Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Weimar
Weimar, das Herzogthum, ein Theil von der Landgrafschaft Thüringen (m. s. auch den Art. Thüringen) zwischen dem königl. Sächsischen, Erfurtischen und Altenburgischen Gebiete gelegen, besteht aus den beiden Fürstenthümern Weimar und Eisenach (jedes von diesen Fürstenthümern hat seine besondere Landes- Regierung, sein Consistorium, seine Kammer etc.). Ein schönes mit sehr gutem Acker- und Obstbau, trefflicher Schaf- und Rindzucht, auch beträchtlichen Waldungen und Steinbrüchen gesegnetes Land. Die Flüsse Ilm und Saale durchschneiden das Land, und bilden treffliche Thäler, welche besonders die Rindviehzucht sehr begünstigen. An Manufacturen sind besonders die von gewirkten und gestrickten wollenen Strümpfen wichtig. Das Land, dessen Einwohner für Weimar ungefähr 68,000, und für Eisenach etwa 36,000 an der Zahl gerechnet werden, ist der Lutherischen Religion zugethan, und wird in Ansehung Weimars in sieben Aemter, in Ansehung der Jenaischen Landesportion1 in zwei Aemter getheilt. – Uebrigens gehören auch noch dem Herzog von Sachsen-Weimar ein ansehnlicher Theil von der Grafschaft Henneberg, und, außer mehreren, auch das einträgliche Thüringische Geleite, endlich auch die Steuerbarkeit des Senioratamts Oldisleben (welches aber außerdem eigentlich dem jedesmahligen Senior der Ernestinischen————
Linie zusteht), so daß man überhaupt die Größe der Sachsen-Weimarischen Besitzungen auf 35¾ Quadr. Meilen (wovon Weimar 19¾, und Eisenach 11 hält) mit ungefähr 110,000 Einwohnern und 500,000 Rthlr. Einkunfte rechnet. – Uebrigens wurde Weimar vermöge des am 16. Dec. 1806 zu Posen abgeschlossenen Tractats, so wie die übrigen Sächsischen Fürstenhäuser, in den Rheinbund aufgenommen. – Die Residenzstadt dieses Herzogthums heißt auch
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Fußnoten
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1 Diese Jenaische Landesvortion entstand bei der Theilung 1672, wo einer von den theilenden Brüdern, Beruhard, diese Linie zu Jena stiftete. 1690 fiel ein Theil davon, und 1741 auch der übrige Theil an Weimar zurück: allein die unterdessen eingeführte besondere landschaftliche Verfassung jener so genannten Jenaischen Landesportion wurde beibehalten; daher sie sich auch von dem Fürstenthum Weimar unterscheidet.
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Weimar, an dem Flusse Ilm gelegen, mit ungefähr 7000 Einwohnern. – Bei der Landestheilung 1445 (s. den Art. Thüringen) kam diese Stadt an Herzog Wilhelm II. und blieb seitdem fast ununterbrochen ein Wohnsitz der Landesfürsten. Jener Herzog sowohl, als seine Vettern, Ernst und Albrecht, erwarben sich viele Verdienste um diesen Ort; und ob gleich die Geistlichen sich der Ausbreitung der Lutherischen Lehrsätze sehr widersetzten, so mußten sie sich doch der Visitation von 1527 fügen, ja die Franciscaner im Jahr 1533 die Stadt verlassen. – Und nun, welcher gebildete Leser nennt nicht mit Vergnügen einen Ort, der schon so lange Zeit der Aufenthalt der merkwürdigsten Dichter, Gelehrten und Künstler unsers Zeitalters war und noch ist! Ein Wieland, ein Göthe, ein Schiller, ein Herder – Namen, die jeder nur etwas Gebildete mit inniger Verehrung ausspricht, stehen an der Spitze. Daß diese alle unter dem Schutze und der Begünstigung einer der erhabensten Damen, wie die im April 1807 zur Trauer aller Edlen verstorbene verw. Herzogin Anna Amalia war; eines Regenten, wie der jetzige Herzog, sein Erbprinz, und dessen so allgemein verehrte und geliebte Gemahlin sind die höchste Stufe der Bewunderung erreichen mußten, wird Keinen Wunder nehmen, der es weiß, wie mächtig die Achtung und Verehrung hoher Porsonen für
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die Wissenschaften und schönen Künste wirkt. Wenn auch gleich die Stadt Weimar an sich selbst nur klein ist, so zeigt doch schon ihr ganzes Aeußere, welchen bedeutenden Inhalt sie fasse. Das neue Schloß (welches 1774 zwar abbrannte, aber dann wieder hergestellt wurde) nebst dem daran stoßenden reitzenden Park und das eine halbe Stunde davon liegende reitzende Belvedere – die ansehnliche Bibliothek, das Münzcabinett; ein Gymnasium, eine Zeichenschule, eine Torevticafabrik; das unter der Leitung eines Göthe und Schiller so berühmt gewordene Theater – Alles giebt die sprechendsten Beweise, daß hier eigentlich ein wahrer Sitz der Musen sei.
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Ansicht: Weimar