Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Oxenstierna, Axel, Graf von
Axel, Graf von Oxenstierna. Dieser große Staatsmann, der sich um sein Vaterland und die Freiheit des protestantischen Deutschlands unendliche Verdienste erworben hat, war 1583 zu Fanö in der Landschaft Upland in Schweden geboren, und starb 1654. Nachdem er seine frühere Biidung in Schweden erhalten hatte, ging er nach Deutschland, wo er auf den Universitäten zu Rostock und Wittenberg studirte. Nach der Thronbesteigung Carls IX. kehrte er in sein Vaterland zurück Seine großen Talente bahnten ihm frühzeitig den Weg zu den wichtigsten Staatsgeschäften, und schon 1609 wurde er zum Reichsrath erhoben. – Der unsterbliche Gustav Adolph bestieg nun den Schwedischen Thron, und zwar zu einer Zeit, wo Schweden, in drei Kriege verwickelt, mehr als jemahls des Beistandes großer Männer bedurfte. Er wählte sogleich (1612) Orenstierna zum Reichskanzler und ersten Minister. Beide Männer, die Zierden ihres Jahrhunderts, waren durch die engsten Bande der Freundschaft mit einander verbunden. Durch die Siege Gustav Adolphs und die klugen Unterhandlungen seines Ministers kehrte Schweden siegreich aus jenen Kriegen zurück. Als darauf der nordische Held zur Rettung der protestantischen Freiheit nach Deutschland (m. s. d. A. dreißigjähriger Krieg) ging, blieb Orenstierna als Statthalter in dem von den————
Schweden eroberten Herzogthum Preußen. Aber schon im Jahr 1631 folgte er seinem König, dessen Tod bald nachher den Schweden und Deutschen Protestanten die empfindlichste Wunde schlug. Oxenstierna übernahm nunmehro allein die Führung der Schwedischen Angelegenheiten in Deutschland; und hier war es, wo er die ganze Fülle seines Genieʼs zeigte. Durch die geschicktesten Unterhandlungen wußte er das Bündniß mit den Deutschen Reichsständen, das seiner Auflösung ziemlich nahe war, wieder fest zu knüpfen, und dadurch den Schweden neuen Muth einzuflößen. Allein die unglückliche Schlacht bei Nördlingen zerstörte auf ein Mahl die schönen Aussichten, welche er sich durch seine Staatsklugheit eröffnet hatte; dennoch verließ ihn der Muth nicht. Er reiste nun nach Frankreich, und trat mit diesem Reiche in eine engere Verbindung. Nach seiner Rückkehr dämpfte er die auf den höchsten Grad gestiegene Unzufriedenheit der Schwedischen Truppen, die schon wieder ihre Heldenbahn begannen, als er 1636 nach Schweden ging, wo seine Gegenwart erfordert wurde. In seinem Vaterlande führte er mehrere Jahre hindurch das Staatsruder, bis endlich die Königin Christina (s. dies. A.) 1644 die Regierung selbst übernahm. Diese suchte in Verbindung mit seinen Gegnern seinen Einfluß zu schwächen, wagte es aber doch nicht, ihn ganz von den Regierungsgeschäften zu entfernen, Man be-
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schuldigte ihn, daß er den Frieden verzögere, und die Absicht habe, seinem Sohn die Hand der Christina und mit dieser den Schwedischen Thron zu verschaffen. Allein sein Charakter widerlegt sogleich diese Beschuldigungen. Er wurde auch endlich öffentlich gerechtfertiget, da ihm Christina einige Jahre vor seinem Tode ihre völlige Gunst wieder schenkte. – Die Schilderung, welche uns diese Königin selbst von ihm macht, ist so treffend, daß sie eine Stelle hier verdient. »Dieser große Mann« sagt sie »besaß einen sehr ausgebildeten Verstand, die Frucht einer nützlich angewendeten Jugend. Sein Geschäftsblick war schnell, und seine Staatskenntnisse eben so ausgebreitet als gründlich. In ihm vereinigte sich eine reife Erfahrung, ein viel umfassender Geist und eine große Seele. Seine Thätigken war unermüdet. In seiner Lebensart liebte er die Mäßigkeit. Für einen Mann auf seinem Posten hatte er ein eignes Talent, ruhig zu schlafen; nur zwei Mahl in seinem Leben (nach dem Tode Gustav Adolphs und nach der Nördlinger Schlacht) habe er wegen einer Staatsangelegenheit eine schlaflose Nacht zugebracht. Uebrigens war er ehrgeitzig, aber treu und unbestechlich; nur zu viel Langsamkeit und Phlegma war zuweilen sein Fehler.«
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