Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Normaljahr, Das
Das Normaljahr, annus decretorius oder normalis. Der beständige Kampf der Protestanten und Katholiken gegen einander im Deutschen Reiche vor dem dreißigjährigen Kriege, noch mehr aber während desselben, verursachte eine solche Verwirrung der zwischen Katholiken und Protestanten streitigen Religionsrechte, daß es bei dem Westphälischen Frieden, zumahl da sich katholische und protestantische Lande überall so vielfältig durchkreuzten, schlechterdings unmöglich schien, über das Befugniß der freien Religionsübung nach rechtlichen Grundsätzen zu entscheiden. Man kam also überein, nicht auf das Recht, sondern einzig und allein auf den Besitzstand zu einer gewissen willkührlich festzusetzenden Zeit zu sehen. Der fünfte Artikel des Osnabrücker Friedens setzte endlich, nachdem viele Streitigkeiten über das anzunehmende Jahr vorgefallen waren, fest, daß diejenige Religion, die 1624 in einem Lande die herrschende gewesen sei, auch für die Zukunft daselbst die herrschende bleiben solle, daß alle von der Religionsausübung entspringende Rechte ebenfalls nach dem Besitzstande während dieses Jahres beurtheilt werden, und beide Theile das, was nach dem 1. Januar 1624 erworben worden wäre, sich gegenseitig herausgeben sollten. Unterthanen eines Landes, die sich nicht zu der 1624 herrschend gewesenen Religi-————
on bekennen, können von dem Landesfürsten zur Auswanderung gezwungen werden. – Diese Zeitbestimmung, welche noch jetzt den Grund der Verfassung der lutherischen, reformirten und katholischen Religion ausmacht, gilt jedoch nicht unter den Verwandten einer und derselben Religion, außer wenn die Frage über das Recht zweier Fürsten in Religionssachen entsteht und ihre Landeshoheit streitig ist. Auch hat man dieses Normaljahr in der Pfalz, welche schon vorher lutherisch war, aber 1624 in den Händen der Katholiken sich befand, nicht angenommen, sondern entscheidet hier nach dem Besitzstande vor der Zeit, als Churfürst Friedrich V. von der Pfalz zum König von Böhmen gewählt wurde; s. den Art. dreißigjähriger Krieg.
Das Normaljahr, annus decretorius oder normalis. Der beständige Kampf der Protestanten und Katholiken gegen einander im Deutschen Reiche vor dem dreißigjährigen Kriege, noch mehr aber während desselben, verursachte eine solche Verwirrung der zwischen Katholiken und Protestanten streitigen Religionsrechte, daß es bei dem Westphälischen Frieden, zumahl da sich katholische und protestantische Lande überall so vielfältig durchkreuzten, schlechterdings unmöglich schien, über das Befugniß der freien Religionsübung nach rechtlichen Grundsätzen zu entscheiden. Man kam also überein, nicht auf das Recht, sondern einzig und allein auf den Besitzstand zu einer gewissen willkührlich festzusetzenden Zeit zu sehen. Der fünfte Artikel des Osnabrücker Friedens setzte endlich, nachdem viele Streitigkeiten über das anzunehmende Jahr vorgefallen waren, fest, daß diejenige Religion, die 1624 in einem Lande die herrschende gewesen sei, auch für die Zukunft daselbst die herrschende bleiben solle, daß alle von der Religionsausübung entspringende Rechte ebenfalls nach dem Besitzstande während dieses Jahres beurtheilt werden, und beide Theile das, was nach dem 1. Januar 1624 erworben worden wäre, sich gegenseitig herausgeben sollten. Unterthanen eines Landes, die sich nicht zu der 1624 herrschend gewesenen Religi-————
on bekennen, können von dem Landesfürsten zur Auswanderung gezwungen werden. – Diese Zeitbestimmung, welche noch jetzt den Grund der Verfassung der lutherischen, reformirten und katholischen Religion ausmacht, gilt jedoch nicht unter den Verwandten einer und derselben Religion, außer wenn die Frage über das Recht zweier Fürsten in Religionssachen entsteht und ihre Landeshoheit streitig ist. Auch hat man dieses Normaljahr in der Pfalz, welche schon vorher lutherisch war, aber 1624 in den Händen der Katholiken sich befand, nicht angenommen, sondern entscheidet hier nach dem Besitzstande vor der Zeit, als Churfürst Friedrich V. von der Pfalz zum König von Böhmen gewählt wurde; s. den Art. dreißigjähriger Krieg.