francisco Gonzalez Ximenes: dieser in der Spanischen Geschichte so wichtige Staatsmann, von armen, aber adlichen, Aeltern zu Torrelaguna in Altcastilien 1457 geb. studirte zwar anfangs zu Alcala und Salamanka: allein, der trocknen Scholastik bald müde, begab er sich nach Rom, von wannen er nichts als eine Bulle auf die erste Präbende, die erledigt werden würde, mitbrachte. Nach mehreren Verfolgungen – der Erzbischof von Toledo ließ ihn sogar eine Zeit lang in einen Thurm sperren – erhielt er eine Pfründe, trat zu Toledo in den Franciscanerorden, ward nachher Beichtvater der Königin Isabella, und 1495 Erzbischof von Toledo. Er widmete nun sein Vermögen dem Wohlthun, seine Dienste ganz dem Staate, setzte schlechte Beamte ab, arbeitete dem Wucher entgegen, reformirte die sehr gesunkenen Mönchsorden, und, trotz den meuchelmörderischen Nachstellungen dieser verdorbenen Monche, erreichte er doch seinen Zweck, wofür er durch den Papst Julius II. (1507) mit dem Cardinalshuthe, und von König Ferdinand dem Katholischen mit Uebertragung der Staatsgeschäfte belohnt wurde. (S. den Art. Spanien, S. 13.) Er wandte nun seine ganze Sorgfalt auf die Bekehrung der Muhamedaner zur christlichen Religion: und seine Absicht ging auf nichts weniger, als Spaniens Herrschaft unter den Mauren auszubreiten, und auf seine eigne————
Kosten und in eigner Person die Eroberung der Stadt Oran in Algier zu unternehmen; dieß geschah im Jahr 1509 auch wirklich. Als die Flotte dazu ausgerüstet war, und die einzuschiffenden Soldaten, deren Officiers keinen General zum Chef haben wollten, welcher den Priesterrock unter dem Harnisch trug, große Unruhen anfingen; so trat Ximenes aus seinem Zelte hervor, und hub eine Rede an die Rebellen an: ein Soldat unterbrach ihn, und rief: Geld! keine Rede! – Sofort hielt Ximenes inne, suchte den Soldat mit den Augen, ließ ihn sogleich arretiren, auf der Stelle hängen, und – fuhr dann in seiner Rede fort. Die Empörer, durch dieses strenge Beispiel geschreckt, fügten sich; die 80 Schiffe starke Flotte lief im Mai 1509 von Carthagena aus, und landete glücklich an den Küsten von Afrika. Der Cardinal, mit dem priesterlichen Schmucke angethan, von Geistlichen und Mönchen begleitet, vor ihm ein Franciscaner mit dem erzbischöflichen Kreuz, führte zu Pferde den Zug selbst an; die Mauren wurden zurückgeschlagen, und Oran, eine der reichsten Städte von Afrika, fast ohne Widerstand, wohl auch durch Verrätherei, aber unter schrecklichem Blutvergießen, das die Soldaten anrichteten, eingenommen und geplündert, so daß der Cardinal selbst bei dem an folgendem Tage gehaltenen Einzuge häufige Thränen vergoß, und mit Rührung sprach: »Es waren Ungläubige, aber Menschen, die man zu
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Christen machen konnte: ihr Todt hat mir den größten Vortheil des Sieges entrissen«. Er sorgte jetzt für die Sicherheit der Stadt, ließ neue Festungswerke anlegen, und verwandelte die Moscheen in Kirchen – die größte davon widmete er unsrer lieben Frauen. So kam der geistliche Eroberer von Oran triumphirend nach Spanien zurück, wo er aufs ausgezeichnetste von dem bis gegen Sevilla ihm entgegen kommenden König Ferdinand empfangen wurde. Mit unveränderlichem Eifer sorgte Ximenes immerfort fürs Beste der Spanischen Nation, ließ, um Theuerungen vorzubeugen, große Magazine anlegen, die er auf seine eignen Kosten füllte, so daß Ferdinand auch bei seinem Todte ihn 1516 zum Regent von Castilieu ernannte. Kein Wunder, daß diese Ehrenbezeugungen, und die außerordentliche Standhaftigkeit, mit welcher er seine Befehle durchsetzte, die Großen des Reichs und den ganzen Adel, den er zu demüthigen suchte, wieder ihn rege machten. Ohne sich irren zu lassen, fuhr er fort: er ließ Truppen zu Friedenszeiten formiren, stellte dadurch, ohne dem Pfluge die Menschen zu entziehen, eine Armee von 30,000 Mann, zog unnütze Pensionen ein, forderte allenthalben Ablegung der Rechnungen, und erwarb dadurch für den Staat unermeßliche Summen, womit die Staatsschulden bezahlt und viele nützliche Anstalten errichtet werden konnten. – Der große Mann starb 1517 den 8ten Nov. und, wie man
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vermuthet, an beigebrachtem Gift, in einem Alter von 60 Jahren. Seine hohen Verdienste, die nur kurz in dieser schwachen Skizze, so wie in dem angezog. Art. (S. 13. und 14.) angedeutet sind, bedürfen keines Lobpreisens; und wenn so manche Fehler (unter denen man Stolz, Starrsinn, zum Theil auch Grausamkeit obenan stellt) die trefflichen Eigenschaften eines der verdientesten Männer um Spanien einiger Maßen verdunkelten, so war dieß das Loos fast aller großen Männer, die davon nicht frei waren, aber jene Fehler durch ihre glänzenden Verdienste so ganz im Hintergrund stellten. Ximenes war auch der Stifter der Universität Alcala; und zu der auf seine Veranstaltung unternommenen Herausgabe der Polyglotten-Bibel gab er 60,000 Ducaten her. Noch verdient auch der thätige Antheil, den er an der Einrichtung seines vaterländischen Kirchengesanges nahm, Erwähnung, indem er im Jahr 1500 zu Toledo den so genannten Mozarabischen Gesang einführte, der von dem Ambrosianischen und Gregorianischen in manchen Stücken, hauptsächlich aber in der veränderten Folge der bei der Messe und den Horis gebräuchlichen Gesänge abwich.
Kosten und in eigner Person die Eroberung der Stadt Oran in Algier zu unternehmen; dieß geschah im Jahr 1509 auch wirklich. Als die Flotte dazu ausgerüstet war, und die einzuschiffenden Soldaten, deren Officiers keinen General zum Chef haben wollten, welcher den Priesterrock unter dem Harnisch trug, große Unruhen anfingen; so trat Ximenes aus seinem Zelte hervor, und hub eine Rede an die Rebellen an: ein Soldat unterbrach ihn, und rief: Geld! keine Rede! – Sofort hielt Ximenes inne, suchte den Soldat mit den Augen, ließ ihn sogleich arretiren, auf der Stelle hängen, und – fuhr dann in seiner Rede fort. Die Empörer, durch dieses strenge Beispiel geschreckt, fügten sich; die 80 Schiffe starke Flotte lief im Mai 1509 von Carthagena aus, und landete glücklich an den Küsten von Afrika. Der Cardinal, mit dem priesterlichen Schmucke angethan, von Geistlichen und Mönchen begleitet, vor ihm ein Franciscaner mit dem erzbischöflichen Kreuz, führte zu Pferde den Zug selbst an; die Mauren wurden zurückgeschlagen, und Oran, eine der reichsten Städte von Afrika, fast ohne Widerstand, wohl auch durch Verrätherei, aber unter schrecklichem Blutvergießen, das die Soldaten anrichteten, eingenommen und geplündert, so daß der Cardinal selbst bei dem an folgendem Tage gehaltenen Einzuge häufige Thränen vergoß, und mit Rührung sprach: »Es waren Ungläubige, aber Menschen, die man zu
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Christen machen konnte: ihr Todt hat mir den größten Vortheil des Sieges entrissen«. Er sorgte jetzt für die Sicherheit der Stadt, ließ neue Festungswerke anlegen, und verwandelte die Moscheen in Kirchen – die größte davon widmete er unsrer lieben Frauen. So kam der geistliche Eroberer von Oran triumphirend nach Spanien zurück, wo er aufs ausgezeichnetste von dem bis gegen Sevilla ihm entgegen kommenden König Ferdinand empfangen wurde. Mit unveränderlichem Eifer sorgte Ximenes immerfort fürs Beste der Spanischen Nation, ließ, um Theuerungen vorzubeugen, große Magazine anlegen, die er auf seine eignen Kosten füllte, so daß Ferdinand auch bei seinem Todte ihn 1516 zum Regent von Castilieu ernannte. Kein Wunder, daß diese Ehrenbezeugungen, und die außerordentliche Standhaftigkeit, mit welcher er seine Befehle durchsetzte, die Großen des Reichs und den ganzen Adel, den er zu demüthigen suchte, wieder ihn rege machten. Ohne sich irren zu lassen, fuhr er fort: er ließ Truppen zu Friedenszeiten formiren, stellte dadurch, ohne dem Pfluge die Menschen zu entziehen, eine Armee von 30,000 Mann, zog unnütze Pensionen ein, forderte allenthalben Ablegung der Rechnungen, und erwarb dadurch für den Staat unermeßliche Summen, womit die Staatsschulden bezahlt und viele nützliche Anstalten errichtet werden konnten. – Der große Mann starb 1517 den 8ten Nov. und, wie man
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vermuthet, an beigebrachtem Gift, in einem Alter von 60 Jahren. Seine hohen Verdienste, die nur kurz in dieser schwachen Skizze, so wie in dem angezog. Art. (S. 13. und 14.) angedeutet sind, bedürfen keines Lobpreisens; und wenn so manche Fehler (unter denen man Stolz, Starrsinn, zum Theil auch Grausamkeit obenan stellt) die trefflichen Eigenschaften eines der verdientesten Männer um Spanien einiger Maßen verdunkelten, so war dieß das Loos fast aller großen Männer, die davon nicht frei waren, aber jene Fehler durch ihre glänzenden Verdienste so ganz im Hintergrund stellten. Ximenes war auch der Stifter der Universität Alcala; und zu der auf seine Veranstaltung unternommenen Herausgabe der Polyglotten-Bibel gab er 60,000 Ducaten her. Noch verdient auch der thätige Antheil, den er an der Einrichtung seines vaterländischen Kirchengesanges nahm, Erwähnung, indem er im Jahr 1500 zu Toledo den so genannten Mozarabischen Gesang einführte, der von dem Ambrosianischen und Gregorianischen in manchen Stücken, hauptsächlich aber in der veränderten Folge der bei der Messe und den Horis gebräuchlichen Gesänge abwich.