Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Pfalz
Das Churfürstenthum Pfalz, oder die Pfalz am Rhein, auch die Unterpfalz, liegt im Churrheinschen Kreise am Rhein und Neckar, welcher letztere als der Hauptfluß der Pfalz angesehen werden muß. Die Pfalz ist zwar bergig; allein ihre Felder sind überaus fruchtbar, und es herrscht daselbst die mildeste, reinste Luft. Die Landschaft, durch welche die Bergstraße geht, ist die gelindeste in ganz Deutschland, weil die Reihe von Bergen, die dort durchzieht, die kalten Ost- und Nord-Winde abhält. Ma sieht hier den Kastanienbaum unter den gewöhnlichen Fruchtbäumen; alle Gewächse gedeihen auf das vortrefflichste: auch ist der Landbau in vielen Gegenden, besonders bei den Pfälzischen Memnonisten, musterhaft. Sie liefert einen herrlichen Wein, hat eine beträchtliche Seidencultur (i. J. 1781 wurden schon 100,000 Gulden an diesem Product gewonnen), da die Maulbeer-Plantagen in manchen Strichen der Pfalz jetzt eben so gut wie in Frankreich fortkommen, treibt zum Theil eine sehr gute Viehzucht, und hat an Tobak, Krapp und mineralischen Erzeugnissen bedeutende Producte. Man nennt die Pfalz daher auch gewöhnlich das Paradies von Deutschland oder auch die Deutsche Lombardie. Bei alle dem ist sie nicht das, was sie erstlich bei mehrerer politischen und Denkfreiheit sein könnte. Zweitens mußte die Pfalz von jeher viele
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schreckliche Revolutionen, und bei allen Deutschen Kriegen fast immer am meisten und auf das schrecklichste und grausamste leiden. Dieß war vorzüglich im J. 1674 der Fall, wo sie von den Franzosen unter Turenne auf das schrecklichste verwüstet wurde, so daß kein Ort dem Brande entkam, die Felder verheert und die Einwohner niedergemacht oder verjagt wurden. Die Franzosen scheinen 120 Jahre später (i. J. 1794) durch eine nicht minder grausame, wenn auch nicht ganz so totale, Verheerung dieses paradiesischen Landes das Jubiläum ihrer Grausamkeit haben feiern zu wollen; und selbst der den 7. Sept. 1796 zu Pfaffenhofen in Bayern zwischen dem Churfürsten von der Pfalz (wie fern er zugleich Landesherr von Bayern ist) geschloßne Waffenstillstand wurde nicht auf die ganze Churpfalz gerichtet. In den letzten Heften der von Girtanner herausgegebenen politischen Annalen finden sich interessante Briefe über das Betragen der Frankreicher in der Pfalz, welche in dem Almanach der Revolutionscharaktere (1796) fortgesetzt und, wo ich nicht irre, nachher zusammen gedruckt worden sind. – Uebrigens hat die Pfalz am Rhein 75½ Quadratmeilen und 304,980 Einwohner.
Seit dem Westphälischen Frieden bis zu Anfang des Jahres 1778 hatten Pfalz und Bayern zwei verschiedene Churwürden ausgemacht, von denen die letztere unter den weltlichen Churwürden den zwei-
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ten, die erstere aber den sünften Rang behauptete. Da aber im J. 1777 das churfürstliche Haus Bayern ausstarb, und die sämmtlichen Länder desselben – welche im Ganzen genommen eine Menge wichtiger Producte haben, die aber bei weiten nicht so genutzt und cultivirt werden, als sie es werden könnten. Sie sind überhaupt noch in allem zurück, was zur Industrie gehört; wiewohl unter der vorigen Regierung ein Anfang zur Verbesserung derselben gemacht wurde – an das Churpfälzische Haus fielen; so trat dieses Haus auch, nach der Verordnung des Westphälischen Friedens, wieder in den Besitz der zweiten weltlichen Churwürde. Die fünfte Churwürde hat von der Zeit an aufgehört; es ist aber seitdem oft von der Ernennung eines oder des andern mächtigen Deutschen Fürsten zum Churfürsten die Rede gewesen. – – Es ist noch zu bemerken, daß mit dem Absterben des jetzigen Churfürsten von der Pfalz, Carl Theodor, dessen Mannsstamm abgehen, und der Pfalzgraf und Herzog von Zweybrück demselben in der Chur sowohl als den sämmtlichen Pfalz-Bayerschen Ländern succediren wird.
Die sämmtlichen Besitzungen des Churfürsten von der Pfalz in Deutschland sind übrigens, außer der Rheinischen Pfalz, folgende: 1) im Bayerschen Kreise: das ehemahlige Churfürstenthum, jetzt Herzogthum, Ober- und Nieder-Bayern, das Herzogthum
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Oberpfalz, die Fürstenthümer Neuburg und Sulzbach, die gefürstete Landgrafschaft Leuchtenberg, die Grafschaften und Herrschaften Ehrenfels, Sulzburg, Pyrbaum, Breiteneck, Haag und Hohenwaldeck; 2) im Schwäbischen Kreise: die Herrschaften Mindelheim, Schwabeck und Wiesensteig; 3) im Oberrheinschen Kreise: die Fürstenthümer Simmern, Veldenz und Lautern, auch ein Stück von der Grafschaft Sponheim; 4) im Westphälischen Kreise: die Herzogthümer Jülich und Bergen.
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* Pfalz. Die bei diesem Art. (III. 409.) als damals künftig zu erwartende Succession Maximilian Josephs in die Pfalzbaierischen Länder, nach Carl Theodors Tode, ist im J. 1799. eingetreten (s. den Art. Bayern i. d. Nachtr. I. 98.) – Pfalz am Rhein ging in der neuern bekannten und so merkwürdigen Periode der Staatenumwälzungen, zum Theil durch die Abtretung des linken Rhein-Ufers an Frankreich, gänzlich verloren. Den Ueberrest erhielten 1) der Churfürst von Baden (Manheim, Heidelberg u. m. – s. diese Art.), 2) Hessen Darmstadt (Lindenfels, Utzberg etc.), 3) der Fürst von Nassau Weilburg (die Grafsch. Nieder-Isenburg, Churtrierischen Antheils – der übrige Theil fiel an Wied-Runkel). Dagegen gingen das Fürstenthum Aremberg, die Commenthureien der deutschen Ordensballei Coblenz, das Burggrafthum Rheinek am Rhein, die Grafschaft Reifferscheid, so wie Vehrheim, insgesammt mit dem linken Rheinufer verloren.
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schreckliche Revolutionen, und bei allen Deutschen Kriegen fast immer am meisten und auf das schrecklichste und grausamste leiden. Dieß war vorzüglich im J. 1674 der Fall, wo sie von den Franzosen unter Turenne auf das schrecklichste verwüstet wurde, so daß kein Ort dem Brande entkam, die Felder verheert und die Einwohner niedergemacht oder verjagt wurden. Die Franzosen scheinen 120 Jahre später (i. J. 1794) durch eine nicht minder grausame, wenn auch nicht ganz so totale, Verheerung dieses paradiesischen Landes das Jubiläum ihrer Grausamkeit haben feiern zu wollen; und selbst der den 7. Sept. 1796 zu Pfaffenhofen in Bayern zwischen dem Churfürsten von der Pfalz (wie fern er zugleich Landesherr von Bayern ist) geschloßne Waffenstillstand wurde nicht auf die ganze Churpfalz gerichtet. In den letzten Heften der von Girtanner herausgegebenen politischen Annalen finden sich interessante Briefe über das Betragen der Frankreicher in der Pfalz, welche in dem Almanach der Revolutionscharaktere (1796) fortgesetzt und, wo ich nicht irre, nachher zusammen gedruckt worden sind. – Uebrigens hat die Pfalz am Rhein 75½ Quadratmeilen und 304,980 Einwohner.
Seit dem Westphälischen Frieden bis zu Anfang des Jahres 1778 hatten Pfalz und Bayern zwei verschiedene Churwürden ausgemacht, von denen die letztere unter den weltlichen Churwürden den zwei-
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ten, die erstere aber den sünften Rang behauptete. Da aber im J. 1777 das churfürstliche Haus Bayern ausstarb, und die sämmtlichen Länder desselben – welche im Ganzen genommen eine Menge wichtiger Producte haben, die aber bei weiten nicht so genutzt und cultivirt werden, als sie es werden könnten. Sie sind überhaupt noch in allem zurück, was zur Industrie gehört; wiewohl unter der vorigen Regierung ein Anfang zur Verbesserung derselben gemacht wurde – an das Churpfälzische Haus fielen; so trat dieses Haus auch, nach der Verordnung des Westphälischen Friedens, wieder in den Besitz der zweiten weltlichen Churwürde. Die fünfte Churwürde hat von der Zeit an aufgehört; es ist aber seitdem oft von der Ernennung eines oder des andern mächtigen Deutschen Fürsten zum Churfürsten die Rede gewesen. – – Es ist noch zu bemerken, daß mit dem Absterben des jetzigen Churfürsten von der Pfalz, Carl Theodor, dessen Mannsstamm abgehen, und der Pfalzgraf und Herzog von Zweybrück demselben in der Chur sowohl als den sämmtlichen Pfalz-Bayerschen Ländern succediren wird.
Die sämmtlichen Besitzungen des Churfürsten von der Pfalz in Deutschland sind übrigens, außer der Rheinischen Pfalz, folgende: 1) im Bayerschen Kreise: das ehemahlige Churfürstenthum, jetzt Herzogthum, Ober- und Nieder-Bayern, das Herzogthum
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Oberpfalz, die Fürstenthümer Neuburg und Sulzbach, die gefürstete Landgrafschaft Leuchtenberg, die Grafschaften und Herrschaften Ehrenfels, Sulzburg, Pyrbaum, Breiteneck, Haag und Hohenwaldeck; 2) im Schwäbischen Kreise: die Herrschaften Mindelheim, Schwabeck und Wiesensteig; 3) im Oberrheinschen Kreise: die Fürstenthümer Simmern, Veldenz und Lautern, auch ein Stück von der Grafschaft Sponheim; 4) im Westphälischen Kreise: die Herzogthümer Jülich und Bergen.
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* Pfalz. Die bei diesem Art. (III. 409.) als damals künftig zu erwartende Succession Maximilian Josephs in die Pfalzbaierischen Länder, nach Carl Theodors Tode, ist im J. 1799. eingetreten (s. den Art. Bayern i. d. Nachtr. I. 98.) – Pfalz am Rhein ging in der neuern bekannten und so merkwürdigen Periode der Staatenumwälzungen, zum Theil durch die Abtretung des linken Rhein-Ufers an Frankreich, gänzlich verloren. Den Ueberrest erhielten 1) der Churfürst von Baden (Manheim, Heidelberg u. m. – s. diese Art.), 2) Hessen Darmstadt (Lindenfels, Utzberg etc.), 3) der Fürst von Nassau Weilburg (die Grafsch. Nieder-Isenburg, Churtrierischen Antheils – der übrige Theil fiel an Wied-Runkel). Dagegen gingen das Fürstenthum Aremberg, die Commenthureien der deutschen Ordensballei Coblenz, das Burggrafthum Rheinek am Rhein, die Grafschaft Reifferscheid, so wie Vehrheim, insgesammt mit dem linken Rheinufer verloren.