Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Sixtus der fünfte, Der Papst
Der Papst Sixtus der fünfte gehörte zu den außerordentlichsten Männern seines Jahrhunderts, und als Regent unter die würdigsten Oberhäupter der Kirche, die jemahls den päpstlichen Stuhl eingenommen haben. Seine geringe Herkunft – er war der Sohn eines Tagelöhners aus Montalto, wo er 1521 geboren wurde, und sein eigentlicher Name Felix Peretti – verhieß ihm keine glänzende Rolle in der Welt; er mußte in seiner Jugend die Schweine hüten, und jede Aussicht, seinen Geist auszubilden, schien ihm verschlossen. Zu seinem Glück machte er aber bald die Bekanntschaft eines mitleidigen Franziskaners, der ihn mit sich in das Kloster nach Asioli nahm. Sein Eifer für die Bereicherung seiner Kenntnisse war so groß, daß er darüber die harte Behandlung vergaß, die ihm nachher im Kloster widerfuhr. Am meisten übte er sich im Predigen, weil er damit vor dem Volke Aufsehen zu machen hoffte. Sein Ehrgeitz ließ ihn schon damahls ahnen, daß er vielleicht dereinst Papst werden könnte. In Rom hatte er einige mächtige Gönner, die ihm das Amt eines Generalinquisitors in Venedig verschafften, nachdem er 1545 wirklicher Priester geworden war, und den Namen Montalto angenommen hatte. Sein hitziges Temperament und der oft übertriebene Eifer in der Verwaltung seines Amts zogen ihm viele Feinde zu; allein seine mächtigen————
Gönner, die Päpste Pius V. und Gregorius XIII., schützten ihn. Ersterer ernannte ihn zum Ordensgeneral der Franziskaner, und verlieh ihm 1570 die Cardinalswürde. Von diesem Zeitpunkte an dachte Montalto ernstlich darauf, selbst Papst zu werden. Er fing damit an, allen Verbindungen zu entsagen und ein einsiedlerisches Leben zu führen. Niemand konnte sich diese plötzliche Veränderung erklären; man glaubte, Montalto verbinde eine geheime Absicht damit. Da er aber viele Jahre in dieser Lebensweise fortfuhr, so glaubte man endlich in der That, daß er sich nur dadurch zum Himmel vorbereiten wolle. Schon betrachtete man ihn gleichsam für lebendig todt, als der Tod Gregors XIII. eine neue Papstwahl nöthig machte. Montalto kroch gleich einem Lungenbrüchigen und Schwindsüchtigen in das Conclave, und erwartete mit der fürchterlichsten innern Unruhe den Ausgang der Wahl. Die Hoffnung einiger Cardinäle, unter der Regierung dieses abgelebten Mannes selbst zu regieren, und die Uneinigkeit, die in dem Conclave herrschte, machten, daß sie zu seinem Vortheil ausschlug. Er wurde am 24. April 1585 zum Papst erwählt, und von diesem Augenblicke an zeigte er sich wieder als kraftvollen Mann. Die bestürzten Cardinäle glaubten ein Wunder zu sehen, und Roms Einwohner fingen an, bei dem Namen Sirtus V. zu zittern. Er bestrafte mit unerbittlicher Strenge jede
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Ungerechtigkeit, betrieb – gleich Preußens Friedrich, der mit ihm viele Aehnlichkeit im Charakter hatte – alle Regierungsgeschäfte selbst, und war ununterbrochen mit der Verbesserung des Landes und mit der Ausbreitung der Ehre der Kirche beschäftigt. Auch in dem Ketzer ehrte er den tugendhaften und rechtschaffenen Mann. Rom wurde während seiner Regierung ungemein verschonert, und die noch übrigen Denkmähler des Alterthums den Trümmern entrissen. Die Anlegung der Bibliothek im Vatican, die Beförderung des Bibellesens unter den Layen durch Handausgaben und Uebersetzungen der Bibel, die Bestimmung der Anzahl der Cardinäle auf 70, und noch mehrere treffliche Einrichtungen rühren alle von ihm her. Er starb leider nur zu frühzeitig für seine Staaten am 23. Aug. 1590 nicht ohne Muthmaßung empfangenen Gifts, das ihm auf Anregung des schändlichen Königs Philipp II. in Spanien beigebracht worden war.
Der Papst Sixtus der fünfte gehörte zu den außerordentlichsten Männern seines Jahrhunderts, und als Regent unter die würdigsten Oberhäupter der Kirche, die jemahls den päpstlichen Stuhl eingenommen haben. Seine geringe Herkunft – er war der Sohn eines Tagelöhners aus Montalto, wo er 1521 geboren wurde, und sein eigentlicher Name Felix Peretti – verhieß ihm keine glänzende Rolle in der Welt; er mußte in seiner Jugend die Schweine hüten, und jede Aussicht, seinen Geist auszubilden, schien ihm verschlossen. Zu seinem Glück machte er aber bald die Bekanntschaft eines mitleidigen Franziskaners, der ihn mit sich in das Kloster nach Asioli nahm. Sein Eifer für die Bereicherung seiner Kenntnisse war so groß, daß er darüber die harte Behandlung vergaß, die ihm nachher im Kloster widerfuhr. Am meisten übte er sich im Predigen, weil er damit vor dem Volke Aufsehen zu machen hoffte. Sein Ehrgeitz ließ ihn schon damahls ahnen, daß er vielleicht dereinst Papst werden könnte. In Rom hatte er einige mächtige Gönner, die ihm das Amt eines Generalinquisitors in Venedig verschafften, nachdem er 1545 wirklicher Priester geworden war, und den Namen Montalto angenommen hatte. Sein hitziges Temperament und der oft übertriebene Eifer in der Verwaltung seines Amts zogen ihm viele Feinde zu; allein seine mächtigen————
Gönner, die Päpste Pius V. und Gregorius XIII., schützten ihn. Ersterer ernannte ihn zum Ordensgeneral der Franziskaner, und verlieh ihm 1570 die Cardinalswürde. Von diesem Zeitpunkte an dachte Montalto ernstlich darauf, selbst Papst zu werden. Er fing damit an, allen Verbindungen zu entsagen und ein einsiedlerisches Leben zu führen. Niemand konnte sich diese plötzliche Veränderung erklären; man glaubte, Montalto verbinde eine geheime Absicht damit. Da er aber viele Jahre in dieser Lebensweise fortfuhr, so glaubte man endlich in der That, daß er sich nur dadurch zum Himmel vorbereiten wolle. Schon betrachtete man ihn gleichsam für lebendig todt, als der Tod Gregors XIII. eine neue Papstwahl nöthig machte. Montalto kroch gleich einem Lungenbrüchigen und Schwindsüchtigen in das Conclave, und erwartete mit der fürchterlichsten innern Unruhe den Ausgang der Wahl. Die Hoffnung einiger Cardinäle, unter der Regierung dieses abgelebten Mannes selbst zu regieren, und die Uneinigkeit, die in dem Conclave herrschte, machten, daß sie zu seinem Vortheil ausschlug. Er wurde am 24. April 1585 zum Papst erwählt, und von diesem Augenblicke an zeigte er sich wieder als kraftvollen Mann. Die bestürzten Cardinäle glaubten ein Wunder zu sehen, und Roms Einwohner fingen an, bei dem Namen Sirtus V. zu zittern. Er bestrafte mit unerbittlicher Strenge jede
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Ungerechtigkeit, betrieb – gleich Preußens Friedrich, der mit ihm viele Aehnlichkeit im Charakter hatte – alle Regierungsgeschäfte selbst, und war ununterbrochen mit der Verbesserung des Landes und mit der Ausbreitung der Ehre der Kirche beschäftigt. Auch in dem Ketzer ehrte er den tugendhaften und rechtschaffenen Mann. Rom wurde während seiner Regierung ungemein verschonert, und die noch übrigen Denkmähler des Alterthums den Trümmern entrissen. Die Anlegung der Bibliothek im Vatican, die Beförderung des Bibellesens unter den Layen durch Handausgaben und Uebersetzungen der Bibel, die Bestimmung der Anzahl der Cardinäle auf 70, und noch mehrere treffliche Einrichtungen rühren alle von ihm her. Er starb leider nur zu frühzeitig für seine Staaten am 23. Aug. 1590 nicht ohne Muthmaßung empfangenen Gifts, das ihm auf Anregung des schändlichen Königs Philipp II. in Spanien beigebracht worden war.