Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Maury
Der Abbeʼ Maury, ist aus Valreas einem kleinem Städtchen in dem ehemahligen Avignonschen Gebiet, von armen Aeltern geboren, und war in der constituirenden National-Versammlung seiner Beredsamkeit wegen sehr berühmt, wurde aber als Aristokrat vom Volke heftig verabscheut und mehrere Mahle mit dem Laternenpfahle bedroht. Die Triebfeder aller seiner Handlungen war Ehrgeitz und ein unblässiges Streben nach höhern Würden. Schon vor der Revolution gab er deutliche Beweise davon: er predigte vor dem Könige, und wagte es, in der Predigt auf einige Gebrechen in der öffentlichen Verwaltung aufmerksam zu machen; seine wahre Absicht dabei war, wie er seinen Freunden selbst gestand, keine andre, als die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zu ziehen und dadurch eine Pfründe zu erhalten. Ein gleiches hatte er zur Absicht, als er in der National-Versammlung die Vertheidigung der Rechte des Clerus übernahm; er wollte sich dem Papst gefällig machen, und erhielt auch von diesem zur Belohnung seiner Dienste den Cardinalshut. Froh, das höchste Ziel seiner Wünsche erreicht zu haben, eilte er nach Italien, und genießt noch jetzt daselbst der vollen Achtung der beiden alten Tanten Ludwigs XVI. die in ihm den letzten Lobredner des ehemahligen Französischen Throns verehren. Von dem König nahm er während der Zeit,————
daß er in der Versammlung saß, keine Gnadenbezeugung an, um nicht verdächtig zu werden. Man muß gestehen, daß er wirklich aus innerer Ueberzeugung die Aristokratie vertheidigte, und in so fern wenigstens für keinen Heuchler gelten konnte. Da der Papst im Jahre 1796 eine Armee gegen die Republikaner aufbrachte, ermahnte Maury das Volk zur Erfüllung seiner Pflicht, und gab selbst einen ansehnlichen Beitrag zum Kriege gegen seine geschwornen Feinde.
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*Der Abbé Jean-Siffrein Maury, (geb. den 26. Jun. 1746) flüchtete sich im J. 1798, da die französischen Truppen auf Rom zu kamen, nach Toscana; aber auch von hier mußte er sich auf einen ausdrücklichen Befehl des Großherzogs, der französischer Seits dazu veranlaßt wurde, fortmachen; und als er bald nachher mit Pius VI. von Siena weg war, erließ Berthier einen Befehl an die französische Armee, den Abbé Maury zu verhaften, wo sie ihn fände. In der Folge wußte er zu Anfang des J. 1805 ein Schreiben an den Kaiser Napoleon zu bringen, worin er den Wunsch zu erkennen gab, wieder in sein Vaterland zurückkehren zu dürfen, indem er zugleich die neue Regierung anerkannte; auch begab er sich im Juni desselben Jahres nach Genua, wo er dem Kaiser und seiner Gemalin vorgestellt wurde, und beide mit ihm sehr zufrieden waren. – Ein Zug von seiner Geistesgegenwart stehe noch hier, wodurch er sich einst von der Ermordung rettete. Als er noch in den stürmischen Revolutionstagen zu Paris einst von einem Haufen verfolgt wurde, der ihm das ominöse: An die Laterne! sehr laut in die Ohren raunte, sagte er zu den ersten, die sich ihm schon nahten, um ihn zu packen, ganz kalt: »Nun und wenn ihr mich nun dort nauf an die Laterne gebracht habt, werdet ihr dann heller sehen?« Ein allgemeines Gelächter und ein Beifallklatschen erhob sich, und –
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er entkam.
Der Abbeʼ Maury, ist aus Valreas einem kleinem Städtchen in dem ehemahligen Avignonschen Gebiet, von armen Aeltern geboren, und war in der constituirenden National-Versammlung seiner Beredsamkeit wegen sehr berühmt, wurde aber als Aristokrat vom Volke heftig verabscheut und mehrere Mahle mit dem Laternenpfahle bedroht. Die Triebfeder aller seiner Handlungen war Ehrgeitz und ein unblässiges Streben nach höhern Würden. Schon vor der Revolution gab er deutliche Beweise davon: er predigte vor dem Könige, und wagte es, in der Predigt auf einige Gebrechen in der öffentlichen Verwaltung aufmerksam zu machen; seine wahre Absicht dabei war, wie er seinen Freunden selbst gestand, keine andre, als die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zu ziehen und dadurch eine Pfründe zu erhalten. Ein gleiches hatte er zur Absicht, als er in der National-Versammlung die Vertheidigung der Rechte des Clerus übernahm; er wollte sich dem Papst gefällig machen, und erhielt auch von diesem zur Belohnung seiner Dienste den Cardinalshut. Froh, das höchste Ziel seiner Wünsche erreicht zu haben, eilte er nach Italien, und genießt noch jetzt daselbst der vollen Achtung der beiden alten Tanten Ludwigs XVI. die in ihm den letzten Lobredner des ehemahligen Französischen Throns verehren. Von dem König nahm er während der Zeit,————
daß er in der Versammlung saß, keine Gnadenbezeugung an, um nicht verdächtig zu werden. Man muß gestehen, daß er wirklich aus innerer Ueberzeugung die Aristokratie vertheidigte, und in so fern wenigstens für keinen Heuchler gelten konnte. Da der Papst im Jahre 1796 eine Armee gegen die Republikaner aufbrachte, ermahnte Maury das Volk zur Erfüllung seiner Pflicht, und gab selbst einen ansehnlichen Beitrag zum Kriege gegen seine geschwornen Feinde.
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*Der Abbé Jean-Siffrein Maury, (geb. den 26. Jun. 1746) flüchtete sich im J. 1798, da die französischen Truppen auf Rom zu kamen, nach Toscana; aber auch von hier mußte er sich auf einen ausdrücklichen Befehl des Großherzogs, der französischer Seits dazu veranlaßt wurde, fortmachen; und als er bald nachher mit Pius VI. von Siena weg war, erließ Berthier einen Befehl an die französische Armee, den Abbé Maury zu verhaften, wo sie ihn fände. In der Folge wußte er zu Anfang des J. 1805 ein Schreiben an den Kaiser Napoleon zu bringen, worin er den Wunsch zu erkennen gab, wieder in sein Vaterland zurückkehren zu dürfen, indem er zugleich die neue Regierung anerkannte; auch begab er sich im Juni desselben Jahres nach Genua, wo er dem Kaiser und seiner Gemalin vorgestellt wurde, und beide mit ihm sehr zufrieden waren. – Ein Zug von seiner Geistesgegenwart stehe noch hier, wodurch er sich einst von der Ermordung rettete. Als er noch in den stürmischen Revolutionstagen zu Paris einst von einem Haufen verfolgt wurde, der ihm das ominöse: An die Laterne! sehr laut in die Ohren raunte, sagte er zu den ersten, die sich ihm schon nahten, um ihn zu packen, ganz kalt: »Nun und wenn ihr mich nun dort nauf an die Laterne gebracht habt, werdet ihr dann heller sehen?« Ein allgemeines Gelächter und ein Beifallklatschen erhob sich, und –
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er entkam.