Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Sulla, Cornelius
Cornelius Sulla: ein merkwürdiger Name in der Römischen Geschichte. – Sulla wurde 146 Jahre vor Chr. Geb. aus einem ehemahls vornehmen, jetzt aber in Dunkelheit zurückgesunkenen, Geschlecht in Rom geboren. Liebe zum Kriegsdienst bewog ihn, dem Heereszuge beizuwohnen, den Marius (m. vergl. d. Art.) als Oberbefehlshaber gegen den Jugurtha unternahm. Er zeichnete sich bald vortheilhaft aus, hatte großen Antheil an der Eroberung Numidiens, und noch größern an der Auslieferung des Jugurtha, den sein Schwiegervater, König Bocchus, auf Sullaʼs Anregung, treulos verließ. Marius wurde schon damahls auf Sulla eifersüchtig, und wer weiß, ob nicht beide Feldherren viel früher in eine Fehde mit einander gerathen wären, wenn nicht Sulla für rathsamer gefunden hätte, sich fürs erste um bürgerliche Würden zu bewerben, um dadurch in den festen Besitz der Volksgunst zu kommen. Er erhielt zuerst die Prätur, gab dem Volke prächtige Schauspiele, und stieg im J. 666 nach R. Erb. bis zum Consulat. Der Krieg gegen die Bundesgenossen, der Rom den Untergang drohte, verschaffte seiner Thätigkeit ein neues Feld. Er beendigte ihn zum Vortheile beider Partheien, und bewarb sich nun um die Oberbefehlshaber-Stelle zum Feldzuge der Römer gegen den Mithridates, König in Pontus. Kaum war er zur Armee abgegangen, als Marius, der————
diesen Zug selbst gern angeführt hätte, in Rom eine mächtige Cabale gegen ihn anspann. Alle Gesetze, die er während seines Consulats gegeben hatte, wurden umgestoßen, und er selbst für einen Verräther erklärt. Sulla erhielt von diesen Begebenheiten zeitig genug Nachricht, kehrte mit seinem Heere um, und ging gerade auf Rom los. Die Parthei des Marius, die in Rom sehr zahlreich war, empfing ihn mit vieler Hitze. Man warf Steine aus den Fenstern auf die Soldaten, und Sulla gewann vielleicht bloß dadurch endlich die Oberhand, daß er einige Häuser anzünden ließ, wodurch die Bürger muthlos gemacht wurden. Vorjetzt unterdrückte er noch seine Rache, stellte in der Stadt die Ruhe wieder her, und zog darauf mit seinen Legionen sogleich gegen den Mithridates. Ungeachtet der ansehnlichen und tapfern Heere dieses Fürsten, gewann ihm doch Sulla beträchtliche Vortheile ab, und würde ihn endlich ganz besiegt haben, wenn nicht die Begierde, sich an der Parthei des Marius in Rom zu rächen, ihn bewogen hätte, einen Vergleich einzugehen. Im J. 671 ging Sulla nach Rom zurück: ehe er es aber erreichte, mußte er mit einigen Feldherren von der Parthei seines Gegners – der zwar schon vorher gestorben war, jedoch einen Sohn, um den sich die Mißvergnügten versammelten, hinterlassen hatte – in Italien einige harte Kämpfe bestehen. Er überwand einen nach dem andern, und die Soldaten gingen in
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Menge zu ihm über. So ansehnlich verstärkt zog er ohne allen Widerstand in Rom ein, fest entschlossen, dem Staate eine dauerhafte Form zu geben, und ihn gegen die Meutereien der Factionisten zu sichern. In dieser Absicht ließ er sich mit der höchsten Gewalt bekleiden, und zum Dictator ernennen (m. s. d. Art.). Kaum sah er sich in dem Besitze dieser Würde, als er seiner Blutgier und tiegerartigen Grausamkeit freien Lauf ließ, und unter dem Vorwande, den Staat von Bösewichtern und Nichtswürdigen zu reinigen, Rom seiner edelsten Bürger beraubte. Er machte Proscriptionslisten bekannt, wodurch der Tod mehrerer Tausende gesetzlich anbefohlen wurde. Der Besitz von Reichthümern, Ländereien, Kunstwerken und andern Kostbarkeiten war hinlänglich, Verdacht zu erregen. Bei Todesstrafe war es untersagt, einen Geächteten zu verbergen, und große Belohnungen standen darauf, einen dem Dictator lebendig oder todt zu überliefern. Sulla war grausam genug, 6000 Krieger, denen er selbst Schutz zugesagt hatte, und worunter sich die Reste der unruhigen Samniter befanden, auf einmahl niedermetzeln zu lassen, als eben der Senat im Tempel der Bellona versammelt war. Das Geschrei der Unglücklichen, die vor der Thüre niedergestoßen wurden, erschreckte die Senatoren. Sulla, der eben eine Rede hielt, versicherte ihnen, daß nicht Bedeutendes vorfalle, er lasse bloß einige Unruhestifter abstrafen –
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und hiermit fuhr er ganz ruhig in seiner Rede fort. Nicht bloß Rom, sondern auch die meisten übrigen Städte Italiens, wurden verwüstet und mit Blut und Leichen erfüllt. Was er nicht selbst that, das thaten in seinem Namen seine Gehülfen, unter denen besonders der verrufene Catilina eine große Rolle spielte. Zwölftausend Einwohner aus Präneste, denen er doch seine Gnade hatte versichern lassen, ließ er ganz kaltblütig hinrichten. Mit den Gütern der Geächteten wurde der unverzeihlichste Mißbrauch getrieben: sie geriethen in die Hände von Buhlerinnen, Schwelggenossen des Dictators und nichtswürdiger Freigelassenen. Schon waren 90 Senatoren und 2600 Römische Ritter umgekommen, als endlich einige Freunde Sullaʼs ihn erinnerten, daß er doch dem Morden Einhalt thun möchte, damit wenigstens einige übrig blieben, über die er herrschen könnte. Der Tyrann befolgte diesen Wink, fing an neue Gesetze zu entwerfen affectirte einen großen Eifer für die Religion, und schien das Uebel wieder gut machen zu wollen, womit er den Römischen Staat beimgesucht hatte. Im J. 675 legte er auf einmahl alle seine Aemter vieder, und kehrte in den Privatstand zurück. Er war erbötig, über seine Administration öffentlich Rechnung abzulegen; aber Niemand forderte sie ihm ab. Vielleicht verleiteten ihn Gewissensbisse, oder Eitelkeit, oder das Gefühl körperlicher Schwäche – sein Körper war durch die
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abscheulichsten Ausschweifungen zerrüttet, an denen er auch das Jahr darauf starb – zu diesem sonderbaren Schritte. In jeder Rücksicht war er einer der abscheulichsten Menschen, die je gelebt haben. Aber seine große Gewandtheit in der Verstellungskunst und gewisse Aufwallungen von Edelmuth und Seelengröße machten, daß man ihn zuweilen für einen großen Mann hielt: auch liebte er die Wissenschaften und Gelehrten, und las die besten Schriftsteller des Alterthums (die Bücher des Aristoteles brachte er bei der Eroberung von Athen wieder aus Licht, und nahm sie mit sich nach Rom); allein durch seine Grausamkeit befleckte er jene guten Eigenschaften. Einige seiner Zeitgenossen glaubten daher auch, er werde wechselsweise von zwei verschiedenen Seelen regiert, und sei deßwegen bald gut, bald böse.
diesen Zug selbst gern angeführt hätte, in Rom eine mächtige Cabale gegen ihn anspann. Alle Gesetze, die er während seines Consulats gegeben hatte, wurden umgestoßen, und er selbst für einen Verräther erklärt. Sulla erhielt von diesen Begebenheiten zeitig genug Nachricht, kehrte mit seinem Heere um, und ging gerade auf Rom los. Die Parthei des Marius, die in Rom sehr zahlreich war, empfing ihn mit vieler Hitze. Man warf Steine aus den Fenstern auf die Soldaten, und Sulla gewann vielleicht bloß dadurch endlich die Oberhand, daß er einige Häuser anzünden ließ, wodurch die Bürger muthlos gemacht wurden. Vorjetzt unterdrückte er noch seine Rache, stellte in der Stadt die Ruhe wieder her, und zog darauf mit seinen Legionen sogleich gegen den Mithridates. Ungeachtet der ansehnlichen und tapfern Heere dieses Fürsten, gewann ihm doch Sulla beträchtliche Vortheile ab, und würde ihn endlich ganz besiegt haben, wenn nicht die Begierde, sich an der Parthei des Marius in Rom zu rächen, ihn bewogen hätte, einen Vergleich einzugehen. Im J. 671 ging Sulla nach Rom zurück: ehe er es aber erreichte, mußte er mit einigen Feldherren von der Parthei seines Gegners – der zwar schon vorher gestorben war, jedoch einen Sohn, um den sich die Mißvergnügten versammelten, hinterlassen hatte – in Italien einige harte Kämpfe bestehen. Er überwand einen nach dem andern, und die Soldaten gingen in
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Menge zu ihm über. So ansehnlich verstärkt zog er ohne allen Widerstand in Rom ein, fest entschlossen, dem Staate eine dauerhafte Form zu geben, und ihn gegen die Meutereien der Factionisten zu sichern. In dieser Absicht ließ er sich mit der höchsten Gewalt bekleiden, und zum Dictator ernennen (m. s. d. Art.). Kaum sah er sich in dem Besitze dieser Würde, als er seiner Blutgier und tiegerartigen Grausamkeit freien Lauf ließ, und unter dem Vorwande, den Staat von Bösewichtern und Nichtswürdigen zu reinigen, Rom seiner edelsten Bürger beraubte. Er machte Proscriptionslisten bekannt, wodurch der Tod mehrerer Tausende gesetzlich anbefohlen wurde. Der Besitz von Reichthümern, Ländereien, Kunstwerken und andern Kostbarkeiten war hinlänglich, Verdacht zu erregen. Bei Todesstrafe war es untersagt, einen Geächteten zu verbergen, und große Belohnungen standen darauf, einen dem Dictator lebendig oder todt zu überliefern. Sulla war grausam genug, 6000 Krieger, denen er selbst Schutz zugesagt hatte, und worunter sich die Reste der unruhigen Samniter befanden, auf einmahl niedermetzeln zu lassen, als eben der Senat im Tempel der Bellona versammelt war. Das Geschrei der Unglücklichen, die vor der Thüre niedergestoßen wurden, erschreckte die Senatoren. Sulla, der eben eine Rede hielt, versicherte ihnen, daß nicht Bedeutendes vorfalle, er lasse bloß einige Unruhestifter abstrafen –
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und hiermit fuhr er ganz ruhig in seiner Rede fort. Nicht bloß Rom, sondern auch die meisten übrigen Städte Italiens, wurden verwüstet und mit Blut und Leichen erfüllt. Was er nicht selbst that, das thaten in seinem Namen seine Gehülfen, unter denen besonders der verrufene Catilina eine große Rolle spielte. Zwölftausend Einwohner aus Präneste, denen er doch seine Gnade hatte versichern lassen, ließ er ganz kaltblütig hinrichten. Mit den Gütern der Geächteten wurde der unverzeihlichste Mißbrauch getrieben: sie geriethen in die Hände von Buhlerinnen, Schwelggenossen des Dictators und nichtswürdiger Freigelassenen. Schon waren 90 Senatoren und 2600 Römische Ritter umgekommen, als endlich einige Freunde Sullaʼs ihn erinnerten, daß er doch dem Morden Einhalt thun möchte, damit wenigstens einige übrig blieben, über die er herrschen könnte. Der Tyrann befolgte diesen Wink, fing an neue Gesetze zu entwerfen affectirte einen großen Eifer für die Religion, und schien das Uebel wieder gut machen zu wollen, womit er den Römischen Staat beimgesucht hatte. Im J. 675 legte er auf einmahl alle seine Aemter vieder, und kehrte in den Privatstand zurück. Er war erbötig, über seine Administration öffentlich Rechnung abzulegen; aber Niemand forderte sie ihm ab. Vielleicht verleiteten ihn Gewissensbisse, oder Eitelkeit, oder das Gefühl körperlicher Schwäche – sein Körper war durch die
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abscheulichsten Ausschweifungen zerrüttet, an denen er auch das Jahr darauf starb – zu diesem sonderbaren Schritte. In jeder Rücksicht war er einer der abscheulichsten Menschen, die je gelebt haben. Aber seine große Gewandtheit in der Verstellungskunst und gewisse Aufwallungen von Edelmuth und Seelengröße machten, daß man ihn zuweilen für einen großen Mann hielt: auch liebte er die Wissenschaften und Gelehrten, und las die besten Schriftsteller des Alterthums (die Bücher des Aristoteles brachte er bei der Eroberung von Athen wieder aus Licht, und nahm sie mit sich nach Rom); allein durch seine Grausamkeit befleckte er jene guten Eigenschaften. Einige seiner Zeitgenossen glaubten daher auch, er werde wechselsweise von zwei verschiedenen Seelen regiert, und sei deßwegen bald gut, bald böse.