Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Medici, Bianca Capello von
Bianca Capello, zweite Gemahlin Franz II. von Medici, Großherzogs von Florenz, war die Tochter des Bartholomäus Capello, eines Venetianischen Nobile, und lebte in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Eine Florentinische Familie, Namens Salviati, hatte zu Venedig ein Handelshaus, das dem Hause des Capello gegenüber stand. Ein Handlungsdiener dieses Hauses, Namens Peter Bonaventuri, bekam hierdurch öfters Gelegenheit, die ihm gegenüber wohnende schöne Bianca zu sehen, die er auch so benutzte, daß Bianca selbst anfing auf ihn aufmerksam zu werden, in der Meinung, er gehöre in die Familie der Salviati. Bonaventuri wünschte in eine nähere Bekanntschaft mit ihr zu kommen; und mit Hülfe ihrer Kammermagd gelang es ihm, sie bei Nacht zu besuchen. Die Folgen dieser nächtlichen Besuche waren von solcher Beschaffenheit, das Bianca, um dem Zorn ihrer Aeltern zu entgehen, für das rathsamste hielt, mit ihrem Liebhaber nach Florenz zu entfliehen – 1563 im zwanzigsten Jahre ihres Alters – wobei sie verschiedene Edelsteine ihrem Vater entwendete. Sie ließ sich mit ihrem Verführer in einem Dorf bei Bologna trauen, und kam bei dem alten Vonaventuri in Florenz an, wo sie von einer Tochter entbunden wurde. Hier gingen ihr die Augen auf; sie erfuhr, daß ihr Liebhaber ein bloßer Handlungsdiener und der Sohn armer, geringer Ael-————
tern war. Sie dachte nun ihrem Schicksal nach, welches noch dadurch verschlimmert wurde, daß sie in Erfahrung gebracht, ihre Familie habe Meuchelmörder gegen sie gedungen. In dieser Lage bemerkte sie Franz II. Erbprinz von Florenz. Sein Kammerherr Mondragone beförderte mit Hülfe seiner Gemahlin die Bekanntschaft desselben mit ihr; und der Prinz nahm sie in Schutz, kaufte ihr 1564 in Florenz einen Pallast, und ging mit ihr um. Im Jahr 1566, da sich der Prinz politischer Rücksichten wegen mit Johanna von Oestreich, einer Schwester Kaiser Maximilians II. verbunden hatte, wurde sie bei Hofe eingeführt; und auch ihr Mann wurde zum Kammerherrn gemacht. Dieser wußte sich aber in sein Glück nicht zu finden; er betrug sich sehr stolz und beleidigend: dabei pflegte er Umgang mit einer vornehmen Florentinerin, deren Familie, hiermit unzufrieden, ihn durch Meuchelmörder aus dem Wege räumen ließ (1566); um welche Unternehmung der Prinz zum mindesten wissen mochte. Nun trat Bianca als erklärte Geliebte des Prinzen auf, machte sich aber durch ihr Betragen viele Feinde. Um der ihr hierdurch drohenden Gefahr auszuweichen, suchte sie sich in die Gunst des Bruders des Herzogs, des Cardinals Ferdinand, zu setzen. Beide Brüder waren mit einander gespannt; es gelang der Bianca, sie auszusöhnen und dem Cardinal wesentliche Dienste bei seinem Bruder zu erzei-
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gen. Die Gemahlin des Großherzogs wurde verachtet, und warf deßwegen einen tödlichen Haß auf die Bianca. Als 1574 der alte Großherzog gestorben, und der in Bianca verliebte nunmehrige Horzog keinen Nachfolger von seiner Gemahlin bekam, suchte ihn Bianca zu täuschen; sie gab sich für schwanger aus und gebar, dem Schein nach, den 29. Aug. 1576 einen (untergeschobenen) Sohn. Um diesen Betrug verborgen zu halten, wurden alle Personen, die darum wußten, meuchelmörderischer Weise bei Seite geschafft. Die Aerzte ahneten Betrug; man steckte solches dem Großherzog, allein er war ungläubig: da sie aber nach einigen Jahren doch befürchtete, ihr Betrug mochte herauskommen, so entdeckte sie denselben dem Großherzoge selbst. Dieser liebte sie deßwegen nicht weniger als zuvor, und fuhr auch fort darauf zu bestehen, daß der junge Antonius – so hieß das Kind – sein Sohn sei. Um diese Zeit wurde Bianca auch wieder mit ihrer Familie ausgesöhnt. Ihr Vater besuchte sie 1576 zu Florenz, und wurde von dem Großherzog mit Geschenken überhäuft. Inzwischen wurde die Großherzogin 1577 von einem Prinzen entbunden. Dieses machte einige Veränderung in der Lage der Bianca; sie entfernte sich von Florenz, und lebte auf ihrer Villa oder zu Bologna in der Stille. Der Großherzog konnte sie aber nicht vergessen, er brachte sie heimlich nach Florenz zurück; und da die Großherzogin
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wider alle Erwartung ihren Gemahl in Gesellschaft mit ihr antraf, so bekümmerte sie sich so sehr darüber, daß sie von diesem Tage an in eine Krankheit fiel und starb. Bianca machte sich nun gewisse Rechnung auf das Versprechen des Großherzogs, sie zu heirathen: der Großherzog war auch geneigt ihre Hoffnungen zu erfüllen; Minister, Beichtvater und alles suchte ihn aber davon abzuhalten, welchen es auch einiger Maßen gelang. Bianca siegte aber bald wieder über das Herz des Großherzogs, so daß er sich auch wirklich in der Stille mit ihr trauen ließ, und solches nach abgelaufener Trauerzeit bekannt werden ließ. Franz konnte indessen vorhersehen, daß dieser Schritt sehr zweideutig beurtheilt werden würde; diesem Urtheile auszuweichen, erbat er sich von von der Republik Venedig für seine Gemahlin den Titel einer Tochter der Republik, unter welchem die Tochter eines Patriziers als eine regierende Fürstin auftreten konnte, welchen ihr auch die Venetianer mit Vergnügen gaben. Den 13. Oct. 1579. wurde nun Bianca auch öffentlich als Großherzogin ausgerufen. Diese Erhebung fiel dem Cardinal Ferdinand empfindlich, weil er besorgte, Bianca könnte noch einen Sohn gebären, wodurch er von der Suecession ausgeschlossen sein würde. Inzwischen nahm es Bianca selbst auf sich, ihn mit dem Großherzog auszusöhnen, welches ihr auch vollkommen gelang. Das Florentinische Volk
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hingegen hegte einen unauslöschlichen Haß gegen sie, unter andern vornehmlich deßwegen, weil sie Spione hielt. Die Harmonie mit dem Cardinal Ferdinand dauerte jedoch nicht lange. Er besorgte wegen der List der Bianca den Untergang seines Hauses: sie fuhr zwar fort ihm zu schmeicheln, indeß konnte Ferdinand sein Mißtrauen gegen Bianca nicht unterdrücken; dieses wurde noch durch das neuerlich ausgestreute Gerüchte von der Schwangerschaft derselben vermehrt. Don Peter von Medici kam 1584 aus Spanien zurück, und erhielt von seinem Bruder den Auftrag, die Bianca wegen ihrer Schwangerschaft fleißig zu beobachten; er führte aber dieses Geschäft so unvorsichtig, daß der Großherzog seine Absicht gewahr wurde, und ihm sehr kaltsinnig begegnete. Bianca erklärte endlich selbst in einem Brief an den Cardinal, daß sie nicht glaube schwanger zu sein; Franz hingegen war von ihrer Schwangerschaft so überzeugt, daß er seinen Brüdern die Zweifel darüber nicht vergeben konnte. Allein die Hoffnung des Großherzogs wurde im folgenden Jahre vernichtet; denn die vermeinte Schwangerschaft der Bianca endigte sich mit einer Krankheit, die ihrem Leben Gefahr drohte. Bianca selbst schien bei dieser ganzen Sache keinen Betrug haben spielen zu wollen. Sie söhnte den Cardinal mit dem Großherzog wieder aus: Letzterer kam auch bald selbst nach Florenz (im Oct. 1587); man machte ihm
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alle nur exsinnliche Ergötzlichkeiten; aber nach wenigen frohen Tagen wurde Franz krank und bekam ein dreitägiges Fieber, woran er starb (den 20. Oct. in seinem 47. Jahre). Zwei Tage nach dem Anfange der Krankheit des Großherzogs fiel Bianca in eine ähnliche Krankheit, die bald alle Zeichen einer tödtlichen verrieth; sie starb neunzehn Stunden nach ihrem Gemahl in ihrem 45. Jahr. Der neue Großherzog Ferdinand hatte ausdrücklich befohlen, daß die Leiche geöffnet werden sollte; man fand alle Theile ihres Körpers in der größten Zerrüttung, sie starb wahrscheinlich au einer Wassersucht. Man begrub sie in der Stille in die große Gruft in der Lorenzkirche.
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Ansicht: Medici, Bianca Capello von