Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Republik
Republik, im gemeinen Sinne jeder Staat, der nicht, wie der monarchische, von einem Einzigen regiert wird. In diesem Sinne sind Republiken entweder aristokratisch, wenn, wie in dem ehemahligen Corinth und einigen Freistaaten der neuern Zeit, nur gewisse Familien, oder Obrigkeiten, die von diesem gewählt werden, regieren; oder demokratisch, wo das ganze Volk an der Bildung der Gesetze, an den Berathschlagungen über Krieg und Frieden, an der Wahl der Obrigkeiten Antheil nimmt; oder aus beiden Formen gemischt, so daß z. B. bei dem Aussterben der regierenden Familie die Stelle derselben einer andern durch die Wahl des Volks übertragen und keine der wichtigern Staatsangelegenheiten ohne Zustimmung des Volks beschlossen wird. Reine Demokratie, d. h. unmittelbare Theilnahme jedes einzelnen Bürgers an der Regierung, kann nur in kleinern Staatskörpern, dergleichen einige Griechische auf eine Stadt und ihr Gebiet sich einschränkende Freistaaten waren, Platz finden; große Republiken müssen entweder erblich-aristokratisch, oder repräsentativ, oder föderativ sein. Erbliche Aristokratien sind gemeiniglich für die Classe des Volks drückender als Monarchieen; und kaum der herrschende Theil kann sie Freistaaten nennen, da er immer durch Formenzwang sehr gebunden ist. Repräsentation der verschiedenen Classen eines————
Volks, entweder durch erbliche Stellvertreter, oder durch gewählte Deputirte, kann mit jeder Regierungsform, selbst mit der monarchischen, bestehen, wie das Beispiel Englands, Schwedens, des ehemahl. Pohlens, das Beispiel Frankreichs von dem Jahre 1789 bis 1792, das Beispiel der meisten im Mittelalter von Deutschen Nationen gestifteten Reiche beweist. Eine andre Frage ist, ob erbliche Repräsentation die Rechte und die Freiheit des Volks hinlänglich sichere, ob die Wahl der Stellvertreter nicht oft von Ränkemachern geleitet werde, ob sie bei der Unwissenheit und Verführbarkeit des großen Haufens, bei dem Einflusse, welchen Cabale, Bestechung, Redekünste auf sein Urtheil, besonders auf die Wahl seiner Stellvertreter haben, viel mehr als Formalität sein könne. Föderative Republiken bestehen aus mehreren freien Staaten, von welchen zwar ein jeder für sich seine eigene Verfassung, Gesetzgebung, Finanzverwaltung besitzt, aber durch Verträge zu gemeinschaftlicher Vertheidigung und Aufrechthaltung der allgemeinen und besondern Freiheit der übrigen verbunden ist. Solche Republiken waren im Alterthum der Archäische, der Aetolische, der Dorische Bund; solche Republiken haben wir gegenwärtig in den dreizehn Nordamerikanischen Staaten; auch Deutschland kann ein Föderations-System vieler unter einem Oberhaupte und zwei höchsten Gerichten verbundener Staaten genannt wer-
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den. Wenn übrigens auch die größten Republiken der alten Welt, Rom und Carthago, nicht föderativ waren und sein konnten, da sie immer auf Ausdehnung hinstrebten, und nie ein in sich geschlossenes Ganze bildeten; so scheint doch diese Form der Erhaltung und Sicherheit großer Freistaaten am günstigsten zu sein, wenn sie gleich manchen Keim zu Spaltungen in der Verschiedenheit des Interesse, der Bedürfnisse und Mittel der verbündeten Glieder enthält. Die im J. 1793 gestürzte Partei der Gironde in Frankreich hatte vermuthlich die Absicht, das föderative System, d. h. eine gewisse Unabhängigkeit der Departements von einander und besonders von Paris zu begründen, so sehr sie auch gegen diese Beschuldigung protestirte. Sie wurde das Opfer ihres echt republikanischen Sinnes. – Das Republikanisiren war vor einigen Jahren an der Tagesordnung; und an dieser war es auch im eilften und zwölften Jahrhunderte in Italien, wo man aber mit mehr Bedacht und Consequenz verfuhr.
  Wenn man politische und bürgerliche Freiheit unterscheidet, so ist es ein Vorurtheil, bloß aristokratische und demokratische Staaten Freistaaten zu nennen, da die erstern der Volksfreiheit weniger zusagen, als beschränkte Monarchieen, die letztern aber insgemein die Freiheit einer Partei der andern aufopfern. Jeder Staat kann (und sollte) wesentlich republikanisch sein. Selbst die Russischen Statthalterschaften
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erhielten unter der vorigen Kaiserin, Catharina der zweiten, mehrere echt republikanische Formen. – Jede gute Regierung ist Garantie der allgemeinen Freiheit, und jeder gute Regent ein Repräsentant des gesammten Volks.
  Historische Nachrichten über die vornehmsten ältern und neuern Republiken, Carthago, Lacedämon, Rom, Syrakus, Theben, Genua, Holland, die Schweiz, Nordamerika und das neue Frankreich, sehe man unter diesen Artikeln.
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