Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Wittekind
Wittekind, gewöhnlich mit dem Beinamen: der Große, einer der vorzüglichsten Heerführer der Sachsen, im letzten Drittheile des 8ten Jahrhunderts, stammte aus einem Geschlechte, das sich durch seine Tapferkeit bei seiner Nation vielen Ruhm erworben hatte. Ungeachtet seine eigne Lebensgeschichte zum Theil in ziemliches Dunkel gehüllet ist, so bezeugen doch alle Geschichtschreiber, die uns von Carls des Großen Kriegen gegen die Sachsen Nachricht geben, seine Tapferkeit einstimmig. Die Sachsen waren schon unter Carls des Großen Vater, Pipin dem Kurzen (s. dies. Art.), genöthigt worden, den Franken einen jährlichen Tribut zu geben; allein Carl wollte nicht bloß Tribut von ihnen, sondern sie sich völlig unterwürfig machen. Ihre vorzüglichste Festung war Ehresburg (die, wie man sagt, bei Stadtberg im ehemahligen Herzogthum Westphalen lag); und in deren Nähe befand sich die Irmensäule (s. dies. Art.). Die Eroberung der ersteren schien Carln vorzüglich wichtig. Als er daher 772 den Krieg gegen die Sachsen beschlossen hatte, griff er sogleich jene Festung an, eroberte sie, und zerstörte die Irmensäule. Dieß bewog zwar die an der Weser wohnenden Sachsen mit Carln Friede zu machen, und ihm zur Sicherheit Geißeln zu geben; allein, kaum hatte Carl im Jahr 774 seinen Marsch nach Italien angetreten, um die Langobarden————
(s. dies. Art.) zu bekriegen, so entriß ihm Wittekind, den die Sachsen zu ihrem Anführer erwählt hatten, diese Festung wieder, und zerstörte sie. Carl eilte aus Italien zurück, verwüstete einen Theil der Sächsischen Lande, schlug die rebellischen Sachsen in einigen Treffen, entriß ihnen eine zweite Festung, und führte Ehresburg wieder auf, doch nur, um sie im Jahr 776 von Wittekind abermahls zerstört zu finden. Carl zwang die Empörer von neuem zur Unterwerfung und zur Taufe; allein vergebens erwartete er Wittekindʼs Unterwerfung, der sich indeß zu seinem Schwiegervater, Siegfried, König von Dännemark, begeben hatte, und nun Carls Entfernung erwartete, um abermahls die Franken anzugreifen. Kaum war daher Carl 778 nach Spanien gegangen, um auch dort Eroberungen zu machen, so drang Wittekind von neuem bis an den Rhein vor, und verwüstete, da ihm ein Uebergang über diesen Fluß unmöglich war, die ganze Gegend vom Rhein bis an die Mosel. Allein er wurde jetzt und im folgenden Jahre von den Franken geschlagen; und Carl, der immer weiter vordrang, brachte jetzt einen beträchtlichen Theil der Sachsen zur Unterwerfung. Wittekind wartete nur auf Carls Entfernung von der Armee, stellte sich wieder an die Spitze seiner Armee, u. schlug 782 die Franken bei Suntal (wie man glaubt: Münder im Braunschweigischen) aufʼs Haupt. Carl rückte wieder vor; und aus Verdruß, daß
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Wittekind auch dieß Mahl seiner Rache entgangen war, nahm er an den besiegten Sachsen die blutigste Rache, indem er mehrere Tausende niederhauen ließ. So vielfältige Erfahrungen hatten ihn endlich belehrt, daß Wittekind zwar geschlagen, aber nicht völlig besiegt werden könne. Er versprach ihm daher sicheres Geleit und Freiheit, stellte ihm Geißeln für seine Sicherheit, und berief ihn zu sich. Wittekind erschien mit seinen Begleitern, und erhielt, nachdem er sich hatte taufen lassen, seine Besitzungen in Sachsen zurück und den Titel eines Herzogs von Sachsen. Seine spätern Schicksale lassen sich nicht mit Gewißheit angeben, so viel und so verschiedenes auch manche Chronikenschreiber von denselben zu erzählen wissen. Allein eben dieses Stillschweigen der gleichzeitigen Schriftsteller ist der beste Beweis dafür: daß er wenigstens nicht wieder als Carls Feind aufgetreten sei. Wenn man übrigens erwägt, daß der siegreiche Carl dreizehn Jahre lang mit ihm kämpfte, ohne ihn zur Unterwerfung zu bringen, daß es jedes Mahl nur Wittekinds Gegenwart bedurfte, um seine geschlagenen Landsleute von neuem um sich zu versammlen, daß nicht Er Carln Unterwerfung, sondern Carl ihm Friede und Versöhnung freiwillig antrug; so bedarf es wohl keines Beweises, daß Wittekind kein verächtlicher Gegner Carls gewesen sei, und daß er ein ehrenvolles Andenken in der Geschichte verdient, wenn
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schon das Glück seine Unternehmungen nicht immer, und in der Hauptsache gar nicht begünstigte.
(s. dies. Art.) zu bekriegen, so entriß ihm Wittekind, den die Sachsen zu ihrem Anführer erwählt hatten, diese Festung wieder, und zerstörte sie. Carl eilte aus Italien zurück, verwüstete einen Theil der Sächsischen Lande, schlug die rebellischen Sachsen in einigen Treffen, entriß ihnen eine zweite Festung, und führte Ehresburg wieder auf, doch nur, um sie im Jahr 776 von Wittekind abermahls zerstört zu finden. Carl zwang die Empörer von neuem zur Unterwerfung und zur Taufe; allein vergebens erwartete er Wittekindʼs Unterwerfung, der sich indeß zu seinem Schwiegervater, Siegfried, König von Dännemark, begeben hatte, und nun Carls Entfernung erwartete, um abermahls die Franken anzugreifen. Kaum war daher Carl 778 nach Spanien gegangen, um auch dort Eroberungen zu machen, so drang Wittekind von neuem bis an den Rhein vor, und verwüstete, da ihm ein Uebergang über diesen Fluß unmöglich war, die ganze Gegend vom Rhein bis an die Mosel. Allein er wurde jetzt und im folgenden Jahre von den Franken geschlagen; und Carl, der immer weiter vordrang, brachte jetzt einen beträchtlichen Theil der Sachsen zur Unterwerfung. Wittekind wartete nur auf Carls Entfernung von der Armee, stellte sich wieder an die Spitze seiner Armee, u. schlug 782 die Franken bei Suntal (wie man glaubt: Münder im Braunschweigischen) aufʼs Haupt. Carl rückte wieder vor; und aus Verdruß, daß
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Wittekind auch dieß Mahl seiner Rache entgangen war, nahm er an den besiegten Sachsen die blutigste Rache, indem er mehrere Tausende niederhauen ließ. So vielfältige Erfahrungen hatten ihn endlich belehrt, daß Wittekind zwar geschlagen, aber nicht völlig besiegt werden könne. Er versprach ihm daher sicheres Geleit und Freiheit, stellte ihm Geißeln für seine Sicherheit, und berief ihn zu sich. Wittekind erschien mit seinen Begleitern, und erhielt, nachdem er sich hatte taufen lassen, seine Besitzungen in Sachsen zurück und den Titel eines Herzogs von Sachsen. Seine spätern Schicksale lassen sich nicht mit Gewißheit angeben, so viel und so verschiedenes auch manche Chronikenschreiber von denselben zu erzählen wissen. Allein eben dieses Stillschweigen der gleichzeitigen Schriftsteller ist der beste Beweis dafür: daß er wenigstens nicht wieder als Carls Feind aufgetreten sei. Wenn man übrigens erwägt, daß der siegreiche Carl dreizehn Jahre lang mit ihm kämpfte, ohne ihn zur Unterwerfung zu bringen, daß es jedes Mahl nur Wittekinds Gegenwart bedurfte, um seine geschlagenen Landsleute von neuem um sich zu versammlen, daß nicht Er Carln Unterwerfung, sondern Carl ihm Friede und Versöhnung freiwillig antrug; so bedarf es wohl keines Beweises, daß Wittekind kein verächtlicher Gegner Carls gewesen sei, und daß er ein ehrenvolles Andenken in der Geschichte verdient, wenn
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schon das Glück seine Unternehmungen nicht immer, und in der Hauptsache gar nicht begünstigte.