Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Mattheson, Johann
Johann Mattheson, königl. Großbritannischer Legationsrath und herzoglich Hollsteinischer Kapellmeister, auch Canonicus und Cantor am Dom zu Hamburg, geb. zu Hamburg 1681, einer der unermüdetsten musicalischen Schriftsteller, der sich zugleich durch andre gründliche Kenntnisse und eine rastlose Thätigkeit auszeichnete. Sein Vater war Acciseinnehmer zu Hamburg, und sparte nichts an seiner Bildung in jeder Art von Wissenschaft; und schon im neunten Jahre hatte es der junge Mattheson so weit gebracht, daß er sich in mehrern Kirchen auf der Orgel hören ließ, und in Concerts seine eigenen Compositionen singen und sich accompagniren konnte. Im siebzehnten Jahre verfertigte er seine erste Oper, Pleyades, in der er selbst die Hauptrolle sang. Als Händel 1703 nach Hamburg kam, erwarb er sich bald dessen Freundschaft, wo ihm denn Händel den Vorzug auf dem Claviere, Mattheson aber Händeln den Vorzug auf der Orgel einräumte. Im. J. 1705 legte er seine 1697 erhaltene Stelle als erster Sänger beim Theater nieder, sang noch einmahl in Braunschweig, wohin er berufen wurde, als Theatersänger unter vielem Beifall, und ward 1706 Secretair beim Englischen Gesandten zu Hamburg, bei dessen Sohne er auch zugleich die Hofmeisterstelle vertreten hatte. Man muß erstaunen, wenn man sich diesen außerordentlichen Mann denkt,————
wie er als Sänger am Dom und am Theater einige zwanzig Scholaren unterrichtet, mehrere Organistenstellen versieht, die Rechtsgelehrsamkeit und mehrere Sprachen mit eben dem glücklichen Erfolge wie seine Kunst studirt, und nun als Gesandtschafts-Secretair und als Musik-Director am Dom seine Posten verwaltet. Nur seine außerordentliche Leichtigkeit im Arbeiten, so wie die ihm schon im 24. Jahre zugestoßene Verstopfung des Gehörs (die nach und nach in eine völlige Taubheit überging, und welche ihn allen Gesellschaften entzog, ja ihn nöthigte 1728 seinen Abschied als Musik-Director am Dom zu nehmen) machen es begreiflich, wie der Mann alles dieses zu eisten im Stande gewesen sei. Sein Entschluß, so viel Werke drucken zu lassen als er Lebensjahre zählen würde, wurde so von ihm ausgeführt, daß bei seinem Tode (17. April 1764) Statt drei und achtzig – die Zahl seiner Lebensjahre – acht und achtzig Schriften die Presse verlassen hatten. Zu fast eben so viel Werken wurden noch ungeheure Materialien im Manuscripte gefunden; wobei er noch, außer unzählichen kleinern practischen Werken, mehrere Opern, vier und zwanzig Oratorien und sehr viele Gelegenheits-Cantaten etc. geschrieben hatte. Unbezweifelt ist es wohl, daß ein großer Theil seiner Werke vieles Licht über mehrere Zweige der Musik, besonders über die musicalische Geschichte, verbreitet hat; so eigen auch sein
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Styl (vielleicht eine Folge seines Zeitalters) und so rauh und derb der Ton ist, aus welchem er als ein rüstiger Streiter für die gute Sache der Musik öfters spricht, und der ihm so manche heftige Gegner zuzog. – Vor seinem Tode hatte er noch 44,000 Mark zu der in der St. Michaeliskirche zu Hamburg zu errichtenden Orgel gegeben, welche ganz nach seinem Plane von dem berühmten Hildebrand gebaut und 1768 vollendet wurde.
Johann Mattheson, königl. Großbritannischer Legationsrath und herzoglich Hollsteinischer Kapellmeister, auch Canonicus und Cantor am Dom zu Hamburg, geb. zu Hamburg 1681, einer der unermüdetsten musicalischen Schriftsteller, der sich zugleich durch andre gründliche Kenntnisse und eine rastlose Thätigkeit auszeichnete. Sein Vater war Acciseinnehmer zu Hamburg, und sparte nichts an seiner Bildung in jeder Art von Wissenschaft; und schon im neunten Jahre hatte es der junge Mattheson so weit gebracht, daß er sich in mehrern Kirchen auf der Orgel hören ließ, und in Concerts seine eigenen Compositionen singen und sich accompagniren konnte. Im siebzehnten Jahre verfertigte er seine erste Oper, Pleyades, in der er selbst die Hauptrolle sang. Als Händel 1703 nach Hamburg kam, erwarb er sich bald dessen Freundschaft, wo ihm denn Händel den Vorzug auf dem Claviere, Mattheson aber Händeln den Vorzug auf der Orgel einräumte. Im. J. 1705 legte er seine 1697 erhaltene Stelle als erster Sänger beim Theater nieder, sang noch einmahl in Braunschweig, wohin er berufen wurde, als Theatersänger unter vielem Beifall, und ward 1706 Secretair beim Englischen Gesandten zu Hamburg, bei dessen Sohne er auch zugleich die Hofmeisterstelle vertreten hatte. Man muß erstaunen, wenn man sich diesen außerordentlichen Mann denkt,————
wie er als Sänger am Dom und am Theater einige zwanzig Scholaren unterrichtet, mehrere Organistenstellen versieht, die Rechtsgelehrsamkeit und mehrere Sprachen mit eben dem glücklichen Erfolge wie seine Kunst studirt, und nun als Gesandtschafts-Secretair und als Musik-Director am Dom seine Posten verwaltet. Nur seine außerordentliche Leichtigkeit im Arbeiten, so wie die ihm schon im 24. Jahre zugestoßene Verstopfung des Gehörs (die nach und nach in eine völlige Taubheit überging, und welche ihn allen Gesellschaften entzog, ja ihn nöthigte 1728 seinen Abschied als Musik-Director am Dom zu nehmen) machen es begreiflich, wie der Mann alles dieses zu eisten im Stande gewesen sei. Sein Entschluß, so viel Werke drucken zu lassen als er Lebensjahre zählen würde, wurde so von ihm ausgeführt, daß bei seinem Tode (17. April 1764) Statt drei und achtzig – die Zahl seiner Lebensjahre – acht und achtzig Schriften die Presse verlassen hatten. Zu fast eben so viel Werken wurden noch ungeheure Materialien im Manuscripte gefunden; wobei er noch, außer unzählichen kleinern practischen Werken, mehrere Opern, vier und zwanzig Oratorien und sehr viele Gelegenheits-Cantaten etc. geschrieben hatte. Unbezweifelt ist es wohl, daß ein großer Theil seiner Werke vieles Licht über mehrere Zweige der Musik, besonders über die musicalische Geschichte, verbreitet hat; so eigen auch sein
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Styl (vielleicht eine Folge seines Zeitalters) und so rauh und derb der Ton ist, aus welchem er als ein rüstiger Streiter für die gute Sache der Musik öfters spricht, und der ihm so manche heftige Gegner zuzog. – Vor seinem Tode hatte er noch 44,000 Mark zu der in der St. Michaeliskirche zu Hamburg zu errichtenden Orgel gegeben, welche ganz nach seinem Plane von dem berühmten Hildebrand gebaut und 1768 vollendet wurde.