Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Swedenborg, Emanuel
Emanuel Swedenborg (oder eigentlich Swedberg), dieser so berühmte Geisterseher des letzten Jahrhunderts, war der Sohn eines Bischofs von Westgothland, den 29. Jan. 1689 zu Stockholm geb. Schon in seiner Kindheit sprach er viel von Glauben und Liebe, welche denn auch in der Folge die Grundpfeiler seines Himmelreichs wurden. Im J. 1710 ging er auf Reisen nach England, Holland, Frankreich, Deutschland, brachte vier Jahre auf Universitäten zu, kam dann 1714 nach Schweden zurück, wo er sich in Upsala habilitirte, und dann von Carl XII., der mit ihm mehrere Mahle sich unterhielt, zum Beisitzer im Bergwerks Collegium ernannt wurde, wo er sich auch in mathematisch mechanischen Erfindungen – z. B. durch die zu Erleichterung der Belagerung von Friedrichshall 1718 erfundene, durch Rollen über Berg und Thai bewirkte, Fortschaffung von 2 Galeeren, 5 großen Böten und 1 Schaluppe – hervorthat, und bald nachher (1719) von der Königin, Ulrike Eleonore, unter dem Namen Swedenborg geadelt wurde. Seine philosophischen und mineralogischen Werke, die er dazumahl schrieb, zeigen ein tief durchdachtes Natursystem – alles verräth viel Belesenheit, viel eigne Gedanken; und allenthalben wurden sie sehr gut aufgenommen, auch er selbst von mehreren Academien (der Petersburger, Stockholmer etc.) zum Mitglied ernannt. Er————
machte selbst, zur Erweiterung seiner Kenntnisse, wieder Reisen nach den Oestreichischen und Sächsischen Bergwerken, und 1738 noch eine Reise nach Italien, wo er sich in Venedig und Rom ein ganzes Jahr lang aufhielt. – So durchaus geehrt, von allen Verständigen seines Vaterlandes geachtet, legte er auf einmahl 1747 sein Amt nieder. Ihm war, wie er sagte, der Herr selbst erschienen, ihm habe er das Innere aufgethan, die Geisterwelt eröffnet, auch verstattet, mit Engeln und Geistern zu sprechen. Und so lebte er auch bis an seinen Tod in dem Umgange derselben, dem er sich einzig widmete. Ihm sei es, bethauerte er heilig, vom Herrn gegeben worden, Himmel und Hölle zu sehen, ganz erstaunenswürdige Dinge, die nie zu eines Menschen Kenntniß gekommen, zu hören und zu sehen. – Bei aller dieser Geisterseherei aber zeigte er weder Schwäche des Verstandes, noch auch etwa Stolz; die Spötter wußte er in Achtung zu erhalten. Jedem, der ihn näher kannte, erschien er wirklich als Einer, der mit Engeln umgeht, als ein Muster ungeheuchelter Frömmigkeit, Güte und Wahrheit. Daß und wie Swedeuborg, als der Sohn eines frommen Bischofs, durch die Religionseindrücke, die schon früh aufs tiefste auf ihn wirkten sich selbst täuschte, daß jener Umgang mit Engeln und Geistern ein Gedankenspiel einer Seelen- und Gemüthsdichtung war, in der er sich, wie im Himmel, befand, hat der verewigte
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Herder in seiner Adrastea (3. B. 2. St.) trefflich aus einander gesetzt. Sein Zustand war von dreifacher Art: 1) wo er mit Geistern sprach, die vor und neben ihm erschienen1; 2) eine Entzuckung, wo alle Sinne aufs lebhafteste wirkten; 3) wenn er, vom Geist fortgerissen, in schneller Zeit unzählige Oerter und Gegenstände sah2. Er sah und glaubte alle seine Phantasien mit Ueberzeugung, und stellte sie als den Sinnen gegenwärtig dar. So lebte er 30 Jahre lang im Umgange mit Geistern, theilte daraus in 20 größern und kleinern Werken, die er auf eigne und sehr große Kosten prächtig drucken ließ, der Welt seine Erscheinungen mit, und starb 1772 im 84. Jahre seines Lebens. – Von ihm führt eine Religionssecte in England und Amerika den Namen.
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Fußnoten
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1 Er versicherte, ein ganzes Jahr lang mit Paulus, dreimahl mit Johannes, einmahl mit Moses, auf hundertmahl mit Luther, auch einmahl mit Maria, der Mutter des Herrn, gesprochen zu haben.
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2 So erzählt z. B. der Deutsche Uebersetzer seines Werks: Vom Himmel, der Geisterwelt, der Hölle (1784) unter den heiligsten Betheuerungen für die Wahrheit dieses Umstandes und mehrerer ähnlichen: daß Swedenborg 1759, als er bei Gothenburg aus
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Land gestiegen, mit großer Bestürzung gesagt habe, er sehe eben eine schreckliche Feuersbrunst in Stockholm, wobei er auch alle Nebenumstände successiv angegeben; worauf denn nach drei Tagen die Nachricht von dieser Feuersbrunst, unter Bestätigung aller jener Umstände, wirklich aus Stockholm angekommen sei.
machte selbst, zur Erweiterung seiner Kenntnisse, wieder Reisen nach den Oestreichischen und Sächsischen Bergwerken, und 1738 noch eine Reise nach Italien, wo er sich in Venedig und Rom ein ganzes Jahr lang aufhielt. – So durchaus geehrt, von allen Verständigen seines Vaterlandes geachtet, legte er auf einmahl 1747 sein Amt nieder. Ihm war, wie er sagte, der Herr selbst erschienen, ihm habe er das Innere aufgethan, die Geisterwelt eröffnet, auch verstattet, mit Engeln und Geistern zu sprechen. Und so lebte er auch bis an seinen Tod in dem Umgange derselben, dem er sich einzig widmete. Ihm sei es, bethauerte er heilig, vom Herrn gegeben worden, Himmel und Hölle zu sehen, ganz erstaunenswürdige Dinge, die nie zu eines Menschen Kenntniß gekommen, zu hören und zu sehen. – Bei aller dieser Geisterseherei aber zeigte er weder Schwäche des Verstandes, noch auch etwa Stolz; die Spötter wußte er in Achtung zu erhalten. Jedem, der ihn näher kannte, erschien er wirklich als Einer, der mit Engeln umgeht, als ein Muster ungeheuchelter Frömmigkeit, Güte und Wahrheit. Daß und wie Swedeuborg, als der Sohn eines frommen Bischofs, durch die Religionseindrücke, die schon früh aufs tiefste auf ihn wirkten sich selbst täuschte, daß jener Umgang mit Engeln und Geistern ein Gedankenspiel einer Seelen- und Gemüthsdichtung war, in der er sich, wie im Himmel, befand, hat der verewigte
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Herder in seiner Adrastea (3. B. 2. St.) trefflich aus einander gesetzt. Sein Zustand war von dreifacher Art: 1) wo er mit Geistern sprach, die vor und neben ihm erschienen1; 2) eine Entzuckung, wo alle Sinne aufs lebhafteste wirkten; 3) wenn er, vom Geist fortgerissen, in schneller Zeit unzählige Oerter und Gegenstände sah2. Er sah und glaubte alle seine Phantasien mit Ueberzeugung, und stellte sie als den Sinnen gegenwärtig dar. So lebte er 30 Jahre lang im Umgange mit Geistern, theilte daraus in 20 größern und kleinern Werken, die er auf eigne und sehr große Kosten prächtig drucken ließ, der Welt seine Erscheinungen mit, und starb 1772 im 84. Jahre seines Lebens. – Von ihm führt eine Religionssecte in England und Amerika den Namen.
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Fußnoten
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1 Er versicherte, ein ganzes Jahr lang mit Paulus, dreimahl mit Johannes, einmahl mit Moses, auf hundertmahl mit Luther, auch einmahl mit Maria, der Mutter des Herrn, gesprochen zu haben.
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2 So erzählt z. B. der Deutsche Uebersetzer seines Werks: Vom Himmel, der Geisterwelt, der Hölle (1784) unter den heiligsten Betheuerungen für die Wahrheit dieses Umstandes und mehrerer ähnlichen: daß Swedenborg 1759, als er bei Gothenburg aus
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Land gestiegen, mit großer Bestürzung gesagt habe, er sehe eben eine schreckliche Feuersbrunst in Stockholm, wobei er auch alle Nebenumstände successiv angegeben; worauf denn nach drei Tagen die Nachricht von dieser Feuersbrunst, unter Bestätigung aller jener Umstände, wirklich aus Stockholm angekommen sei.