Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Theramenes
Theramenes, ein, theils durch seine Beredsamkeit, theils aber auch durch seinen Antheil an den Revolutionen des atheniensischen Staats gegen das Ende des peloponnesischen Kriegs, berühmter Athener. Er war ein Schüler des Sokrates, allein in seinem Charakter sehr schwankend, indem er es bald mit der einen, bald mit der andern Parthei hielt, und daher auch den Namen Cothurnus (denn dieser mußte für jeden Fuß der Schauspieler passen) bekam. Er nahm für Alcihiades (s. d. Art.) und dessen Zurückberufung starke Parthei, beförderte die Einführung eines neuen Senats (wozu 400 Personen aus 5000 Bürgern gewählt wurden); trat aber nachher, als sich eine Gegenparthei bildete, eben wieder zu dieser demokratischen Parthei, welche auch die Oberhand erhielt und die Regierungsform des Solon wieder einführte. Als in der Folge Alcibiades wieder vertrieben wurde und Lysander (s. d. Art. i. d. N.) mit einer Flotte vor Athen erschien, so schickte dieses, auf den höchsten Grad des Elends gebracht, den Theramenes an Lysander ab; allein er ward zum Verräther an seinem Vaterlande. Drei Monate lang blieb er bei Lysander, kehrte dann ohne befriedigende Antwort zurück und ging, bei einer neuen in Gesellschaft mehrerer Abgeordneten veranlaßten Sendung, einen höchst verderblichen Frieden ein. Bald zeigte sich des Theramenes Verratherei noch————
mehr, indem sein mit Lysander verabredeter Plan zu Einführung einer neuen Oligarchie ausgeführt und die 30 Tyrannen, wovon Theramenes einer der vornehmsten war, eingesetzt wurden, die denn nun aufs schändlichste gegen das Vermögen und das Leben ihrer Mitbürger wütheten. Theramenes, der vielleicht noch einige Liebe zu seinem Vaterlande besaß, mehr aber wol, weil er sich in seinen Erwartungen von größerer Macht und Ansehen getäuscht fand, murrte laut darüber, so daß ihn endlich Kritias, einer der Mittyrannen, als Verräther der gemeinschaftlichen Sache, dessen Wankelmuth sich wieder auf die Seite der Demokratie hinneige, vor den übrigen Tyrannen und dem Rathe der Vierhundert anklagte. Theramenes vertheidigte sich mit ächt republicanlschem Muthe und Entschlossenheit; allein er wurde dennoch als Revolutionair des Todes schuldig erklart, und ob er gleich einen Altar in der Nähe umfaßte, dennoch hinweggerissen, ins Gefängniß gebracht, und ihm hier auch sogleich der Giftbecher gereicht. Er ergrif ihn mit aller Starke der Seele, trank ihn gierig aus und, die letzten Tropfen auf dem Boden ausgießend, sprach er lächelnd: Dies trink ich dem Kritias zu!
Theramenes, ein, theils durch seine Beredsamkeit, theils aber auch durch seinen Antheil an den Revolutionen des atheniensischen Staats gegen das Ende des peloponnesischen Kriegs, berühmter Athener. Er war ein Schüler des Sokrates, allein in seinem Charakter sehr schwankend, indem er es bald mit der einen, bald mit der andern Parthei hielt, und daher auch den Namen Cothurnus (denn dieser mußte für jeden Fuß der Schauspieler passen) bekam. Er nahm für Alcihiades (s. d. Art.) und dessen Zurückberufung starke Parthei, beförderte die Einführung eines neuen Senats (wozu 400 Personen aus 5000 Bürgern gewählt wurden); trat aber nachher, als sich eine Gegenparthei bildete, eben wieder zu dieser demokratischen Parthei, welche auch die Oberhand erhielt und die Regierungsform des Solon wieder einführte. Als in der Folge Alcibiades wieder vertrieben wurde und Lysander (s. d. Art. i. d. N.) mit einer Flotte vor Athen erschien, so schickte dieses, auf den höchsten Grad des Elends gebracht, den Theramenes an Lysander ab; allein er ward zum Verräther an seinem Vaterlande. Drei Monate lang blieb er bei Lysander, kehrte dann ohne befriedigende Antwort zurück und ging, bei einer neuen in Gesellschaft mehrerer Abgeordneten veranlaßten Sendung, einen höchst verderblichen Frieden ein. Bald zeigte sich des Theramenes Verratherei noch————
mehr, indem sein mit Lysander verabredeter Plan zu Einführung einer neuen Oligarchie ausgeführt und die 30 Tyrannen, wovon Theramenes einer der vornehmsten war, eingesetzt wurden, die denn nun aufs schändlichste gegen das Vermögen und das Leben ihrer Mitbürger wütheten. Theramenes, der vielleicht noch einige Liebe zu seinem Vaterlande besaß, mehr aber wol, weil er sich in seinen Erwartungen von größerer Macht und Ansehen getäuscht fand, murrte laut darüber, so daß ihn endlich Kritias, einer der Mittyrannen, als Verräther der gemeinschaftlichen Sache, dessen Wankelmuth sich wieder auf die Seite der Demokratie hinneige, vor den übrigen Tyrannen und dem Rathe der Vierhundert anklagte. Theramenes vertheidigte sich mit ächt republicanlschem Muthe und Entschlossenheit; allein er wurde dennoch als Revolutionair des Todes schuldig erklart, und ob er gleich einen Altar in der Nähe umfaßte, dennoch hinweggerissen, ins Gefängniß gebracht, und ihm hier auch sogleich der Giftbecher gereicht. Er ergrif ihn mit aller Starke der Seele, trank ihn gierig aus und, die letzten Tropfen auf dem Boden ausgießend, sprach er lächelnd: Dies trink ich dem Kritias zu!