Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Varus, Quintilius
Quintilius Varus, ein Römischer Statthalter zu Augustus Zeiten, berühmt durch seine von den Deutschen erlittenen fürchterlichen Niederlagen. Zuerst als Statthalter nach Syrien geschickt, dämpfte er zwar sehr viel Empörungen der Juden, erschöpfte aber durch seine ungeheuern Erpressungen das Land beinahe gänzlich. Jetzt, da er an des Germanicus Stelle nach Deutschland gesendet wurde, glaubte er auch hier auf gleiche Art sich bereichern zu können. Er wollte die Deutschen Barbaren zu gesitteten Völkern und den Römern gleich machen, und wählte hiezu freilich ein ganz unschickliches Mittel, nehmlich die Einführung des Römischen Rechts. Die Deutschen, zeither an eine ganz kurze Art, ihre Streitigkeiten abzumachen, gewöhnt, wurden durch diese Verletzung ihrer Freiheit um so mehr empört, da jene Römischen Gesetze schlechterdings nicht für die Deutschen paßten, und über dieß Abgaben und Bedrückungen aller Art gegen sie gebraucht wurden. Natürlich suchten sie nun diese ihre Fesseln zu zerbrechen, und, von der Macht der Römer überzengt, durch List und heimliche Verbindungen, hauptsächlich unter Anleitung des Helden Arminius (s. d. Art.), zu ersetzen, was ihnen an Gegenmacht abging. Durch verstellten Gehorsam gegen des Varus Befehle wußten sie diesen so einzuschläfern, daß er die Warnungen selbst eines Deut-————
schen Fürsten, Segestes, nicht achtete: er lieh ihnen sogar einzelne Scharen seiner Soldaten gegen kleine Einfälle; und als nun endlich einige entferntere Völker abfielen, so munterten ihn die Häupter der Verschwornen auf, den Aufruhr sogleich zu dämpfen, und versprachen ihm auch sogar ihren thätigsten Beistand. So zog denn Varus, ganz sicher gemacht, mit seinen Romischen Legionen bis in den Teutoburger Wald: allein bald wurde er nun in den unwegsamen, theils sumpfigen, theils bergigten, Gegenden, deren die Deutschen freilich besser kundig waren, anfangs nur Truppweise überfallen, wo die Römer sich noch tapfer vertheidigten; aber bald nahm die Anzahl und Uebermacht der Deutschen so sehr zu, daß am dritten Tage das ganze Römische aus drei der besten Legionen und vielen andern Truppen bestandene Heer bis auf einige wenige Haufen vernichtet war, nachdem Varus und die vornehmsten Heerführer sich selbst umgebracht hatten. Des Varus Leichnam wollten die fliehenden Römer verbrennen, mußten ihn aber halb verbrannt begraben. In Rom selbst machte diese Niederlage den fürchterlichsten Eindruck. Selbst August konnte sich nicht fassen, und wiederhohlte Monate lang den Ausruf: O Varus! Varus! gieb mir meine Legionen wieder! – Der Ort. wo diese Niederlage erfolgte, war unstreitig im nördlichen Theile von Westphalen; auch soll von dem Blute der Gebliebenen der
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Fluß Rodenbecke, und von den Knochen der Erschlagenen die Knockenbecke den Namen erhalten haben. – Das Jahr war das 9te nach Christi Geburt.
Quintilius Varus, ein Römischer Statthalter zu Augustus Zeiten, berühmt durch seine von den Deutschen erlittenen fürchterlichen Niederlagen. Zuerst als Statthalter nach Syrien geschickt, dämpfte er zwar sehr viel Empörungen der Juden, erschöpfte aber durch seine ungeheuern Erpressungen das Land beinahe gänzlich. Jetzt, da er an des Germanicus Stelle nach Deutschland gesendet wurde, glaubte er auch hier auf gleiche Art sich bereichern zu können. Er wollte die Deutschen Barbaren zu gesitteten Völkern und den Römern gleich machen, und wählte hiezu freilich ein ganz unschickliches Mittel, nehmlich die Einführung des Römischen Rechts. Die Deutschen, zeither an eine ganz kurze Art, ihre Streitigkeiten abzumachen, gewöhnt, wurden durch diese Verletzung ihrer Freiheit um so mehr empört, da jene Römischen Gesetze schlechterdings nicht für die Deutschen paßten, und über dieß Abgaben und Bedrückungen aller Art gegen sie gebraucht wurden. Natürlich suchten sie nun diese ihre Fesseln zu zerbrechen, und, von der Macht der Römer überzengt, durch List und heimliche Verbindungen, hauptsächlich unter Anleitung des Helden Arminius (s. d. Art.), zu ersetzen, was ihnen an Gegenmacht abging. Durch verstellten Gehorsam gegen des Varus Befehle wußten sie diesen so einzuschläfern, daß er die Warnungen selbst eines Deut-————
schen Fürsten, Segestes, nicht achtete: er lieh ihnen sogar einzelne Scharen seiner Soldaten gegen kleine Einfälle; und als nun endlich einige entferntere Völker abfielen, so munterten ihn die Häupter der Verschwornen auf, den Aufruhr sogleich zu dämpfen, und versprachen ihm auch sogar ihren thätigsten Beistand. So zog denn Varus, ganz sicher gemacht, mit seinen Romischen Legionen bis in den Teutoburger Wald: allein bald wurde er nun in den unwegsamen, theils sumpfigen, theils bergigten, Gegenden, deren die Deutschen freilich besser kundig waren, anfangs nur Truppweise überfallen, wo die Römer sich noch tapfer vertheidigten; aber bald nahm die Anzahl und Uebermacht der Deutschen so sehr zu, daß am dritten Tage das ganze Römische aus drei der besten Legionen und vielen andern Truppen bestandene Heer bis auf einige wenige Haufen vernichtet war, nachdem Varus und die vornehmsten Heerführer sich selbst umgebracht hatten. Des Varus Leichnam wollten die fliehenden Römer verbrennen, mußten ihn aber halb verbrannt begraben. In Rom selbst machte diese Niederlage den fürchterlichsten Eindruck. Selbst August konnte sich nicht fassen, und wiederhohlte Monate lang den Ausruf: O Varus! Varus! gieb mir meine Legionen wieder! – Der Ort. wo diese Niederlage erfolgte, war unstreitig im nördlichen Theile von Westphalen; auch soll von dem Blute der Gebliebenen der
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Fluß Rodenbecke, und von den Knochen der Erschlagenen die Knockenbecke den Namen erhalten haben. – Das Jahr war das 9te nach Christi Geburt.