Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Montesquieu, Der Baron von
Der Baron von Montesquieu stammte aus einem altadelichen Geschlechte her, und wurde 1689 auf einem Schlosse unweit Bourdeaux geboren. Er erhielt im Jahre 1714 eine Stelle im Parlamente daselbst, und widmete von nun an seine Zeit der pünktlichen Abwartung seiner Berufsgeschäfte. Der traurige Zustand des gesammten Justizwesens in Frankreich erweckte vielleicht zuerst in ihm die Idee, ein weitläuftiges Werk über die Gesetzgebung im Allgemeinen zu schreiben. Da er sich aber bald überzeugte, daß die dazu nöthigen Erfahrungen nicht allein aus Büchern geschöpft werden könnten; so legte er im Jahre 1726 seine Aemter nieder, und unternahm eine Reise in die vornehmsten Europäischen Reiche, um in den Geist ihrer Verfassungen einzudringen und die daselbst gegründeten Gesetzgebungen zu studiren. Seine Rechtschaffenheit und das freie und offne Betragen, womit er jedem Fremden zuvorkam, verschaffte ihm auf diesen Reisen die Bekanntschaft und Hochschätzung der berühmtesten Männer. Nach der Rückkehr in sein Vaterland arbeitete er ununterbrochen an der Vollendung seines Werks; und im Jahre 1748 erschien endlich der längst erwartete Geist der Gesetze, womit sich der Verfasser dreißig Jahre lang beschäftigt hatte. Diese Schrift enthält ein belehrendes Raisonnement über die Gesetze und Staatsverfassungen alter und neuer Völ-————
ker, welches um desto anziehender ist, je mehr es von der Form eines vollendeten Systems über Gesetzgebung abweicht. Daß nicht alle Theile dieses schönen Ganzen gleich gründlich bearbeitet sein können, kann man schon aus der Reichhaltigkeit des Stoffes schließen; am befriedigsten sind die Abschnitte, welche von der Französischen, Englischen und Venetianischen Staatsverfassung handeln. Ein anderes Werk desselben Verfassers, Persische Briefe genannt, ist eben so lehrreich als unterhaltend, und giebt über die damahlige Verfassung Frankreichs, über die Thorheit und Sittenlosigkeit der Hofleute, und über die Verkehrtheit des gesellschaftlichen Lebens unter den mittlern Ständen sehr wichtige Aufschlüsse. Montesquieu zog sich dadurch viel Verdruß zu, und erschwerte sich zugleich den Eintritt in die Französische Akademie, welche sichs doch nachher zur größten Ehre anrechnete, einen solchen Mann unter ihre Mitglieder zu zählen. Er schrieb noch einige andere Werke, an welchen man seinen Scharssinn und seine schöne Sprache nicht verkennt, und starb 1755. Daß sein schriftstellerischer Ruhm durch die Revolution keinen neuen Schwung bekam, ist leicht daher zu erklären, weil er in seinen Schriften viel Vorliebe für die monarchische Staatsverfassung verräth. Einige seiner handschriftlichen Aufsätze, die sich in den Händes eines Enkels von ihm befanden, wurden während der Robespierrischen
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Tyrannei von ihrem Besitzer aus Furcht ins Feuer geworfen; es sollen sich aber noch anderwärts Abschriften davon befinden, die vielleicht mit der Zeit dem Druck überliefert werden.
Der Baron von Montesquieu stammte aus einem altadelichen Geschlechte her, und wurde 1689 auf einem Schlosse unweit Bourdeaux geboren. Er erhielt im Jahre 1714 eine Stelle im Parlamente daselbst, und widmete von nun an seine Zeit der pünktlichen Abwartung seiner Berufsgeschäfte. Der traurige Zustand des gesammten Justizwesens in Frankreich erweckte vielleicht zuerst in ihm die Idee, ein weitläuftiges Werk über die Gesetzgebung im Allgemeinen zu schreiben. Da er sich aber bald überzeugte, daß die dazu nöthigen Erfahrungen nicht allein aus Büchern geschöpft werden könnten; so legte er im Jahre 1726 seine Aemter nieder, und unternahm eine Reise in die vornehmsten Europäischen Reiche, um in den Geist ihrer Verfassungen einzudringen und die daselbst gegründeten Gesetzgebungen zu studiren. Seine Rechtschaffenheit und das freie und offne Betragen, womit er jedem Fremden zuvorkam, verschaffte ihm auf diesen Reisen die Bekanntschaft und Hochschätzung der berühmtesten Männer. Nach der Rückkehr in sein Vaterland arbeitete er ununterbrochen an der Vollendung seines Werks; und im Jahre 1748 erschien endlich der längst erwartete Geist der Gesetze, womit sich der Verfasser dreißig Jahre lang beschäftigt hatte. Diese Schrift enthält ein belehrendes Raisonnement über die Gesetze und Staatsverfassungen alter und neuer Völ-————
ker, welches um desto anziehender ist, je mehr es von der Form eines vollendeten Systems über Gesetzgebung abweicht. Daß nicht alle Theile dieses schönen Ganzen gleich gründlich bearbeitet sein können, kann man schon aus der Reichhaltigkeit des Stoffes schließen; am befriedigsten sind die Abschnitte, welche von der Französischen, Englischen und Venetianischen Staatsverfassung handeln. Ein anderes Werk desselben Verfassers, Persische Briefe genannt, ist eben so lehrreich als unterhaltend, und giebt über die damahlige Verfassung Frankreichs, über die Thorheit und Sittenlosigkeit der Hofleute, und über die Verkehrtheit des gesellschaftlichen Lebens unter den mittlern Ständen sehr wichtige Aufschlüsse. Montesquieu zog sich dadurch viel Verdruß zu, und erschwerte sich zugleich den Eintritt in die Französische Akademie, welche sichs doch nachher zur größten Ehre anrechnete, einen solchen Mann unter ihre Mitglieder zu zählen. Er schrieb noch einige andere Werke, an welchen man seinen Scharssinn und seine schöne Sprache nicht verkennt, und starb 1755. Daß sein schriftstellerischer Ruhm durch die Revolution keinen neuen Schwung bekam, ist leicht daher zu erklären, weil er in seinen Schriften viel Vorliebe für die monarchische Staatsverfassung verräth. Einige seiner handschriftlichen Aufsätze, die sich in den Händes eines Enkels von ihm befanden, wurden während der Robespierrischen
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Tyrannei von ihrem Besitzer aus Furcht ins Feuer geworfen; es sollen sich aber noch anderwärts Abschriften davon befinden, die vielleicht mit der Zeit dem Druck überliefert werden.