Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Telegraph, Der
Der Telegraph (a. d. Griech. von τηλε, τηλŏ, weit, und γραφεῖν, schreiben) ist eine Maschine, vermittelst welcher man sich in einer beträchtlichen Entfernung Nachrichten mittheilen kann, die denen, so die eignen Schriftzeichen der Telegraphensprache nicht verstehen, unverständlich bleiben. Griechen und Römer kannten schon diese Art der Gedankenmittheilung, und bewirkten sie durch angezündete Feuer, die nach Maßgabe der Entfernung von einander, oder der verschiedenen Seiten, wo sie hinbrannten, verschiedene Buchstaben und Wörter anzeigten. Allein diese Methode war doch nicht sehr im Gebrauch, weil die pünktliche Unterhaltung des Feuers viele Unbequemlichkeiten verursachte, und die ganze Anstalt nur zur Nachtzeit bei trockner Witterung bestehen konnte. In neuern Zeiten wurden wenige Versuche in der Vervollkommnung dieser Kunst gemacht. Zwar legte der Engländer Hook im Jahre 1684 der Akademie der Wissenschaften in London einen neuen Plan dazu vor, welcher der neuesten Theorie sehr nahe kam; allein das Project gerieth bald in Vergessenheit. Kein besseres Schicksal hatte die Idee des bekannten Linguet, der sich im Jahre 1782 die Befreiung aus der Bastille durch ein Mittel verschaffen wollte, vermittelst dessen man sich Nachrichten aus den entlegensten Ländern schnell und auf eine sehr wohlfeile Art mittheilen————
könnte. Linguet erhielt auf einem andern Weg die Freiheit, und an das Project wurde nicht wieder gedacht. Man weiß nicht zuverlässig, wodurch er die Mittheilung bewirken wollte. Einige vermuthen, durch den Schall, der sich durch Röhren unter der Erde fortpflanzte; allein dieses Verfahren würde sehr kostspielig gewesen sein: es muß also in etwas anderm bestanden haben. Dessen ungeachtet ist es aber höchst unwahrscheinlich, daß der Ingenieur Chappe, ein vormahliger Abbé, und der eigentliche Erfinder der neuen Französischen Telegraphen, weiter nichts gethan, als Linguetʼs Plan ausgeführt habe. Chappe machte sein Project schon im März 1792 der National-Versammlung bekannt, also ein Jahr früher, ehe Linguet zum zweiten Mahle verhaftet und seiner Papiere beraubt wurde. Dieser würde ihm schwerlich die Ehre der Erfindung überlassen haben, wenn er ihm auf der Stelle hätte beweisen können, daß er der wahre Erfinder sei. Ein Deutscher, der Prof. Bergsträßer in Hanau, trat bald nachher auch auf, um zu beweisen, daß er früher als Linguet und Chappe das Geheimniß der Fernschreibekunst in seiner Synthematographie im Jahr 1784 bekannt gemacht habe. Bei dieser Verwirrung über den wahren Erfinder des Telegraphen bleibt wenigstens so viel gewiß, daß alle von andern gethane Vorschläge und angestellte Versuche dem Telegraphen des Chappe weit nachstehen, und
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daß die Franzosen von ihren Telegraphen schon beträchtliche Vortheile zogen, während die Deutschen erst noch darüber stritten, wem die Ehre der Erfindung gebühre. Chappe machte am 12. April 1793 den ersten Versuch mit seinem Telegraphen in Paris. Gleich darauf wurde am 27. April durch ein Decret des Convents eine Commission niedergesetzt, die darüber berichten sollte. Am 24. Juli stattete Lakanal den Bericht ab, und gleich darauf wurden die 12 Telegraphen von Paris bis Lille errichtet. In Paris steht der Telegraph auf dem Louvre, der zweite aber auf Montmartre in einer Entfernung von zwei Stunden. Das Aeußere ist sehr einfach: eine Stange läuft senkrecht empor; auf ihr ruht, in einer Höhe von 12 Fuß, eine Querstange von der Länge von 9 Fuß, und an jedem Ende derselben ist gleichfalls eine Stange von der halben Länge der vorigen befestigt. Diese drei Stangen sind leicht beweglich, und bilden in Rücksicht der verschiednen Stellungen und Richtungen, die sie annehmen können, über 200 Signale oder telegraphische Schriftzeichen. So leicht der Mechanismus des Telegraphen auf den ersten Anblick scheint, so ist dessen ungeachtet die eigentliche Direction desselben ungemein schwer, und erfordert sehr genaue Beobachter. Conté, der Aufseher des ärostatischen Instituts zu Meudon, hat einen ärostatischen Telegraphen erfunden, um bei Luftreisen schnell correspondiren zu kön-
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nen. Dieser besteht aus acht Cylindern von schwarzen Wachstaffent, welche zusammen 265 Veränderungen oder Zeichen geben. In Spanien hat ein gewisser Salva einen electrischen Telegraphen von großer Wirksamkeit erfunden, und damit in Gegenwart des Hofs Versuche gemacht.
könnte. Linguet erhielt auf einem andern Weg die Freiheit, und an das Project wurde nicht wieder gedacht. Man weiß nicht zuverlässig, wodurch er die Mittheilung bewirken wollte. Einige vermuthen, durch den Schall, der sich durch Röhren unter der Erde fortpflanzte; allein dieses Verfahren würde sehr kostspielig gewesen sein: es muß also in etwas anderm bestanden haben. Dessen ungeachtet ist es aber höchst unwahrscheinlich, daß der Ingenieur Chappe, ein vormahliger Abbé, und der eigentliche Erfinder der neuen Französischen Telegraphen, weiter nichts gethan, als Linguetʼs Plan ausgeführt habe. Chappe machte sein Project schon im März 1792 der National-Versammlung bekannt, also ein Jahr früher, ehe Linguet zum zweiten Mahle verhaftet und seiner Papiere beraubt wurde. Dieser würde ihm schwerlich die Ehre der Erfindung überlassen haben, wenn er ihm auf der Stelle hätte beweisen können, daß er der wahre Erfinder sei. Ein Deutscher, der Prof. Bergsträßer in Hanau, trat bald nachher auch auf, um zu beweisen, daß er früher als Linguet und Chappe das Geheimniß der Fernschreibekunst in seiner Synthematographie im Jahr 1784 bekannt gemacht habe. Bei dieser Verwirrung über den wahren Erfinder des Telegraphen bleibt wenigstens so viel gewiß, daß alle von andern gethane Vorschläge und angestellte Versuche dem Telegraphen des Chappe weit nachstehen, und
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daß die Franzosen von ihren Telegraphen schon beträchtliche Vortheile zogen, während die Deutschen erst noch darüber stritten, wem die Ehre der Erfindung gebühre. Chappe machte am 12. April 1793 den ersten Versuch mit seinem Telegraphen in Paris. Gleich darauf wurde am 27. April durch ein Decret des Convents eine Commission niedergesetzt, die darüber berichten sollte. Am 24. Juli stattete Lakanal den Bericht ab, und gleich darauf wurden die 12 Telegraphen von Paris bis Lille errichtet. In Paris steht der Telegraph auf dem Louvre, der zweite aber auf Montmartre in einer Entfernung von zwei Stunden. Das Aeußere ist sehr einfach: eine Stange läuft senkrecht empor; auf ihr ruht, in einer Höhe von 12 Fuß, eine Querstange von der Länge von 9 Fuß, und an jedem Ende derselben ist gleichfalls eine Stange von der halben Länge der vorigen befestigt. Diese drei Stangen sind leicht beweglich, und bilden in Rücksicht der verschiednen Stellungen und Richtungen, die sie annehmen können, über 200 Signale oder telegraphische Schriftzeichen. So leicht der Mechanismus des Telegraphen auf den ersten Anblick scheint, so ist dessen ungeachtet die eigentliche Direction desselben ungemein schwer, und erfordert sehr genaue Beobachter. Conté, der Aufseher des ärostatischen Instituts zu Meudon, hat einen ärostatischen Telegraphen erfunden, um bei Luftreisen schnell correspondiren zu kön-
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nen. Dieser besteht aus acht Cylindern von schwarzen Wachstaffent, welche zusammen 265 Veränderungen oder Zeichen geben. In Spanien hat ein gewisser Salva einen electrischen Telegraphen von großer Wirksamkeit erfunden, und damit in Gegenwart des Hofs Versuche gemacht.