Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Straßburg
Straßburg (Latein. Argentoratum), in Unterelsaß an der Abendseite des Rheins, am Zusammenflusse der Ill (welche auch durch die Stadt läuft) und Breusche gelegen, ist die Hauptstadt im Elsaß, und nach der neuen Eintheilung Frankreichs der Hauptdistrictsort im Departement des untern Rheins. Schon im 3. und 4. Jahrhunderte stand sie in großem Ansehen, hatte auch in ihrer Nähe viel Silberadern, wovon sie denn auch den damahligen Namen Argentoratum geführt haben soll, und wurde von den Alemannen mehrere Mahle eingenommen und geplündert, bis endlich Attila sie ganz und gar verwüstete. Lang lag sie wüste, bis man nach und nach anfing, sie wieder aufzubauen, und ihr nun auch den Namen Straßburg gab, weil hier die vielen Straßen, die aus Panonien, Rhätien, Italien nach Gallien und Germanien gingen, zusammentrafen. Mehrere Könige aus Astrasien hatten hier ihren Sitz, und oft war sie noch Zerstörungen ausgesetzt: sie erhielt sich aber, und blieb eine freie Reichsstadt des Deutschen Reichs, die auch sehr viele Vorzüge genoß und in großem Ansehen stand; und obgleich Elsaß 1648 an Frankreich abgetreten wurde, so blieb doch Straßburg davon ausgenommen, bis sie endlich 1681, jedoch mit Beibehalt aller ihrer alten Rechte und Gerechtigkeiten, sich französischer Hoheit unterwerfen mußte, unter welcher sie auch durch den————
Ryswicker Frieden 1697 blieb.
Handel und Manufacturen sind hier in sehr guter Aufnahme; die Stadt selbst ist groß und schön, obgleich die meisten Straßen, nach alter Art, ziemlich unregelmäßig und enge sind. Sie hat sehr beträchtliche Festungswerke, und unter andern auch eine sehr feste Citadelle gegen den Rhein, über deren Thore die Ueberschrift steht: Servat et observat. Unter den öffentlichen Gebäuden ist das Münster, oder die bischöfliche Cathedralkirche, an welchem über 400 Jahr gebaut worden sein soll, eines der berühmtesten: zu der Krone des Thurms, die wohl eine der höchsten Pyramiden ausmachte, führten 725 Stufen; die größte Glocke wog 240, und die Silberglocke 46 Centner. Die, Anfangs (seit 1538) als Gymnasium, nachher aber (seit 1621) eingeweihte Universität hat lange Zeit mit Ruhm bestanden, große Gelehrte gehabt, und zur Verbreitung liberaler Kenntnisse sehr viel beigetragen: sie besaß eine vorzügliche Bibliothek. – Leider haben denn nun auch hier die Wirkungen der neuern Revolution einen sehr nachtheiligen Einfluß auf so viele Werke der Kunst gehabt! So ist z. B. ein Theil des hohen Münsterthurms herab, und auf dem Dache einer der Capellen des Münsters steht jetzt ein Telegraph (der die Depeschen in einer halben Stunde nach Paris befördert). In der Thomaskirche, wo sonst das schöne Grabmahl des Marschalls von Sachsen
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als große Zierde stand, kann man dieses vor Staub und Unrath nicht mehr erkennen; denn in der Kirche ward – Frucht ausgedroschen. Die Universität wurde 1803 hinwiederum zu einem Seminarium gemacht, das hauptsächlich protestantische Gottesgelehrte bilden soll. – Vor jenen Zeiten der Revolution lebten hier 50,000, allein seit 1796 nur ungefähr 41,600 Einwohner. – Auch das Bisthum Straßburg war eines der ältesten unmittelbaren Hochstifte in Deutschland, dessen Lande in vier Statthaltereien eingetheilt waren, und in Elsaß zerstreut lagen. Die Bischöfe schrieben sich Landgrafen in Elsaß, und regierten bis 1681 als weltliche Fürsten, wo es von Frankreich genommen wurde. Jedoch erhielt der Bischof 1742 im Fürstenrathe des Deutschen Reichs wieder Sitz und Stimme, die er bis zur Auflösung desselben, jedoch mehr wegen seiner Würde, als wegen der hochstiftischen Besitzungen, behielt, da die Krone Frankreich selbst die Landeshoheit ausübte.
Straßburg (Latein. Argentoratum), in Unterelsaß an der Abendseite des Rheins, am Zusammenflusse der Ill (welche auch durch die Stadt läuft) und Breusche gelegen, ist die Hauptstadt im Elsaß, und nach der neuen Eintheilung Frankreichs der Hauptdistrictsort im Departement des untern Rheins. Schon im 3. und 4. Jahrhunderte stand sie in großem Ansehen, hatte auch in ihrer Nähe viel Silberadern, wovon sie denn auch den damahligen Namen Argentoratum geführt haben soll, und wurde von den Alemannen mehrere Mahle eingenommen und geplündert, bis endlich Attila sie ganz und gar verwüstete. Lang lag sie wüste, bis man nach und nach anfing, sie wieder aufzubauen, und ihr nun auch den Namen Straßburg gab, weil hier die vielen Straßen, die aus Panonien, Rhätien, Italien nach Gallien und Germanien gingen, zusammentrafen. Mehrere Könige aus Astrasien hatten hier ihren Sitz, und oft war sie noch Zerstörungen ausgesetzt: sie erhielt sich aber, und blieb eine freie Reichsstadt des Deutschen Reichs, die auch sehr viele Vorzüge genoß und in großem Ansehen stand; und obgleich Elsaß 1648 an Frankreich abgetreten wurde, so blieb doch Straßburg davon ausgenommen, bis sie endlich 1681, jedoch mit Beibehalt aller ihrer alten Rechte und Gerechtigkeiten, sich französischer Hoheit unterwerfen mußte, unter welcher sie auch durch den————
Ryswicker Frieden 1697 blieb.
Handel und Manufacturen sind hier in sehr guter Aufnahme; die Stadt selbst ist groß und schön, obgleich die meisten Straßen, nach alter Art, ziemlich unregelmäßig und enge sind. Sie hat sehr beträchtliche Festungswerke, und unter andern auch eine sehr feste Citadelle gegen den Rhein, über deren Thore die Ueberschrift steht: Servat et observat. Unter den öffentlichen Gebäuden ist das Münster, oder die bischöfliche Cathedralkirche, an welchem über 400 Jahr gebaut worden sein soll, eines der berühmtesten: zu der Krone des Thurms, die wohl eine der höchsten Pyramiden ausmachte, führten 725 Stufen; die größte Glocke wog 240, und die Silberglocke 46 Centner. Die, Anfangs (seit 1538) als Gymnasium, nachher aber (seit 1621) eingeweihte Universität hat lange Zeit mit Ruhm bestanden, große Gelehrte gehabt, und zur Verbreitung liberaler Kenntnisse sehr viel beigetragen: sie besaß eine vorzügliche Bibliothek. – Leider haben denn nun auch hier die Wirkungen der neuern Revolution einen sehr nachtheiligen Einfluß auf so viele Werke der Kunst gehabt! So ist z. B. ein Theil des hohen Münsterthurms herab, und auf dem Dache einer der Capellen des Münsters steht jetzt ein Telegraph (der die Depeschen in einer halben Stunde nach Paris befördert). In der Thomaskirche, wo sonst das schöne Grabmahl des Marschalls von Sachsen
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als große Zierde stand, kann man dieses vor Staub und Unrath nicht mehr erkennen; denn in der Kirche ward – Frucht ausgedroschen. Die Universität wurde 1803 hinwiederum zu einem Seminarium gemacht, das hauptsächlich protestantische Gottesgelehrte bilden soll. – Vor jenen Zeiten der Revolution lebten hier 50,000, allein seit 1796 nur ungefähr 41,600 Einwohner. – Auch das Bisthum Straßburg war eines der ältesten unmittelbaren Hochstifte in Deutschland, dessen Lande in vier Statthaltereien eingetheilt waren, und in Elsaß zerstreut lagen. Die Bischöfe schrieben sich Landgrafen in Elsaß, und regierten bis 1681 als weltliche Fürsten, wo es von Frankreich genommen wurde. Jedoch erhielt der Bischof 1742 im Fürstenrathe des Deutschen Reichs wieder Sitz und Stimme, die er bis zur Auflösung desselben, jedoch mehr wegen seiner Würde, als wegen der hochstiftischen Besitzungen, behielt, da die Krone Frankreich selbst die Landeshoheit ausübte.