Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Petrarcha, Franciscus
Franciscus Petrarcha, der nicht bloß wegen seiner edeln Liebe zu Lauren berühmt ist, sondern sich auch als Wiederhersteller der Wissenschaften und des Geschmacks, als Dichter und als Verbesserer der Italiänischen Sprache große und entschiedene Verdienste erworben hat, wurde 1304 den 20. Juli zu Arezzo im Florentinischen geboren, und von seinem Vater, einem Notarius, zu Avignon erzogen. Mit Widerwillen studirte er zu Montpellier und Bologna die Rechtswissenschaft, zu der ihn sein Vater bestimmt hatte, und betrieb dagegen die schönen Wissenschaften und das Studium der Alten mit desto größerm Fleiße. Daß der erzürnte Vater alle Schriften seines Sohnes (den Cicero und Virgilius ausgenommen) mit Wuth der Flamme übergab, verdoppelte nur seinen Eifer. Sein Vater starb bald; er kam wieder nach Avignon, reiste nach Paris und Rom, und sammelte hier und wo er sonst konnte die besten Handschriften der Alten. In Avignon lernte er eine Person kennen, die ihn von dem Augenblicke an, als er sie (1327 in der Charwoche) in der Kirche sah, ganz bezauberte. Es war die berühmte Laura de Sades, nach der richtigern Meinung (denn man ist über ihre Lebensgeschichte sehr uneinig) die Tochter des Ritters Audibert von Noves, ungefähr 1308 geboren, und schon 1325 an Hugo von Sades verheirathet. Petrarchs unglückliche————
Liebe zu ihr war ein Muster platonischer Schwärmerei, bestand in den süßesten Träumen, und stieg, da ihn mehr Laurens Geist als ihre Schönheit eingenommen hatte, bei ihren zunehmenden Jahren immer mehr; sie selbst suchte ihn immer zurückzuhalten und zu fliehen. Als sie endlich 1348, etwa 40 Jahr alt, starb, war der Dichter ganz untröstlich und beweinte sie viele Jahre. Sie ist der Gegenstand seiner vortrefflichen Italiänischen Lieder, besonders der Sonnette. Seine Gesänge an sie athmen die unnachahmlichste Zärtlichkeit und Sanftmuth, stellen die Liebe in ihrer höchsten Veredlung dar, und sind voll von Schwermuth und feuriger Phantasie. Selbst auf einen Theil des Genius seiner Muttersprache wirkte diese Liebe; denn alle seine Italiänischen Gedichte sind, ungeachtet diese Sprache noch sehr roh war, doch so edel, rein und vollendet, daß sie, auch wenn man auf Werth der Sprache und die dem Italiänischen eigene musikalische Harmonie sieht, classisch sind.
Er brachte eine große Zeit seines Lebens zu Vaucluse unweit Avignon in einer mit vorzüglichen Naturreitzen versehenen Gegend zu, wo er seiner Liebe in der Einsamkeit nachhing und zugleich sich den Wissenschaften widmete. Er lebte übrigens bald zu Avignon und Vaucluse, bald zu Mailand und Padua, und genoß am päpstlichen Hofe, der damals zu Avignon war, die größte Ehre. Am 8. April 1341 wurde
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er, vorzüglich wegen eines Lateinischen Heldengedichts, Afrika oder vom Scipio Africanus, zu Rom nach vorhergegangener Einladung mit einem beispiellosen Enthusiasmus aller Römer und Römerinnen zum Dichter gekrönt; diese merkwürdige Solennität glich einem Triumphe. Doch war es nicht die Dichtkunst allein, durch welche sich Petrarcha berühmt machte (wiewohl er sich durch diese, vorzüglich durch seine Sonnette, den größten, dauerhaftesten, ja unsterblichen Ruhm erworben hat): mehrere Zweige der Wissenschaften, vorzüglich das Studium der Alter, gewannen durch seine Bemühungen; er sammelte die besten Handschriften, und trug selbst durch seine treffliche Lateinische Schreibart ungemein viel zur Herstellung der Wissenschaften bei. Sein Beispiel belebte ganz Italien, und ohne ihn würden die Wissenschaften nachher vielleicht weniger Eingang gefunden haben. Von seinen Lateinischen Schriften will ich hier bloß die über die Einsamkeit und von dem Betragen im Glück und Unglück anführen. Als endlich sein Alter herannahte, wählte er das reitzende Landgut Argua bei Padua zu seinem Aufenthalte, studirte und schrieb mit rastloser Thätigkeit, und starb endlich daselbst den 18. Juli 1374 im siebzigsten Jahre. Er besaß einen edeln Charakter, lebte sehr religiös und eingezogen, war der redlichste Freund und ein Feind aller Schätze. – Man hat sehr viele Biogra-
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phien von ihm, von denen die beste und am meisten authentische folgende ist: Memoires pour la vie de Fr. Petrarque, par lʼAbbé de Sades, à Paris, 1764–67, 3 Bände; Deutsch, Lemgo, 1774–77.
Liebe zu ihr war ein Muster platonischer Schwärmerei, bestand in den süßesten Träumen, und stieg, da ihn mehr Laurens Geist als ihre Schönheit eingenommen hatte, bei ihren zunehmenden Jahren immer mehr; sie selbst suchte ihn immer zurückzuhalten und zu fliehen. Als sie endlich 1348, etwa 40 Jahr alt, starb, war der Dichter ganz untröstlich und beweinte sie viele Jahre. Sie ist der Gegenstand seiner vortrefflichen Italiänischen Lieder, besonders der Sonnette. Seine Gesänge an sie athmen die unnachahmlichste Zärtlichkeit und Sanftmuth, stellen die Liebe in ihrer höchsten Veredlung dar, und sind voll von Schwermuth und feuriger Phantasie. Selbst auf einen Theil des Genius seiner Muttersprache wirkte diese Liebe; denn alle seine Italiänischen Gedichte sind, ungeachtet diese Sprache noch sehr roh war, doch so edel, rein und vollendet, daß sie, auch wenn man auf Werth der Sprache und die dem Italiänischen eigene musikalische Harmonie sieht, classisch sind.
Er brachte eine große Zeit seines Lebens zu Vaucluse unweit Avignon in einer mit vorzüglichen Naturreitzen versehenen Gegend zu, wo er seiner Liebe in der Einsamkeit nachhing und zugleich sich den Wissenschaften widmete. Er lebte übrigens bald zu Avignon und Vaucluse, bald zu Mailand und Padua, und genoß am päpstlichen Hofe, der damals zu Avignon war, die größte Ehre. Am 8. April 1341 wurde
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er, vorzüglich wegen eines Lateinischen Heldengedichts, Afrika oder vom Scipio Africanus, zu Rom nach vorhergegangener Einladung mit einem beispiellosen Enthusiasmus aller Römer und Römerinnen zum Dichter gekrönt; diese merkwürdige Solennität glich einem Triumphe. Doch war es nicht die Dichtkunst allein, durch welche sich Petrarcha berühmt machte (wiewohl er sich durch diese, vorzüglich durch seine Sonnette, den größten, dauerhaftesten, ja unsterblichen Ruhm erworben hat): mehrere Zweige der Wissenschaften, vorzüglich das Studium der Alter, gewannen durch seine Bemühungen; er sammelte die besten Handschriften, und trug selbst durch seine treffliche Lateinische Schreibart ungemein viel zur Herstellung der Wissenschaften bei. Sein Beispiel belebte ganz Italien, und ohne ihn würden die Wissenschaften nachher vielleicht weniger Eingang gefunden haben. Von seinen Lateinischen Schriften will ich hier bloß die über die Einsamkeit und von dem Betragen im Glück und Unglück anführen. Als endlich sein Alter herannahte, wählte er das reitzende Landgut Argua bei Padua zu seinem Aufenthalte, studirte und schrieb mit rastloser Thätigkeit, und starb endlich daselbst den 18. Juli 1374 im siebzigsten Jahre. Er besaß einen edeln Charakter, lebte sehr religiös und eingezogen, war der redlichste Freund und ein Feind aller Schätze. – Man hat sehr viele Biogra-
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phien von ihm, von denen die beste und am meisten authentische folgende ist: Memoires pour la vie de Fr. Petrarque, par lʼAbbé de Sades, à Paris, 1764–67, 3 Bände; Deutsch, Lemgo, 1774–77.