Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Veits-Tanz, Der St.
Der St. Veits-Tanz: so wird eine gewisse Krankheit genannt, wo der Mensch in einer Art krampfhafter Bewegung immerfort herumtanzen und herumspringen soll. Vielleicht hat es mit dieser Krankheit dieselbe Bewandniß, wie mit dem sogenannten Tarantelstich (s. d. Art.), obgleich von dieser Tanzsucht Wunderdinge erzählt werden, und besonders, daß sich dieselbe am St. Veitstage im J. 1518 hundert Männer und Weiber soll bemächtiget haben: daher auch der Name; wiewol andre diesen Namen daher leiten, daß besonders am St. Veitstage den dazu geeigneten Personen jene große Tanzlust anwandle. Die Erzählung einer ähnlichen Wirkung, welche zu Colbeck im Halberstädtischen sich zeigte, ist zu merkwürdig, als daß ich sie den Lesern – welche diese kleine Abweichung wol einmal entschuldigen werden, da sie ihnen vielleicht eine kleine Unterhaltung gewährt – vorenthalten sollte. Am Christ-Abend des Jahres 1005 – so sagt die Legende – siel es 18 Männern und 15 Weibern, die des Getränks zu viel genossen hatten, ein, die Christmetten nach ihrer Art mit Geschrei und Tanzen und Springen um die Kirche herum zu feiern. Der Priester, dadurch in seinen Amtsverrichtungen aufs freuendlichste gestört, bat Gott im heiligen Eifer von der Kanzel herab, er möchte diese bösen Menschen ein ganzes Jahr nach einander tanzen lassen. Das from-————
me Gebet wurde natürlich erhört und der von oben herab so gesegnete Tanz dauerte richtig ein ganzes Jahr ununterbrochen fort. Der Küster wollte seine Schwester, die mit unter diesem luftigen Gesindel herumsprang, herausreißen; allein er behielt ihren Arm und sie – ihren Tänzer. Es wurden am Ende tiefe Gruben in die Erde hineingesprungen, dennoch hörten sie nicht auf; auch wurde das Wunder dadurch noch kräftiger, daß sie nichts von ihren Ballkleidern ruinirten, daß ihre Toilette nicht im geringsten in Unordnung kam, die Tanzschuhe nicht zerrissen und die Tanzenden doch auch vor lauter Tanzlust weder Essen noch Trinken zu sich nahmen! Viele Menschen, unter denen auch selbst Fürsten waren, reiseten hieher, um dies erbauliche Ballet – oder, wie die Legende sich ausdrückt – dies erbärmliche Spectakel mit anzusehen. Endlich kamen, nach Jahr und Tag, auch zwei Bischöfe von Cölln und Hildesheim, welche durch ihr ernstliches anhaltendes Gebet es endlich vermochten, das Mirakel und – die Tanzwuth von jenen sündigen Weltkindern abzuwenden. Einige von diesen mußten die Lust sogleich mit dem Tode büßen, andere schliefen 3 Jahre hinter einander nach dieser ansehnlichen Bewegung, und noch andere behielten ein Zittern und Beben bis an ihr Ende.
Der St. Veits-Tanz: so wird eine gewisse Krankheit genannt, wo der Mensch in einer Art krampfhafter Bewegung immerfort herumtanzen und herumspringen soll. Vielleicht hat es mit dieser Krankheit dieselbe Bewandniß, wie mit dem sogenannten Tarantelstich (s. d. Art.), obgleich von dieser Tanzsucht Wunderdinge erzählt werden, und besonders, daß sich dieselbe am St. Veitstage im J. 1518 hundert Männer und Weiber soll bemächtiget haben: daher auch der Name; wiewol andre diesen Namen daher leiten, daß besonders am St. Veitstage den dazu geeigneten Personen jene große Tanzlust anwandle. Die Erzählung einer ähnlichen Wirkung, welche zu Colbeck im Halberstädtischen sich zeigte, ist zu merkwürdig, als daß ich sie den Lesern – welche diese kleine Abweichung wol einmal entschuldigen werden, da sie ihnen vielleicht eine kleine Unterhaltung gewährt – vorenthalten sollte. Am Christ-Abend des Jahres 1005 – so sagt die Legende – siel es 18 Männern und 15 Weibern, die des Getränks zu viel genossen hatten, ein, die Christmetten nach ihrer Art mit Geschrei und Tanzen und Springen um die Kirche herum zu feiern. Der Priester, dadurch in seinen Amtsverrichtungen aufs freuendlichste gestört, bat Gott im heiligen Eifer von der Kanzel herab, er möchte diese bösen Menschen ein ganzes Jahr nach einander tanzen lassen. Das from-————
me Gebet wurde natürlich erhört und der von oben herab so gesegnete Tanz dauerte richtig ein ganzes Jahr ununterbrochen fort. Der Küster wollte seine Schwester, die mit unter diesem luftigen Gesindel herumsprang, herausreißen; allein er behielt ihren Arm und sie – ihren Tänzer. Es wurden am Ende tiefe Gruben in die Erde hineingesprungen, dennoch hörten sie nicht auf; auch wurde das Wunder dadurch noch kräftiger, daß sie nichts von ihren Ballkleidern ruinirten, daß ihre Toilette nicht im geringsten in Unordnung kam, die Tanzschuhe nicht zerrissen und die Tanzenden doch auch vor lauter Tanzlust weder Essen noch Trinken zu sich nahmen! Viele Menschen, unter denen auch selbst Fürsten waren, reiseten hieher, um dies erbauliche Ballet – oder, wie die Legende sich ausdrückt – dies erbärmliche Spectakel mit anzusehen. Endlich kamen, nach Jahr und Tag, auch zwei Bischöfe von Cölln und Hildesheim, welche durch ihr ernstliches anhaltendes Gebet es endlich vermochten, das Mirakel und – die Tanzwuth von jenen sündigen Weltkindern abzuwenden. Einige von diesen mußten die Lust sogleich mit dem Tode büßen, andere schliefen 3 Jahre hinter einander nach dieser ansehnlichen Bewegung, und noch andere behielten ein Zittern und Beben bis an ihr Ende.