Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Wallis
Wallis. Das Walliser Land, dieses äußerst reitzende Schweizerthal, gegen Norden an den Canton Bern, gegen Westen an das Herzogthum Savoyen, gegen Süden an das Herzogthum Mailand, und gegen Osten an den Canton Uri grenzend, erstreckt sich in der Länge auf 32 Stunden, in der Breite auf höchstens 10 Stunden. Es besteht eigentlich aus einem sehr langen Thal zwischen hohen Gebirgen, als dem Bernhardsberg, Grimselberg, Furca etc. die fast immer mit Schnee versehen sind; die Rhone geht mitten durch. Wegen der Erhöhungen und Vertiefungen des Bodens verschwistern sich in einem kleinen Bezirke die verschiedensten Jahreszeiten. Das Clima ist sehr günstig; gegen die Nordwinde ist es durchs Gebirge verschanzt. Das ganze Land ist reich an jeder Art von Obst und trefflichem Wein, besonders dem edeln Muscateller. – Mitten unter herabgestürzten Trümmern erhebt sich stufenweise das Kornfeld, der Traubenhügel, die Waldung. Im obern und westlichen Theil heben sich die Gebirge mit weniger Wildheit, und sind größten Theils mit Viehheerden bedeckt; wie denn überhaupt Viehzucht ihre Hauptnahrung ausmacht. Eben so verschieden sind auch die Bewohner selbst in Sitten und Sprache; im Allgemeinen haben die Walliser Wohlwollen, Sanftheit der Sitten und die Einfalt des ersten Weltalters. In den neuern kriegeri-————
schen Zeiten wurde dieses schöne romantische Land leider zum Schauplatz des auswärtigen Bürgerkriegs, da die Einwohner sich in entgegengesetzte Meinungen theilten, und, von Parteigeist hingerissen, selbst den auswärtigen Kriegsheeren den Zugang öffneten.
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* Wallis, das Walliser Land (von dem lat. Valles, wegen seiner vielfältigen Thäler), hatte zu seinen alten Bewohnern die Viberer, Seduner und Veragerer. Vergebens versuchte Julius Cäsar, sie zu unterjochen; erst dem August gelang es. Bis ins 5. Jahrhundert der Bothmäßigkeit der Römer unterworfen, wurden sie dann von den Burgundiern zu dem neuen Königreiche geschlagen, denen es dann die Franken wegnahmen, und bis Ende des 9. Jahrhund. besaßen, wo es unter das neue Burgundische Königreich kam. Nach dem Tode des letzten Königs Rudolphs III. (1032.) kam es an den deutschen Kaiser Conrad III. Nach Friedrichs II. Tode suchten sich die Walliser frei zu machen und schlossen 1250 mit der Stadt Bern ein Bündniß. Häufig erregten sie von jetzt an Unruhen, und ob sie gleich wieder zum Gehorsam gebracht wurden, so wußten sie sich doch mit Hülfe der Berner endlich aufrecht zu erhalten, und richteten zuletzt im J. 1475 mit dem Canton Bern und 1577 mit den 7 catholischen Cantonen einen ewigen Bund auf. – Seit dem 30. Aug. 1802 bildet nun dieses Land eine eigene selbstständige Republik, welche durch einen allgemeinen Landrath und durch einen Staatsrath regiert wird. Der allgem. Landrath, in welchem der Bischoff von Sitten Sitz und Stimme hat, besteht aus den Deputirten eines jeden der 12 Zehnten, welche überhaupt
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den Staat ausmachen: sie bleiben zwei Jahre in ihrer Stelle und erwählen einen Präsidenten und Vicepräsidenten aus ihrer Mitte. Dieser Landrath hat die gesetzgebende Gewalt, das Begnadigungsrecht etc.; von ihm wird der Staatsrath ernannt, welcher aus einem Präsidenten, Landhauptmann (grand Baillif) und zwei Staatsräthen besteht (sie bleiben drei Jahre in ihrer Stelle) und welcher die zu gehenden Gesetze dem Landrathe vorschlägt; auch diesem die Rechnungen über Einnahme und Ausgabe vorlegt, überhaupt aber die Vollziehung der Gesetze und die ganze Staatsverwaltung über sich hat.
  Das Land selbst, dessen Hauptstadt Sitten (fr. Sion), unweit der Rhone mit 7000 Einwohnern ist, hat 92 Quadratmeilen und ungefähr 100,000 Einwohner, welche sich insgesammt zur römisch-katholischen Kirche bekennen und unter dem Bischoff von Sitten stehen. Ihre Hauptbeschäftigung ist Viehzucht (besonders auf den Gebirgen) und Ackerbau. Unter die Mertwürdigkeiten dieses Landes, das übrigens bei schönem Klima eine trefliche Vegetation besitzt, gehören: der Wasserfall der Tosa (nächst dem Rheinfalle der ansehnlichste in Helvetien), welche terrassenförmig, dreimal unterbrochen, mit fürchterlichem Donner über 300 Fuß tief herabstürzt – und dann das furchtbare Gebirge Dent de Morcle und die Diablerets, ein Gebirge, 9600 Fuß hoch und
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einen Gletscher tragend.
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