Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Wallenstein, Albrecht Graf von
Albrecht Graf von Wallenstein, geboren den 14ten Sept. 1583 zu Prag, zeigte schon in der frühsten Kindheit jenen hartnäckigen, unbändigen Geist, der immer, nur sich selbst genügend, auf ungewohnten Pfaden seinen großen Lauf verfolgt. Weder im väterlichen Hause, noch durch seine Lehrer zu Goldberg in Schlesien und Altdorf gezähmt, bestimmte er sich zur militairischen Laufbahn, nachdem er mehrere Länder durchreist, und die evangelische Religion mit der katholischen, weil diese seine ehrgeitzigen Pläne mehr zu begünstigen schien, vertauscht hatte. Für die höhern Wissenschaften, die nie ihn fesseln konnten, entschädigte ihn die Astrologie, in die er zu Padua eingeweiht wurde, und die seinen schwärmerischen Planen mehr Reitz und Nahrung gab. Er setzte sich durch die Heirath mit einer alten Witwe, die aber bald starb, in den Besitz außerordentlicher Reichthümer und großer Güter in Mähren, so daß er dem Erzherzoge Ferdinand von Steiermark zum Kriege gegen Venedig zwei hundert Reiter zuführen und sie auf seine Kosten unterhalten konnte. Er zeichnete sich hier durch Muth und Kühnheit eben sowohl, als nach der Beendigung dieses kurzen Kriegs durch freigebige, prachtvolle Verschwendung aus; bald aber gewann er auch Einfluß auf die öffentlichen Verhältnisse durch eine zweite Heirath mit der Tochter des Grafen von Harrach.————
Ferdinand, der, nach Besteigung der Thronen von Ungarn und Böhmen, die Religionsfreiheit der letztern vernichtete, zündete dadurch den dreißigjährigen Krieg an. Die Böhmen, Schlesier und Mähren vereinigten sich, und belagerten Wien. Wallenstein führte dem bedrängten Ferdinand tausend Cürassiere zu; diese Schar war es vorzüglich, durch welche die Böhmen zurückgeschlagen wurden. Als nun Ferdinand zum Deutschen Churfürst, Friedrich von der Pfalz zum Böhmischen Könige erwählt wurde, und die Böhmen alle Anhänger von Oestreich vertrieben, traf auch Wallenstein ein gleiches Schicksal mit dem Verlust seiner herrlichen Güter. Von neuem wurde Ferdinand bedrängt, und von Bethlen Gabor selbst in Wien belagert. Auch hier rettete ihn Wallenstein zum zweiten Mahle durch Muth und Entschlossenheit. Mit Hülfe der Liguistischen Armee, unter Anführung Marimilians, des Herzogs von Bayern, wurde der neue Böhmische König vertrieben, und von Ferdinand, der jetzt Kaiser geworden war, in die Acht erklärt. Wallenstein erhielt jetzt Mähren zur Beschützung. Der Kaiser aber, nicht zufrieden mit der Wiedereroberung seiner Erbländer, schien die Religions-Freiheit von ganz Deutschland vernichten, und dadurch zugleich die unumschränkte Herrschaft über das Reich an sich reißen zu wollen. Nur zu bald merkte man diese Absichten, und bewaffnete sich von neuem gegen den
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Kaiser; und von hier an begann nun der eigentliche dreißigjährige Krieg (s. dies. Art.). Der Kaiser hatte jetzt keine eigne Armee, sondern bloß die Truppen der Ligue standen auf dem Schauplatze, denen er nicht ganz trauen, noch sie zu seinen Privatzwecken gebrauchen durfte, und auf seine eignen Unterthanen konnte er nicht rechnen, die sich gewiß größten Theils gegen ihn, statt für ihn, bewaffnet hätten. In dieser Verlegenheit erbot sich Wallenstein, auf seine und seiner Freunde Kosten eine Armee auszurüsten, und sogar die Unterhaltungskosten dem Kaiser zu ersparen; und ob man schon anfangs dieß Unternehmen für eine Chimäre hielt, so gestattete man es doch, weil man nichts beßres zu thun wußte. Sogleich setzte Wallenstein, der zum Herzog von Friedland ernannt war, seinen Plan ins Werk, und sammelte in kurzem ein Heer von 20,000 Mann, bewaffnete und organisirte es, und erschien bald darauf mit diesem in Niedersachsen. Der Kaiser gab zur ganzen Unternehmung nichts als den Namen; Wallenstein ordnete alles nach seinem Willen, wählte eigenmächtig alle Officiere zu Roß und Fuß, und selbst die Bitten des Kaisers und seiner Lieblinge vermochten nichts über seinen harten Sinn. In Niedersachsen, wo er einige feste Plätze eroberte, sollte er sich eigentlich mit Tilly vereinen; allein, zu eifersüchtig auf seinen Ruhm, wollte er selbstmächtig, nur für sich und seine Ehre allein agi-
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ren. Er besetzte Halberstadt und Dessau, und suchte so durch den Besitz der Elbe die mächtigen Feinde von den kaiserlichen Erbstaaten abzuschneiden; und ob er schon anfangs den Grafen Mansfeld schlug, so konnte er ihn doch nicht von einem Einfall in Schlesien, wo er sich mit Bethlen Gabor vereinen wollte, abhalten: Wallenstein eilte nach; aber Mansfeld entging ihm. Jetzt war seine Armee in Schlesien durch Hunger, Kälte und Seuchen ganz geschmolzen; aber im Frühling des folgenden Jahres, 1627, hatte er schon wieder bei Neiße 40,000 Mann gesammelt, eroberte mit ihnen alle festen Puncte Schlesiens, die der Feind inne hatte, zog dann vor Berlin, und zwang den Churfürsten zum Frieden. Im August dieses Jahres stand er schon in Mecklenburg, und drängte die Dänen mit Tillys Hülfe nach Holstein zurück, überredete aber jetzt den General Tilly, mit seiner Armee über die Weser zurück zu gehen, so daß ihm die völlige Vernichtung der Dänen allein überblieb. Holstein ward jetzt ganz seine Beute: von hier aus drang er nach Schleswig und Jütland, und schlug die Dänen auf allen Puncten zurück, bis das Meer seine Eroberungen hemmte; und er soll daher aus Ingrimm glühende Kugeln gegen dasselbe haben schleudern lassen. Zur Belohnung seiner Thaten und zur Entschädigung für die Kriegskosten erhielt er jetzt das Herzogthum Mecklenburg und das Fürstenthum Sagan. Er ließ sich jetzt
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zum Admiral von der Ostsee ernennen, suchte von der Hanse Schiffe zusammenzutreiben, um damit den König von Dännemark ganz zu vernichten, und auch für sich und seine Besitzungen eine Seemacht zu begründen. Zu diesem Endzwecke suchte er Stralsund mit aller Anstrengung zu gewinnen: der Friede aber mit Dännemark vereitelte die Plane zu einer Seemacht; so wie er überhaupt den Eroberungen Wallensteins Grenzen setzte. Auf dem Reichstage zu Regensburg stand jetzt das ganze Deutsche Reich, Freunde und Feinde, Protestanten und Katholiken, als Ankläger Wallensteins auf. Es war überall nur eine Stimme über seine schrecklichen und beispiellosen Gewaltthätigkeiten, und das Mittel, wodurch er seine zahlreichen Heere ernährt und geführt, kam hier am Tag. Ferdinand mußte den allgemeinen Bestürmungen der Stände weichen – Wallenstein wurde des Commandoʼs entsetzt. Ruhig empfing er die Nachricht davon, und ging, mit verhaltnem Groll und Rache dürstend, auf seine Böhmischen Güter, wo er mit königlichem Prunke und unermeßlicher Pracht lebte. Als aber 1630 Gustav Adolph (s. dies. Art.) nach Deutschland kam, überall siegreich vordrang, und die kaiserlichen Erbstaaten bedrohte, hatte der Kaiser keine Armee und keinen guten Feldherrn mehr, und in dieser verzweifelten Lage mußte er Wallenstein bitten, von neuem eine Armee zu sammlen und sie gegen
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den Feind zu führen. Wallenstein ließ sich lange bitten; und erst unter den schimpflichsten Bedingungen für den Kaiser übernahm er das neue Commando. Als ewiger Generalissimus der Armee des Kaisers und der Krone Spanien, bei dessen Armee der Kaiser sich nie einfinden und keinen Act der Gnade ausüben durfte, dem als Unterpfand ein kaiserliches Erbland und das Herzogthum Meklenburg von neuem zugesichert werden mußte, stand er jetzt mit 40,000 Mann von neuem auf dem Schauplatze, und vertrieb die Sachsen mit wenig Schlägen aus Böhmen. Er hätte Sachsen jetzt ganz erdrücken können, wenn er nicht ein geheimes Bündniß mit demselben hätte schließen wollen, aus dem jedoch nichts ward. Er sollte jetzt Bayern von den Schweden befreien, was er aber aus Groll gegen Maximilian nicht that, sondern sich gegen Nürnberg wandte, und diese Stadt, und von da aus Sachsen fürchterlich bedrohte. Gustav Adolph eilte aus Bayern herbei, diese reiche Stadt zu beschützen, in deren Nähe Wallenstein ein Lager bezogen hatte, und das vergebens von den Schweden bestürmt wurde. Hunger und Seuchen zwangen bald darauf beide Heere, diese Stellung zu verlassen, worauf es den 6ten November 1632 zur Schlacht bei Lützen kam, wo Wallenstein zwar besiegt wurde, doch durch den Todt seines Gegners, Gustav Adolphs, seinen Ruhm noch rettete, und durch diesen Todt unend-
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lich viel für den Kaiser gewann. Wallenstein trat jetzt mit Orenstiern, der die Schwedischen Angelegenheiten besorgte, wie vorher schon mit Sachsen und Gustav Adolph selbst, in geheime Unterhandlungen, deren Endzweck war, sich der Krone Böhmens zu versichern, und so mit Hülfe der Schweden eine neue eigne Macht zu gründen; daher that Wallenstein von nun an nichts Entscheidendes mehr, ob er gleich ein sehr starkes Heer hatte, sondern neckte sich nur und spielte mit den Feinden, überall auf den günstigen Augenblick lauernd, gegen den Kaiser aufzutreten und ein eignes Reich zu begründen. Bernhard von Weimar erfocht jetzt große Siege in Süd-Deutschland; aber Wallenstein bewegte sich nicht aus Böhmen mit seinem gewaltigen Heere. Vergebens waren alle Bitten, Befehle, Drohungen und Verordnungen des Kaisers; er that, was er wollte. Dieß öffnete dem Kaiser die Augen; und man erkannte in Wallenstein von nun an einen Verräther. Es erging daher der geheime Befehl an die treuen Generale unter seiner Armee, den Herzog mit seinen Freunden zu entwaffnen, zu fangen oder zu tödten; und so untergrub der Hof gar bald die felsenfeste Treue des Heeres, auf die Wallenstein gerechnet hatte – die besten Freunde waren heimlich seine Verräther. Als Wallenstein den Wankelmuth seiner Krieger merkte, wollte er schnell Prag wegnehmen und sich der Krone Böhmens bemeistern. Aber
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man war ihm schon zuvor gekommen: durch ein öffentliches Mandat war er für einen Verräther erklärt; und alles floh ihn, wie verpestet. Er eilte nach Eger um daselbst die Schweden zu erwarten, und sich mit ihnen zu verbinden. Zu seiner Bedeckung hatte er das Dragonerregiment des Obersten Buttler, der an den Planen seines Todtes schmiedete, da er ihn wegen der Nähe der Schweden lebendig nicht fangen konnte. Buttler gewann also mehrere Officiere für seine Absichten: Hauptmann Devenour übernahm den blutigen Auftrag. Wallenstein hatte eben mit seinem Astronom Seni in den Sternen gelesen, und war im Begriff ins Bette zu steigen, als die Mörder hereinstürzten. Stumm empfing er den Todtesstoß, und fiel, ohne einen Laut von sich zu geben, im 50. Jahre seines Alters, 1634. Auf dem Schlosse Friedland in Böhmen zeigt man noch sein Bildniß, Harnisch, Waffen und andere Ueberreste von ihm. – So fiel einer der wichtigsten Helden des 30jährigen Kriegs, der wenigstens so zu enden, wohl nicht geahndet hatte. Schon als Schüler zeigte er seinen unbändigen, stolzen Sinn; und ward bald der Anführer seiner Mitschüler, die er selbst gegen die Lehrer – wie späterhin das kaiserliche Heer gegen den Kaiser – anführte. Er selbst hielt sich für einen besondern Günstling des Schicksals, und wurde leicht in diesem Wahne schon als Edelknabe des Markgrafen Carl zu Inspruck bestätigt, wo er,
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am Fenster eingeschlummert, aus dem dritten Stockwerk des Schlosses herabstürzte, ohne sich zu beschädigen. – Seinen Charakter schildert einer seiner Biographen, Woltmann, (dem wir in dieser kurzen Skizze gefolgt sind) ungefähr so: Ohne auf den Unterschied der Religion zu sehen, belohnte und bestrafte, erhob und erniedrigte er bloß nach Verdienst, war großmüthig und freigebig gegen Officiere und Gemeine, und verlangte dafür weiter nichts als blinden Gehorsam und Tapferkeit. Wie er aber sein Heer durch Freigebigkeit auf der einen Seite gewann, so schreckte er es auf der andern durch fürchterliche, blutige Strenge. »Laßt mir die Bestie henken!« war das unwiderrufliche Todesurtheil. Auch ohne diese Härte wirkte schon sein Aeußeres Gehorsam und Furcht. Sein langes starres Gesicht, ohne Spuren von Freude, Liebe und Wohlbehagen, von grellen, schneidenden Linien durchkreuzt, seine launenhaft zusammengesetzte Kleidung, das geheimnißvolle Schweigen und die dumpfe Oede, die über sein ganzes Wesen verbreitet war, die glühenden, immer beweglichen Augen, die Wildheit seiner Mienen, die finstere Verschlossenheit in sich selbst, die starre Kälte seiner ganzen Natur machte auf die rohen Gemüther einen wundervollen, magischen Eindruck. – Seinen Hang zur Sterndeuterei hatte er wohl mit vielen großen Männern früherer und späterer Zeit gemein; aber seine Gefahr, auf welche
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ihn Seni aufmerksam machte, schien er doch nicht heraus zu lesen. Schillers treffliches dramatisches Gedicht: Wallenstein, ist gewiß jedem gebildeten Leser bekannt.
Ferdinand, der, nach Besteigung der Thronen von Ungarn und Böhmen, die Religionsfreiheit der letztern vernichtete, zündete dadurch den dreißigjährigen Krieg an. Die Böhmen, Schlesier und Mähren vereinigten sich, und belagerten Wien. Wallenstein führte dem bedrängten Ferdinand tausend Cürassiere zu; diese Schar war es vorzüglich, durch welche die Böhmen zurückgeschlagen wurden. Als nun Ferdinand zum Deutschen Churfürst, Friedrich von der Pfalz zum Böhmischen Könige erwählt wurde, und die Böhmen alle Anhänger von Oestreich vertrieben, traf auch Wallenstein ein gleiches Schicksal mit dem Verlust seiner herrlichen Güter. Von neuem wurde Ferdinand bedrängt, und von Bethlen Gabor selbst in Wien belagert. Auch hier rettete ihn Wallenstein zum zweiten Mahle durch Muth und Entschlossenheit. Mit Hülfe der Liguistischen Armee, unter Anführung Marimilians, des Herzogs von Bayern, wurde der neue Böhmische König vertrieben, und von Ferdinand, der jetzt Kaiser geworden war, in die Acht erklärt. Wallenstein erhielt jetzt Mähren zur Beschützung. Der Kaiser aber, nicht zufrieden mit der Wiedereroberung seiner Erbländer, schien die Religions-Freiheit von ganz Deutschland vernichten, und dadurch zugleich die unumschränkte Herrschaft über das Reich an sich reißen zu wollen. Nur zu bald merkte man diese Absichten, und bewaffnete sich von neuem gegen den
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Kaiser; und von hier an begann nun der eigentliche dreißigjährige Krieg (s. dies. Art.). Der Kaiser hatte jetzt keine eigne Armee, sondern bloß die Truppen der Ligue standen auf dem Schauplatze, denen er nicht ganz trauen, noch sie zu seinen Privatzwecken gebrauchen durfte, und auf seine eignen Unterthanen konnte er nicht rechnen, die sich gewiß größten Theils gegen ihn, statt für ihn, bewaffnet hätten. In dieser Verlegenheit erbot sich Wallenstein, auf seine und seiner Freunde Kosten eine Armee auszurüsten, und sogar die Unterhaltungskosten dem Kaiser zu ersparen; und ob man schon anfangs dieß Unternehmen für eine Chimäre hielt, so gestattete man es doch, weil man nichts beßres zu thun wußte. Sogleich setzte Wallenstein, der zum Herzog von Friedland ernannt war, seinen Plan ins Werk, und sammelte in kurzem ein Heer von 20,000 Mann, bewaffnete und organisirte es, und erschien bald darauf mit diesem in Niedersachsen. Der Kaiser gab zur ganzen Unternehmung nichts als den Namen; Wallenstein ordnete alles nach seinem Willen, wählte eigenmächtig alle Officiere zu Roß und Fuß, und selbst die Bitten des Kaisers und seiner Lieblinge vermochten nichts über seinen harten Sinn. In Niedersachsen, wo er einige feste Plätze eroberte, sollte er sich eigentlich mit Tilly vereinen; allein, zu eifersüchtig auf seinen Ruhm, wollte er selbstmächtig, nur für sich und seine Ehre allein agi-
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ren. Er besetzte Halberstadt und Dessau, und suchte so durch den Besitz der Elbe die mächtigen Feinde von den kaiserlichen Erbstaaten abzuschneiden; und ob er schon anfangs den Grafen Mansfeld schlug, so konnte er ihn doch nicht von einem Einfall in Schlesien, wo er sich mit Bethlen Gabor vereinen wollte, abhalten: Wallenstein eilte nach; aber Mansfeld entging ihm. Jetzt war seine Armee in Schlesien durch Hunger, Kälte und Seuchen ganz geschmolzen; aber im Frühling des folgenden Jahres, 1627, hatte er schon wieder bei Neiße 40,000 Mann gesammelt, eroberte mit ihnen alle festen Puncte Schlesiens, die der Feind inne hatte, zog dann vor Berlin, und zwang den Churfürsten zum Frieden. Im August dieses Jahres stand er schon in Mecklenburg, und drängte die Dänen mit Tillys Hülfe nach Holstein zurück, überredete aber jetzt den General Tilly, mit seiner Armee über die Weser zurück zu gehen, so daß ihm die völlige Vernichtung der Dänen allein überblieb. Holstein ward jetzt ganz seine Beute: von hier aus drang er nach Schleswig und Jütland, und schlug die Dänen auf allen Puncten zurück, bis das Meer seine Eroberungen hemmte; und er soll daher aus Ingrimm glühende Kugeln gegen dasselbe haben schleudern lassen. Zur Belohnung seiner Thaten und zur Entschädigung für die Kriegskosten erhielt er jetzt das Herzogthum Mecklenburg und das Fürstenthum Sagan. Er ließ sich jetzt
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zum Admiral von der Ostsee ernennen, suchte von der Hanse Schiffe zusammenzutreiben, um damit den König von Dännemark ganz zu vernichten, und auch für sich und seine Besitzungen eine Seemacht zu begründen. Zu diesem Endzwecke suchte er Stralsund mit aller Anstrengung zu gewinnen: der Friede aber mit Dännemark vereitelte die Plane zu einer Seemacht; so wie er überhaupt den Eroberungen Wallensteins Grenzen setzte. Auf dem Reichstage zu Regensburg stand jetzt das ganze Deutsche Reich, Freunde und Feinde, Protestanten und Katholiken, als Ankläger Wallensteins auf. Es war überall nur eine Stimme über seine schrecklichen und beispiellosen Gewaltthätigkeiten, und das Mittel, wodurch er seine zahlreichen Heere ernährt und geführt, kam hier am Tag. Ferdinand mußte den allgemeinen Bestürmungen der Stände weichen – Wallenstein wurde des Commandoʼs entsetzt. Ruhig empfing er die Nachricht davon, und ging, mit verhaltnem Groll und Rache dürstend, auf seine Böhmischen Güter, wo er mit königlichem Prunke und unermeßlicher Pracht lebte. Als aber 1630 Gustav Adolph (s. dies. Art.) nach Deutschland kam, überall siegreich vordrang, und die kaiserlichen Erbstaaten bedrohte, hatte der Kaiser keine Armee und keinen guten Feldherrn mehr, und in dieser verzweifelten Lage mußte er Wallenstein bitten, von neuem eine Armee zu sammlen und sie gegen
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den Feind zu führen. Wallenstein ließ sich lange bitten; und erst unter den schimpflichsten Bedingungen für den Kaiser übernahm er das neue Commando. Als ewiger Generalissimus der Armee des Kaisers und der Krone Spanien, bei dessen Armee der Kaiser sich nie einfinden und keinen Act der Gnade ausüben durfte, dem als Unterpfand ein kaiserliches Erbland und das Herzogthum Meklenburg von neuem zugesichert werden mußte, stand er jetzt mit 40,000 Mann von neuem auf dem Schauplatze, und vertrieb die Sachsen mit wenig Schlägen aus Böhmen. Er hätte Sachsen jetzt ganz erdrücken können, wenn er nicht ein geheimes Bündniß mit demselben hätte schließen wollen, aus dem jedoch nichts ward. Er sollte jetzt Bayern von den Schweden befreien, was er aber aus Groll gegen Maximilian nicht that, sondern sich gegen Nürnberg wandte, und diese Stadt, und von da aus Sachsen fürchterlich bedrohte. Gustav Adolph eilte aus Bayern herbei, diese reiche Stadt zu beschützen, in deren Nähe Wallenstein ein Lager bezogen hatte, und das vergebens von den Schweden bestürmt wurde. Hunger und Seuchen zwangen bald darauf beide Heere, diese Stellung zu verlassen, worauf es den 6ten November 1632 zur Schlacht bei Lützen kam, wo Wallenstein zwar besiegt wurde, doch durch den Todt seines Gegners, Gustav Adolphs, seinen Ruhm noch rettete, und durch diesen Todt unend-
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lich viel für den Kaiser gewann. Wallenstein trat jetzt mit Orenstiern, der die Schwedischen Angelegenheiten besorgte, wie vorher schon mit Sachsen und Gustav Adolph selbst, in geheime Unterhandlungen, deren Endzweck war, sich der Krone Böhmens zu versichern, und so mit Hülfe der Schweden eine neue eigne Macht zu gründen; daher that Wallenstein von nun an nichts Entscheidendes mehr, ob er gleich ein sehr starkes Heer hatte, sondern neckte sich nur und spielte mit den Feinden, überall auf den günstigen Augenblick lauernd, gegen den Kaiser aufzutreten und ein eignes Reich zu begründen. Bernhard von Weimar erfocht jetzt große Siege in Süd-Deutschland; aber Wallenstein bewegte sich nicht aus Böhmen mit seinem gewaltigen Heere. Vergebens waren alle Bitten, Befehle, Drohungen und Verordnungen des Kaisers; er that, was er wollte. Dieß öffnete dem Kaiser die Augen; und man erkannte in Wallenstein von nun an einen Verräther. Es erging daher der geheime Befehl an die treuen Generale unter seiner Armee, den Herzog mit seinen Freunden zu entwaffnen, zu fangen oder zu tödten; und so untergrub der Hof gar bald die felsenfeste Treue des Heeres, auf die Wallenstein gerechnet hatte – die besten Freunde waren heimlich seine Verräther. Als Wallenstein den Wankelmuth seiner Krieger merkte, wollte er schnell Prag wegnehmen und sich der Krone Böhmens bemeistern. Aber
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man war ihm schon zuvor gekommen: durch ein öffentliches Mandat war er für einen Verräther erklärt; und alles floh ihn, wie verpestet. Er eilte nach Eger um daselbst die Schweden zu erwarten, und sich mit ihnen zu verbinden. Zu seiner Bedeckung hatte er das Dragonerregiment des Obersten Buttler, der an den Planen seines Todtes schmiedete, da er ihn wegen der Nähe der Schweden lebendig nicht fangen konnte. Buttler gewann also mehrere Officiere für seine Absichten: Hauptmann Devenour übernahm den blutigen Auftrag. Wallenstein hatte eben mit seinem Astronom Seni in den Sternen gelesen, und war im Begriff ins Bette zu steigen, als die Mörder hereinstürzten. Stumm empfing er den Todtesstoß, und fiel, ohne einen Laut von sich zu geben, im 50. Jahre seines Alters, 1634. Auf dem Schlosse Friedland in Böhmen zeigt man noch sein Bildniß, Harnisch, Waffen und andere Ueberreste von ihm. – So fiel einer der wichtigsten Helden des 30jährigen Kriegs, der wenigstens so zu enden, wohl nicht geahndet hatte. Schon als Schüler zeigte er seinen unbändigen, stolzen Sinn; und ward bald der Anführer seiner Mitschüler, die er selbst gegen die Lehrer – wie späterhin das kaiserliche Heer gegen den Kaiser – anführte. Er selbst hielt sich für einen besondern Günstling des Schicksals, und wurde leicht in diesem Wahne schon als Edelknabe des Markgrafen Carl zu Inspruck bestätigt, wo er,
————
am Fenster eingeschlummert, aus dem dritten Stockwerk des Schlosses herabstürzte, ohne sich zu beschädigen. – Seinen Charakter schildert einer seiner Biographen, Woltmann, (dem wir in dieser kurzen Skizze gefolgt sind) ungefähr so: Ohne auf den Unterschied der Religion zu sehen, belohnte und bestrafte, erhob und erniedrigte er bloß nach Verdienst, war großmüthig und freigebig gegen Officiere und Gemeine, und verlangte dafür weiter nichts als blinden Gehorsam und Tapferkeit. Wie er aber sein Heer durch Freigebigkeit auf der einen Seite gewann, so schreckte er es auf der andern durch fürchterliche, blutige Strenge. »Laßt mir die Bestie henken!« war das unwiderrufliche Todesurtheil. Auch ohne diese Härte wirkte schon sein Aeußeres Gehorsam und Furcht. Sein langes starres Gesicht, ohne Spuren von Freude, Liebe und Wohlbehagen, von grellen, schneidenden Linien durchkreuzt, seine launenhaft zusammengesetzte Kleidung, das geheimnißvolle Schweigen und die dumpfe Oede, die über sein ganzes Wesen verbreitet war, die glühenden, immer beweglichen Augen, die Wildheit seiner Mienen, die finstere Verschlossenheit in sich selbst, die starre Kälte seiner ganzen Natur machte auf die rohen Gemüther einen wundervollen, magischen Eindruck. – Seinen Hang zur Sterndeuterei hatte er wohl mit vielen großen Männern früherer und späterer Zeit gemein; aber seine Gefahr, auf welche
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ihn Seni aufmerksam machte, schien er doch nicht heraus zu lesen. Schillers treffliches dramatisches Gedicht: Wallenstein, ist gewiß jedem gebildeten Leser bekannt.