Conversations-Lexikon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch
Marlborough
Der Herzog von Marlborough, einer der größten Feldherren, hieß eigentlich John Churchill, und war zu Ash in Devonshire 1650 geboren. Er that sich bald in mehrern Kriegen unter Carl II. Jacob II. Wilhelm III. (zu dessen Partei er von Jacob übergegangen war) und Annen hervor, stieg nach und nach bis zum Ober- Befehlshaber über alle Englische Landtruppeu, und wurde von der Königin Anna, bei der er vorzüglich in Gunst stand und die er zu allem leiten konnte, zum Herzog von Marlborough erhoben. Den größten Ruhm erwarb er sich in dem Spanischen Erbfolge- Kriege, in welchem sein Staat mit Oestreich alliirt war; und er stritt hier von 1702 bis 1711, bald allein, bald mit den kaiserlichen Truppen vereint, mit der größten Klugheit und Tapferkeit: auch waren seine meisten Feldzüge sehr glücklich; und die drei großen Schlachten bei Höchstädt (1704), Ramillies (1706) und Malplaquet (1709), wo er entweder allein oder zugleich mit dem großen Eugen (s. Eugen) commandirte, machen seinen Namen unvergeßlich. Der Französische General von Villars, ebenfalls ein großer Feldherr, that ihm viel Abbruch, wurde aber doch am Ende gänzlich überwunden. Aber mitten im Laufe der glänzendsten Siege untergrub die Cabale seinen Ruhm, und mehrere Ursachen bewirkten seinen Fall. Es verlor nicht nur seine Gemahlin Sara, die Favori-————
tin der Königin, durch ihren unerträglichen Stolz alle Liebe der Monarchin, und machte zugleich ihren Gemahl verhaßt; sondern es siegte auch die Partei der Tories (oder die Partei des Volks), die den Frieden eifrig wünschte, über die Gegenpartei der Whigs, die auf Fortsetzung des Krieges drang, und zu welcher Marlborough vorzüglich gehörte, welchem die billigsten Bedingungen, die Ludwig XIV. anbot, nicht genugthuend schienen. Anna willigte daher in einem Separatfrieden, der 1713 zu Utrecht geschlossen wurde, durch den England zwar gewann, aber treulos an seinem Aliirten dem Kaiser, handelte. Der große Mann wurde aller seiner Stellen entsetzt, der Untreue, Unterschlagung der Gelder und anderer Verbrechen beschuldigt, erwählte, da er sah, daß die gegen ihn gespielte Cabale unüberwindlich war ein freiwilliges Exil, und mußte in seiner Abwesenheit die entsetzlichsten Verleumdungen erdulden. Doch im J. 1714, gleich nach Annens Tode, kehrte er nach England zurück, bekam von Georg I. alle seine Aemter wieder, konnte sie aber wegen Altersschwäche nicht lange verwalten, und starb endlich 1722 den 16. Juni zu Windsorlodge im 73. Jahre seines thatenvollen Lebens.
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Sara, Herzogin von Marlborough, s. den vorigen Artikel, zu welchem ich hier folgende Anekdoten hinzu setze: Vorfälle, welche ihren Sturz sehr beschleunigt haben, die jedoch auch anders erzählt werden. Die Königin hatte ein Paar Handschuh (nach Andern einen Muff) kaufen wollen, die ihr sehr wohl gefielen; sie waren ihr aber zu theuer – und kurz darauf sah sie dieselben bei der Marlborough. Die Herzogin konnte es vorzüglich nicht ertragen, daß die Königin auch Geschmack an einer gewissen Lady Masham fand; sie machte daher diese nicht nur auf die unverschämteste Art der Königin verdächtig, sondern goß ihr auch einst einen Spülnapf über das Kleid.
Der Herzog von Marlborough, einer der größten Feldherren, hieß eigentlich John Churchill, und war zu Ash in Devonshire 1650 geboren. Er that sich bald in mehrern Kriegen unter Carl II. Jacob II. Wilhelm III. (zu dessen Partei er von Jacob übergegangen war) und Annen hervor, stieg nach und nach bis zum Ober- Befehlshaber über alle Englische Landtruppeu, und wurde von der Königin Anna, bei der er vorzüglich in Gunst stand und die er zu allem leiten konnte, zum Herzog von Marlborough erhoben. Den größten Ruhm erwarb er sich in dem Spanischen Erbfolge- Kriege, in welchem sein Staat mit Oestreich alliirt war; und er stritt hier von 1702 bis 1711, bald allein, bald mit den kaiserlichen Truppen vereint, mit der größten Klugheit und Tapferkeit: auch waren seine meisten Feldzüge sehr glücklich; und die drei großen Schlachten bei Höchstädt (1704), Ramillies (1706) und Malplaquet (1709), wo er entweder allein oder zugleich mit dem großen Eugen (s. Eugen) commandirte, machen seinen Namen unvergeßlich. Der Französische General von Villars, ebenfalls ein großer Feldherr, that ihm viel Abbruch, wurde aber doch am Ende gänzlich überwunden. Aber mitten im Laufe der glänzendsten Siege untergrub die Cabale seinen Ruhm, und mehrere Ursachen bewirkten seinen Fall. Es verlor nicht nur seine Gemahlin Sara, die Favori-————
tin der Königin, durch ihren unerträglichen Stolz alle Liebe der Monarchin, und machte zugleich ihren Gemahl verhaßt; sondern es siegte auch die Partei der Tories (oder die Partei des Volks), die den Frieden eifrig wünschte, über die Gegenpartei der Whigs, die auf Fortsetzung des Krieges drang, und zu welcher Marlborough vorzüglich gehörte, welchem die billigsten Bedingungen, die Ludwig XIV. anbot, nicht genugthuend schienen. Anna willigte daher in einem Separatfrieden, der 1713 zu Utrecht geschlossen wurde, durch den England zwar gewann, aber treulos an seinem Aliirten dem Kaiser, handelte. Der große Mann wurde aller seiner Stellen entsetzt, der Untreue, Unterschlagung der Gelder und anderer Verbrechen beschuldigt, erwählte, da er sah, daß die gegen ihn gespielte Cabale unüberwindlich war ein freiwilliges Exil, und mußte in seiner Abwesenheit die entsetzlichsten Verleumdungen erdulden. Doch im J. 1714, gleich nach Annens Tode, kehrte er nach England zurück, bekam von Georg I. alle seine Aemter wieder, konnte sie aber wegen Altersschwäche nicht lange verwalten, und starb endlich 1722 den 16. Juni zu Windsorlodge im 73. Jahre seines thatenvollen Lebens.
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Sara, Herzogin von Marlborough, s. den vorigen Artikel, zu welchem ich hier folgende Anekdoten hinzu setze: Vorfälle, welche ihren Sturz sehr beschleunigt haben, die jedoch auch anders erzählt werden. Die Königin hatte ein Paar Handschuh (nach Andern einen Muff) kaufen wollen, die ihr sehr wohl gefielen; sie waren ihr aber zu theuer – und kurz darauf sah sie dieselben bei der Marlborough. Die Herzogin konnte es vorzüglich nicht ertragen, daß die Königin auch Geschmack an einer gewissen Lady Masham fand; sie machte daher diese nicht nur auf die unverschämteste Art der Königin verdächtig, sondern goß ihr auch einst einen Spülnapf über das Kleid.