Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Reubell
Jean Reubell, ein Mitglied des Französischen Vollziehungs-Directoriums, geb. 1746 zu Colmar, studirte die Rechte, und erwarb sich als Sachwalter in seiner Vaterstadt sowohl als auch in Paris, wohin er sich im J. 1774 zur Führung eines wichtigen Rechtshandels begab, durch Freimüthigkeit, Unbestechlichkeit und geprüfte Kenntnisse in den Rechten vielen Ruhm. Er scheute sich nicht, Bedrückte aus den niedern Ständen gegen höhere Tyrannen zu vertheidigen, und machte immer die Sache der Unschuld zu der seinigen. Als die constituirende National-Versammlung zusammenberufen wurde, erhielt er eine Stelle unter den Deputirten des Elsaß; und nachdem diese aus einander gegangen war, ward er General-Procurator-Sondicus im Departement des Oberrheins. Er verwaltete diesen Posten mit vieler Klugheit, die um so nöthiger war, weil dieses Departement an den Grenzen beunruhigt wurde, und die Einwohner sich nicht recht an die neue Ordnung der Dinge gewöhnen konnten. Im National- Convent erhielt er gleichfalls eine Stelle, und in Mainz befand er sich als abgeordneter Deputirter während der Belagerung. Nachdem diese Festung an die Preußen übergeben worden war wurde er als Commissar in die Vendee geschickt. Man rühmte daselbst seine Geschicklichkeit im Unterhandeln und seinen Abscheu vor aller Parteilichkeit. Nach Ro-————
bertspierreʼs Falle arbeitete er abwechselnd im Wohlfahrts- und Sicherheits-Ausschusse. Er hatte vorzüglichen Antheil an den Friedensschlüssen und Bündnissen, welche die Französische Republik im Jahre 1795 mit einigen auswärtigen Mächten einging. Als in Gemäßheit der neuen Constitution das Vollziehungs-Directorium organisirt wurde, wählte man einstimmig Reubell zu dessen Mitgliede; und er bewies durch sein Betragen, daß er dieser Wahl vollkommen würdig war. In seinem Aeußern soll er etwas Strenges und Finsteres, überhaupt aber in seinem Charakter doch viel Halsstarrigkeit gezeigt haben, so daß er sich oft selbst die zu Feinden machte, denen er Wohlthaten erwiesen und Dienste geleistet hatte. (Jenes Testament, welches als ein scherzhafter Beitrag zur neuesten Geschichte Frankreichs unter den Flugblättern in Paris mit circulirte, – m. s. des Herrn von Archenholz Minerva v. 1799. Mon. August, S. 347. fgg. – scheint freilich einen ganz andern Aufschluß über dieses Exdirectors Charakter etc. zu geben. Indessen kann man wohl bei dem wenigen Credit, den dergleichen satyrische Blätter gewöhnlich vor sich haben, unmöglich volle Rücksicht darauf nehmen).
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* Reubell starb im Nov. 1807 zu Colmar, nachdem er einen Theil seines Vermögens in unglücklichen Speculationen verloren hatte.
Jean Reubell, ein Mitglied des Französischen Vollziehungs-Directoriums, geb. 1746 zu Colmar, studirte die Rechte, und erwarb sich als Sachwalter in seiner Vaterstadt sowohl als auch in Paris, wohin er sich im J. 1774 zur Führung eines wichtigen Rechtshandels begab, durch Freimüthigkeit, Unbestechlichkeit und geprüfte Kenntnisse in den Rechten vielen Ruhm. Er scheute sich nicht, Bedrückte aus den niedern Ständen gegen höhere Tyrannen zu vertheidigen, und machte immer die Sache der Unschuld zu der seinigen. Als die constituirende National-Versammlung zusammenberufen wurde, erhielt er eine Stelle unter den Deputirten des Elsaß; und nachdem diese aus einander gegangen war, ward er General-Procurator-Sondicus im Departement des Oberrheins. Er verwaltete diesen Posten mit vieler Klugheit, die um so nöthiger war, weil dieses Departement an den Grenzen beunruhigt wurde, und die Einwohner sich nicht recht an die neue Ordnung der Dinge gewöhnen konnten. Im National- Convent erhielt er gleichfalls eine Stelle, und in Mainz befand er sich als abgeordneter Deputirter während der Belagerung. Nachdem diese Festung an die Preußen übergeben worden war wurde er als Commissar in die Vendee geschickt. Man rühmte daselbst seine Geschicklichkeit im Unterhandeln und seinen Abscheu vor aller Parteilichkeit. Nach Ro-————
bertspierreʼs Falle arbeitete er abwechselnd im Wohlfahrts- und Sicherheits-Ausschusse. Er hatte vorzüglichen Antheil an den Friedensschlüssen und Bündnissen, welche die Französische Republik im Jahre 1795 mit einigen auswärtigen Mächten einging. Als in Gemäßheit der neuen Constitution das Vollziehungs-Directorium organisirt wurde, wählte man einstimmig Reubell zu dessen Mitgliede; und er bewies durch sein Betragen, daß er dieser Wahl vollkommen würdig war. In seinem Aeußern soll er etwas Strenges und Finsteres, überhaupt aber in seinem Charakter doch viel Halsstarrigkeit gezeigt haben, so daß er sich oft selbst die zu Feinden machte, denen er Wohlthaten erwiesen und Dienste geleistet hatte. (Jenes Testament, welches als ein scherzhafter Beitrag zur neuesten Geschichte Frankreichs unter den Flugblättern in Paris mit circulirte, – m. s. des Herrn von Archenholz Minerva v. 1799. Mon. August, S. 347. fgg. – scheint freilich einen ganz andern Aufschluß über dieses Exdirectors Charakter etc. zu geben. Indessen kann man wohl bei dem wenigen Credit, den dergleichen satyrische Blätter gewöhnlich vor sich haben, unmöglich volle Rücksicht darauf nehmen).
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* Reubell starb im Nov. 1807 zu Colmar, nachdem er einen Theil seines Vermögens in unglücklichen Speculationen verloren hatte.