Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Rhapsodie
Rhapsodie. So nannte man ursprünglich die Gesänge Homers, des ältesten Griechischen Dichters. Der Name wird am wahrscheinlichsten von einem Zeitworte hergeleitet, welches zusammenheften, zusammensetzen bedeutet; und die Geschichte der Homerischen Gesänge, welche, stückweise aufbewahrt, erst allmählig in ein Ganzes zusammengewebt worden, rechtfertigt diese Etymologie. Doch lassen Andere Rhapsodie von einem Griechischen Worte herkommen, das einen Stab bezeichnet, weil die Absänger der Gedichte, welche Rhapsoden hießen, mit einem Lorbeerstabe in der Hand declamirt haben sollen. Die Gesänge, woraus die Ilias und Odyssee bestehen, mögen nun alle von Homer selbst herrühren, wie fast das ganze Alterthum glaubte, oder, wie schon zu Anfange dieses Jahrhunderts ein gelehrter Franzos, Hedelin dʼAubignac, muthmaßte, neuerlich aber Hr. Wolf mit viel mehr Aufwande von Scharssinn und Gelehrsamkeit zu beweisen gesucht hat, bloß eine alte Sammlung zerstreuter Gedichte von mehrern, selbst der Zeit nach verschiedenen Verfassern sein (s. d. Art. Homer); so scheint doch so viel gewiß, daß sie nicht abschriftlich von Homer hinterlassen, sondern durch das Gedächtniß und mündliche Ueberlieferung, besonders aber durch das Gewerbe der Rhapsoden, welche ganz Griechenland durchzogen, und sie in öffent-————
lichen und Privatversammlungen hersagten, erhalten worden sind. Dadurch waren sie zwar stückweise bekannt, aber ohne Zusammenhang und Ordnung, zum Theil verfälscht und mit fremden Zusätzen vermischt. Auch die Handschriften waren abgerißne, übel verbundne Bruchstücke. Solon that einen Schritt zu ihrer Ergänzung, indem er verordnete, daß mehrere Rhapsoden an demselben Tage nicht das nehmliche Stück, sondern verschiedne Sätze, die sich durch Zusammenhang und Folge in ein Ganzes an einander schlossen, hersagen sollten. Pisistratus, der Tyrann Athens, und sein Sohn Hippias machten sich um die Homerischen Rhapsodien durch eine genaue Revision der Handschriften, durch Absonderung fremder Zusätze und durch eine ordentliche Zusammenstellung verdient, welche im Wesentlichen dieselbe ist, die wir noch haben. Aristoteles oder Callisthenes besorgten eine neue Revision für Aleränder, welcher den Homer enthusiastisch verehrte und immer als seine Feldbibliothek bei sich führte. Endlich legte der berühmte Kritiker Aristarch zu Alexandria ungefähr 250 Jahre vor C. G. die letzte Hand an die Revision der Werke Homers. Man versteht also jetzt unter Rhapsodien die einzelnen nach dem Griechischen Alphabet benannten Bücher der Iliade und Odyssee. – Neuere Schriftsteller haben diesen Namen häufig solchen Werken gegeben, worin sie verschiedne Materien einer Wissen-
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schaft, die mit einander nicht gerade in Verbindung stehen und kein Ganzes ausmachen, abhandeln. Eine rhapsodische Kenntniß nennt man eine solche, die aus abgerissenen unzusammenhängenden Bruchstücken besteht. –
Rhapsodie. So nannte man ursprünglich die Gesänge Homers, des ältesten Griechischen Dichters. Der Name wird am wahrscheinlichsten von einem Zeitworte hergeleitet, welches zusammenheften, zusammensetzen bedeutet; und die Geschichte der Homerischen Gesänge, welche, stückweise aufbewahrt, erst allmählig in ein Ganzes zusammengewebt worden, rechtfertigt diese Etymologie. Doch lassen Andere Rhapsodie von einem Griechischen Worte herkommen, das einen Stab bezeichnet, weil die Absänger der Gedichte, welche Rhapsoden hießen, mit einem Lorbeerstabe in der Hand declamirt haben sollen. Die Gesänge, woraus die Ilias und Odyssee bestehen, mögen nun alle von Homer selbst herrühren, wie fast das ganze Alterthum glaubte, oder, wie schon zu Anfange dieses Jahrhunderts ein gelehrter Franzos, Hedelin dʼAubignac, muthmaßte, neuerlich aber Hr. Wolf mit viel mehr Aufwande von Scharssinn und Gelehrsamkeit zu beweisen gesucht hat, bloß eine alte Sammlung zerstreuter Gedichte von mehrern, selbst der Zeit nach verschiedenen Verfassern sein (s. d. Art. Homer); so scheint doch so viel gewiß, daß sie nicht abschriftlich von Homer hinterlassen, sondern durch das Gedächtniß und mündliche Ueberlieferung, besonders aber durch das Gewerbe der Rhapsoden, welche ganz Griechenland durchzogen, und sie in öffent-————
lichen und Privatversammlungen hersagten, erhalten worden sind. Dadurch waren sie zwar stückweise bekannt, aber ohne Zusammenhang und Ordnung, zum Theil verfälscht und mit fremden Zusätzen vermischt. Auch die Handschriften waren abgerißne, übel verbundne Bruchstücke. Solon that einen Schritt zu ihrer Ergänzung, indem er verordnete, daß mehrere Rhapsoden an demselben Tage nicht das nehmliche Stück, sondern verschiedne Sätze, die sich durch Zusammenhang und Folge in ein Ganzes an einander schlossen, hersagen sollten. Pisistratus, der Tyrann Athens, und sein Sohn Hippias machten sich um die Homerischen Rhapsodien durch eine genaue Revision der Handschriften, durch Absonderung fremder Zusätze und durch eine ordentliche Zusammenstellung verdient, welche im Wesentlichen dieselbe ist, die wir noch haben. Aristoteles oder Callisthenes besorgten eine neue Revision für Aleränder, welcher den Homer enthusiastisch verehrte und immer als seine Feldbibliothek bei sich führte. Endlich legte der berühmte Kritiker Aristarch zu Alexandria ungefähr 250 Jahre vor C. G. die letzte Hand an die Revision der Werke Homers. Man versteht also jetzt unter Rhapsodien die einzelnen nach dem Griechischen Alphabet benannten Bücher der Iliade und Odyssee. – Neuere Schriftsteller haben diesen Namen häufig solchen Werken gegeben, worin sie verschiedne Materien einer Wissen-
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schaft, die mit einander nicht gerade in Verbindung stehen und kein Ganzes ausmachen, abhandeln. Eine rhapsodische Kenntniß nennt man eine solche, die aus abgerissenen unzusammenhängenden Bruchstücken besteht. –