Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Seelenwanderung, Die
Die Seelenwanderung, oder der Glaube, daß die Seele theils vor ihrer Verbindung mit dem menschlichen Körper in menschlichen oder thierischen Körpern gewesen sei, theils nach dem Tode des Menschen in ähnliche Körper kommen werde, hat von jeher außerordentlich viel Anhänger gefunden. Denn die eben angeführte Idee ist dem rohen Menschen sowohl als dem schon etwas gebildeten sehr natürlich, indem er sich auf der einen Seite überzeugt glaubt, daß ein geistiges Wesen seinen Körper belebe, auf der andern aber nicht begreifen kann, wie die menschliche Seele so viele und mannichfaltige Fähigkeiten bloß in der kurzen Zeit, als sie den gegenwärtigen Körper bewohnt, erlangt und zur Vollkommenheit gebracht haben könne. Zugleich dringt sich ihm aber der Wunsch, ewig fortzudauern, und mithin auch der Glaube an Unsterblichkeit des Geistes fast unwillkührlich auf: er wagt es, den Zustand desselben nach dem Tode zu erklären; und was ist nun wohl natürlicher, als daß er die Seele wieder in mancherlei Geschöpfe wandern läßt, zumahl da er nicht zu enträthseln vermag, wie die Seele nach dem Tode des unvollkommenen Körpers sogleich zu ihrer seligen Bestimmung gelangen könne. Eben dieses ist auch der Grund, warum die meisten Völker die Idee von künftigen Belohnungen und Strafen gleich an den Glauben————
einer Seelenwanderung anknüpften, und die Seelen guter Menschen in gute Menschen oder Thiere, die Seelen schlechter in verworfene und bösartige Geschöpfe wandern ließen. Einige glaubten bloß an eine Wanderung in menschliche Seelen, z. B. viele Negern, die alten Celten, u. A. Andere gaben der vom Körper getrennten Seele auch Wohnungen in Thieren, z. B. die alten Egypter, bei denen man überhaupt die Seelenwanderung am frühesten antrifft. Denn Letztere lehrten, daß die Seele nach dem Absterben des Körpers drei tausend Jahre durch Geschöpfe aller Art herumwandere, um sich zu vervollkommnen, und dann, mit dem menschlichen Körper aufs neue verbunden, in den Wohnungen der Seligen ewig fortdauere. Sie balsamirten daher den Körper ein, damit die Seele ihn wieder finden möchte. Pythagoras (s. dies. Art.), ein Zögling aus den Egyptischen Mysterien, brachte diesen Glauben als einen vorzüglichen Lehrsatz in seine Schule, und fand viele Anhänger. Die nehmliche Lehre finden wir auch in der Religion der Hindus; und diese sowohl als die Egypter und Pythagoras verboten daher das Essen des Thiersleisches, aus Furcht, ein Geschöpf zu tödten, in dem vielleicht eine menschliche Seele wohne. Auch die Talapoinen (in der Halbinsel jenseits des Ganges), die Kalmücken, Kamtschadalen, Tibetaner und viele Nationen in Asien, Afrika und Amerika glauben an diese Wande-
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rung der Seelen.
Die Seelenwanderung, oder der Glaube, daß die Seele theils vor ihrer Verbindung mit dem menschlichen Körper in menschlichen oder thierischen Körpern gewesen sei, theils nach dem Tode des Menschen in ähnliche Körper kommen werde, hat von jeher außerordentlich viel Anhänger gefunden. Denn die eben angeführte Idee ist dem rohen Menschen sowohl als dem schon etwas gebildeten sehr natürlich, indem er sich auf der einen Seite überzeugt glaubt, daß ein geistiges Wesen seinen Körper belebe, auf der andern aber nicht begreifen kann, wie die menschliche Seele so viele und mannichfaltige Fähigkeiten bloß in der kurzen Zeit, als sie den gegenwärtigen Körper bewohnt, erlangt und zur Vollkommenheit gebracht haben könne. Zugleich dringt sich ihm aber der Wunsch, ewig fortzudauern, und mithin auch der Glaube an Unsterblichkeit des Geistes fast unwillkührlich auf: er wagt es, den Zustand desselben nach dem Tode zu erklären; und was ist nun wohl natürlicher, als daß er die Seele wieder in mancherlei Geschöpfe wandern läßt, zumahl da er nicht zu enträthseln vermag, wie die Seele nach dem Tode des unvollkommenen Körpers sogleich zu ihrer seligen Bestimmung gelangen könne. Eben dieses ist auch der Grund, warum die meisten Völker die Idee von künftigen Belohnungen und Strafen gleich an den Glauben————
einer Seelenwanderung anknüpften, und die Seelen guter Menschen in gute Menschen oder Thiere, die Seelen schlechter in verworfene und bösartige Geschöpfe wandern ließen. Einige glaubten bloß an eine Wanderung in menschliche Seelen, z. B. viele Negern, die alten Celten, u. A. Andere gaben der vom Körper getrennten Seele auch Wohnungen in Thieren, z. B. die alten Egypter, bei denen man überhaupt die Seelenwanderung am frühesten antrifft. Denn Letztere lehrten, daß die Seele nach dem Absterben des Körpers drei tausend Jahre durch Geschöpfe aller Art herumwandere, um sich zu vervollkommnen, und dann, mit dem menschlichen Körper aufs neue verbunden, in den Wohnungen der Seligen ewig fortdauere. Sie balsamirten daher den Körper ein, damit die Seele ihn wieder finden möchte. Pythagoras (s. dies. Art.), ein Zögling aus den Egyptischen Mysterien, brachte diesen Glauben als einen vorzüglichen Lehrsatz in seine Schule, und fand viele Anhänger. Die nehmliche Lehre finden wir auch in der Religion der Hindus; und diese sowohl als die Egypter und Pythagoras verboten daher das Essen des Thiersleisches, aus Furcht, ein Geschöpf zu tödten, in dem vielleicht eine menschliche Seele wohne. Auch die Talapoinen (in der Halbinsel jenseits des Ganges), die Kalmücken, Kamtschadalen, Tibetaner und viele Nationen in Asien, Afrika und Amerika glauben an diese Wande-
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rung der Seelen.