Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Vendome
Vendome – ein Name, der sich in der französischen Geschichte merkwürdig gemacht hat, und worunter wir die beiden Brüder Ludwig Joseph und Philipp vorzüglich anführen.  Ludwig Joseph Herzog von Vendome, ein Urenkel Heinrichs IV. geb. 1654, machte schon im 18. Jahre als Freiwilliger seinen ersten Feldzug gegen Holland. Bei den Einnahmen von Luxembourg (1684), von Mons (1691), von Namur (1692) zeichnete er sich, so wie in mehreren Schlachten, vorzüglich aus, nahm 1694 seinen Sitz vor allen geistlichen und weltlichen Pairs in dem Parlamente zu Paris ein, commandirte 1695 die französische Armee in Spanien und eroberte 1697 die Stadt Barcellona. Vom König 1702 an die Stelle des von den Kaiserlichen in Cremona gefangen genommenen Marschalls von Villeroy zum Commandeur der Armee in Italien ernannt, erfocht er mehrere Siege, schlug 1705 den Prinz Eugen zu Cassano und wäre beinahe so glücklich gewesen, Turin einzunehmen, wenn er nicht nach Flandern gemußt hätte, um den Verlust des Villeroy wieder gut zu machen. In der Schlacht bei Oudenarde 1708 hatte er zwar Unglück; allein des Königs Zufriedenheit blieb unverändert, bis endlich doch der Herzog von Burgund den König wider ihn einnahm und es dahin brachte, daß man Vendome die Vermeidung des Hofs zu verstehen gab.
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Indessen dauerte diese Ungnade nicht lange, und als nun besonders Philipps V. Krone in Spanien, nach dem unglücklichen Tressen bei Saragossa, sehr zu wanken anfing, da wurde Vendome (1710) nach Spanien geschickt, wo Philipp weder Truppen noch Generale mehr hatte. Vendome bot alles auf, die ganze Nation wurde von Enthusiasmus ergriffen: es glückte ihm, er brachte den König nach Madrid zurück, nöthigte die Sieger, sich gegen Portugall zurückzuziehen, und erhielt den berühmten Sieg bei Villaviciosa, wodurch die spanische Krone wieder auf Philipps V. Haupte befestigt wurde. Philipp erklärte ihn zur Belohnung für einen Prinz vom Geblüte: eine Ehre, die er nicht lange genoß, denn er starb 1712 zu Vineros in Catalonien an einer Indigestion: sein Körper wurde auch im Escurial bei den Infanten und Infantinnen von Spanien beigesetzt. Furchtlos, sanft, ohne Stolz, ohne Haß, Neid oder Rache, Vater seiner Soldaten, war er gewiß ein treflicher General; nur setzten oft Unüberlegtheit, und eine gewisse Unordnung, welche selbst an seiner Person hänfig sichtbar ward, seinen Ruhm öfter s in Gefahr.
  Philipp von Vendome, Maltheser Ritter und Groß- Prior des Ordens von Malta in Frankreich, Bruder des Vorigen, geb. 1655. Von Jugend auf zeigte er großen Hang zum Kriege und begleitete schon im 14. Jahre seinen Oheim, den Herzog von Beaufort, bei der Ex-
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pedition vor Candia. In dem darauf erfolgten Kriege zwischen Frankreich und Holland 1672 begleitete er Ludwig XIV. und zeichnete sich bei dem Uebergange über den Rhein, bei der Belagerung von Mastricht, in der Schlacht bei Sinzheim (1674), bei der Eroberung von Valenciennes und Cambray (1677), dann in der Folge in der Schlacht bei Fleurus (1690) besonders aus. Im J. 1693 zum General-Lieutenant ernannt, erhielt er 1695 an seines Bruders Stelle das Commando in der Provence, dem er dann, nach erfolgtem Frieden zwischen Frankreich und Savoyen, nach Catalonien nachfolgte und bei der Belagerung von Barcellona (1697), so wie bei der Niederlage des Vice-Königs von Catalonien, D. Franz von Velasco, sich als Held seines Bruders würdig zeigte. In dem Successionskriege nach Italien beordert, nahm er den Kaiserlichen mehrere Plätze weg; allein da die Schlacht bei Cassano (Aug. 1705.) unglücklich ausfiel und man seiner Abwesenheit die Schuld beimas, verfiel er in Ungnade, zog sich nach Rom zurück, und nachdem er auch den größten Theil seiner geistlichen Präbenden niedergelegt hatte und der König ihm eine Pension von 24,000 Lipr. angewiesen hatte, war er entschlossen, wieder nach Frankreich zu gehen. Indem er nun bei dieser Gelegenheit durch das Graubündtner Land seine Reise machte, hatte er das besondre Schicksal, daß ihn eine Privat-Person, der Rathsherr zu Chur,
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Thomas Maßner aus dem Grunde arretiren ließ, weil sein, des Maßners, Sohn in Frankreich gefangen gehalten wurde, und er dagegen Repressalien gebrauchen müsse. Der französische Gesandte in der Schweitz führte über diese Beleidigung eines Privatmanns gegen einen Prinzen vom Geblüte nachdrückliche Beschwerde; die Graubündtner machten Maßnern, der sich indessen nach Deutschland geflüchtet hatte, den Proceß und verurtheilten ihn, bei seinem Außenbleiben, 1712 zum Tode. Der Großprior, welcher wieder freigelassen wurde, reiste nun nach Paris, wo seit dem Tode seines Bruders ihm nun wieder die Gnadensonne zu lächeln schien. Da hierauf Maltha 1715 von den Türken bedroht wurde, eilte er sogleich dem Orden zu Hülfe: der Großmeister ernannte ihn zum Generalissimus der Truppen; allein, da aus der Belagerung kein Ernst ward, so kehrte er noch im October desselben Jahres nach Paris zurück, wo er sich besonders den Unterhaltungen mit den geistreichsten Männern damaliger Zeit überließ. Im Jahr 1719 legte er das Großpriorat nieder, nahm den Titel als Prior von Vendome an und starb 1724. So wie er als Held seinem Bruder glich, so kam er ihm auch in Tugenden, so wie in Fehlern, ganz gleich.
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