Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Wirtemberg
Wirtemberg, (s. die Note S. 205.*).————————
Wirtemberg (Würtemberg). Seit der Enthauptung des unglücklichen Conradins von Schwaben (s. dies. Art. und den Art. Schwaben, Th. V. S. 149) gab es keinen schwäbischen Herzog mehr, wol aber erweiterten nun die kleineren Fürsten ihr Gebiet. So breitete sich denn auch die Grafschaft Wirtemberg immer mehr aus, indem sie durch Heirathen, Käufe, auch durchs Schwert viele Herrschaften an sich brachte und endlich 1495 vom Kaiser Maximilian I. zum Herzogthum unter Eberhard dem Aeltern erhoben wurde. Im J. 1519 wurde das Herzogthum dem Herzog Ulrich von dem schwäbischen Bunde genommen; da dieser es aber nicht behaupten konnte, verkaufte er es 1520 an Kaiser Carl V., welcher seinen Bruder Ferdinand I. 1521 damit belieb. Indessen wurde es doch durch Vermittelung Landgraf Philipps von Hessen dem Herzog 1534 jedoch unter der Bedingung zurückgegeben, daß er es als Lehen vom Hause Oestreich anerkennen sollte; aber auch diese Lehensunterthänigkeit nahm unter Herzog Friedrich im J. 1599 ein Ende, welcher sie dem Kaiser Rudolph II. durch eine große Summe Geldes abkaufte, jedoch mit Vorbehalt des Anfalls an Oestreich nach Abgang des männlichen Stammes. Sehr viel hat übrigens das Herzogthum Wirtemberg nicht nur in den französischen Kriegen im 17 Jahrhundert, sondern auch besonders in dem spanischen
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Successions-Kriege in dem ersten Zehend des 18. Jahrhunderts; dann in dem siebenjährigen und endlich in den neuesten französischen Kriegen gelitten; indessen war doch bei den letzten die Folge, daß es im J. 1803 zugleich mit Hessencassel, Baden und Salzburg die Churwürde, ja durch den Frieden zu Presburg 1806 und, auf ausdrückliche Vermittelung des französischen Kaisers, den Titel eines Königs von Schwaben, zugleich auch die 5 Donaustädte Echingen, Riedlingen etc. die Grafschaft Hohenberg u. m. überhaupt aber einen Zuwachs von 40 Quadrat-Meilen mit 150,000 Einwohnern erhielt, obgleich es in dem Jahre zuvor 1805, nach den nachdrücklichsten Bemühungen, eine Neutralitäts-Verbindung zu Stande zu bringen, bei einem gewaltsamen Eindringen der Franzosen in das Wirtembergische, die ernstlichsten Beschwerden darüber geführt hatte, kurz darauf aber, als der französische Kaiser selbst in Ludwigslust eingetroffen war, sich zu einem Allianz-Tractat mit letzterem im October 1805 verstand, wodurch ihm, damals noch Churfürst, die Unabhängigkeit und Integrität seiner Lande garantirt, dagegen aber von ihm eine thätige Theilnahme an dem Kriege gegen Oestreich versprochen wurde und er zugleich sich anheischig machte, 8 bis 10,000 Mann zur französischen Armee zu stellen. – Uebrigens hatten die Disharmonieen, welche theils zwischen dem Regenten und den Land-
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ständen, theils auch zwischen jenem und seinem Sohn statt fanden, das Bedauern jedes Patrioten auf sich gezogen. Der Kurprinz nemlich verließ plötzlich im April 1803 Stuttgard, ging nach Wien, wo er als Feldmarschall, Lieutenant in kaiserliche Dienste trat, dann auch nach Paris, und ob man gleich in der Folge auch von hier aus Versuche machte, so war doch an keine Aussöhnung zwischen Vater und Sohn zu denken. Nur erst im Oct. des J. 1805, wo der Allianztractat zwischen Napoleon und dem Churfürst zu Stande kam, schien jener die Versöhnung bewirkt zu haben, da auch der Kronprinz noch in demselben Jahre nach Stuttgard zurückkam. Eben so war es zwischen dem Churfürsten und den Landständen zu ansehnlichen Streitigkeiten gekommen, indem ersterer den von ihm am 22. Febr. 1804 wegen Tilgung der Schulden der Kriegsprästationskasse berufenen Landtag am 20. Juni wieder aufhob und zwei Commissionen zur Untersuchung gegen einzelne Mitglieder, so wie zur Untersuchung der Landeskassen niedersetzte, ja sogar mehrere, trotz der nachdrücklichsten Vorstellungen des größern und kleinern Ausschusses, arretiren und auf die Festung Hohenasperg bringen ließ, so daß auch einige Beisitzer nach Wien abgingen, um des Kaisers Beistand wider solche gesetzwidrige Handlungen sich zu erbitten. Endlich berief der Churfürst einen neuen Landtag, welcher den 27. Nov. eröfnet,
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dabei auch die Verhafteten frei gelassen wurden; allein es entstand bald wieder über die neugewählten Ausschußmitglieder Streit, welche der Churfürst nicht bestätigen, dagegen der Landtag die Winteranlage (Beitrag zur Unterhaltung des Militairs während des Winters) nicht bestätigen wollte. Der Churfürst ergriff zuletzt gewaltsame Maßregeln, ließ (zu Anfang des J. 1805) den Beamten die Kassenvorräthe wegnehmen u. s. f. Ein Reichshofrathsconclusum vom 1. Febr. cassirte zwar jene Untersuchung der Verwaltung der Landesgelder; allein umsonst. Durch den endlich am 19. Dec. 1805 vom Marschall Berthier aus Napoleons Hauptquartiere zu Schönbrunn erlassenen Armeebefehl, wodurch unter andern auch dem Churfürst von Wirtemberg die vollkommene und gänzliche Souverainität von dem französischen Kaiser garantirt wurde, war nun auch mit Einemmale die ständische Verfassung vernichtet und jene Souverainität wurde auch durch den presburger Frieden, dessen 14ter Artikel zugleich die wirtembergische Königswürde bestätiget, aufs neue zugestanden.
  Und so ist denn nun die Regierung dieses Königreichs Wirtemberg, an dessen Spitze König Friedrich (vorher Friedrich II.) steht, ganz monarchisch und die oberste Staatsbehörde das Staatsministerium, welches hauptsächlich aus den Chefs der 6 Departements: 1) der auswärtigen Angelegenheiten, 2) des Innern, 3)
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des Justiz-, 4) des Kriegs-, 5) des Finanz-, 6) des geistlichen Depart. besteht. Auch sind im Jahr 1808 vier Kronerbämter errichtet worden: nemlich Erbreichsmarschall, Erbreichs Oberhofmeister, Reichserboberkammerherr und Erbreichspanner. Die Kriegsmacht rechnet man auf 20,000 Mann – die Staatseinkünfte 8 Mill. Gulden.
  Das Land, dessen Umfang auf 248 Quadrat-Meilen und die Einwohnerzahl 932 340, von andern auf 1,182,130 angegeben wird, und welches gegen N. und O. an Baiern, gegen W. und S. an Baden grenzt, ist in 12 Kreise abgetheilt, hat durchaus gebirgigen, aber doch meist fruchtbaren Boden, und im Ganzen mildes und gesundes Klima. Die Hauptgebirge sind der Alp und der Schwarzwald; der Hauptfluß ist der Neckar. Die Hauptproducte sind: Gartenfrüchte, Obst, Wein (hauptsächlich am Neckar), Getreide (nicht hinlänglich), Salz, Salpeter, Marmor, Gyps (ein Hauptartikel, welcher bei Heilbronn gebrochen wird und roh und gemalen in die Pfalz und weiter geht; man giebt die Ausfuhr jährlich auf 100,000 Ctr. an), Agar, Silder, Eisen, Steinkohlen, Torf etc. Einen seiner blühendsten Zweige des landwirthschaftlichen Gewerbes macht die Schafzucht aus. In dem J. 1770 war die Anzahl der auf einzelnen Weiden (zwischen 7 bis 800) zu weidenden Schafe fast an 300,000. Durch Krieg und andere Unglucksfalle hat sie zwar in der
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Folge sehr gelitten, indessen ist neuerlich auf Herstellung derselben sehr gedacht worden. Hauptsächlich hat auch die spanische Schafzucht, durch Herzog Carls gute Anstalten seit 1786 eingeführt, großen Vortheil zuwege gebracht. Die Manufakturen dieses Landes bestehen besonders in Garnspinnen, Leinweberei, Baumwollspinnen; ferner sind die Uhrenfabrication im Schwarzwalde, so wie die Holzwaarenfabrication in Ellwangen, Adelmannsfelden etc. wichtig. Die Tabakspfeifenköpfe, Uhren, und hauptsächlich Glockenspiele werden bis nach Amerika verführt. Der Handel erstreckt sich meistens auf Ausfuhr der Naturproducte: Wein, Obst, Schafe, Holzarbeiten, Gyps, Flachs, Leinwand, hölzerne Uhren etc. Die wichtigste Handelsstadt ist Heilbronn, dann Calw; auch sind Leinwandhandlungsgesellschaften zu Heidenheim und Urach. – Die Haupt- und Residenzstadt ist bekanntermaßen Stuttgard (s. d. A.).
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